SEIN VATER und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden (Lk 2,33). Das heutige Evangelium versetzt uns noch einmal in den Tempel, wo der greise Simeon das Kind als Heil, Licht und Herrlichkeit pries. Und dieser Gott – das wollen wir heute bestaunen – wollte in eine Familie hineingeboren werden. Warum das? In der Familie lernen wir, uns lieben zu lassen, uns helfen zu lassen, uns vergeben zu lassen. Lange bevor wir das Bewusstsein erlangt haben, erfahren wir hier Zuneigung und Fürsorge. Nie werden wir fähig sein, all das Gute zu vergelten, das wir empfangen haben, und so geht es weiter von Generation zu Generation. All das Erhaltene ist keine Last, die uns erdrückt, sondern eine Realität, die uns mit Dankbarkeit erfüllt und anspornt, uns erkenntlich zu zeigen. Dank sei dir, Gott, für die Familie, die du jedem von uns gegeben hast!
Mit ganzem Herzen ehre deinen Vater und vergiss nicht der Mutter Wehen! Erinnere dich, dass du durch sie geworden bist! (Sir 7,27-28), heißt es in der Heiligen Schrift. Wir sind jenen gegenüber, die uns umsorgten, als wir selbst noch nicht in der Lage dazu waren, zur Dankbarkeit verpflichtet. Es ist daher nur recht und billig, dass unsere Eltern an unserem Glück teilhaben. In vielen Fällen waren sie es, die den Samen des Glaubens und der Frömmigkeit in unser Leben gepflanzt haben.
Der heilige Josefmaria lenkt unseren Blick auf die unersetzliche Sendung jeder Familie: „Ich stelle mir ein christliches Zuhause gerne so hell und freundlich vor wie das der heiligen Familie. Die Weihnachtsbotschaft erreicht uns mit voller Kraft: Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden den Menschen guten Willens (Lk 2,14). In euren Herzen walte der Friede Christi (Kol 3,15), schreibt der heilige Paulus. Es ist der Friede, der dem Wissen entspringt, dass Gott, unser Vater, uns liebt, dass wir Christus einverleibt, durch unsere liebe Frau beschützt und durch den heiligen Josef beschirmt sind. Dieses mächtige Licht erhellt unser Leben und ermutigt uns, trotz Schwierigkeiten und persönlichen Unzulänglichkeiten entschlossen voranzuschreiten.“1
DAS WICHTIGSTE in unserem Leben ist, uns geliebt zu wissen und selbst lieben zu lernen. Dies geschieht in erster Linie innerhalb unserer eigenen Familie. Gleichzeitig müssen wir die Realität akzeptieren, dass nicht alles ideal ist. Wir alle sind weit davon entfernt, vollkommen zu sein. Deshalb richten wir unsere Bitte an Jesus, Maria und Josef, damit die Familien, die zur Zeit größere Schwierigkeiten zu bewältigen haben, diese in Geduld durchstehen oder überwinden können.
Man könnte sagen, dass dieser erste soziale Kreis die Wiege jeder Gabe ist. Hier erfahren wir die Bestätigung, so sein zu dürfen, wie wir sind. Wir wissen uns gesegnet und entdecken, dass unser Leben auch eine Gabe für die anderen ist. Tief in unseren Herzen ist eingeschrieben, dass wir alle Kinder sind. Einige von uns sind auch Väter oder Mütter, möglicherweise haben wir Schwestern oder Brüder ... Aber alle sind wir Tochter oder Sohn. Das Leben ist uns geschenkt worden, und es gibt jemanden, der auf uns wartet. Auch in den schwierigsten Situationen ist die Kindschaft von solcher Kraft, dass sie gewöhnlich ein privilegierter Weg bleibt, um zu Gott Vater zu finden.
Anlässlich des heutigen Festes skizzierte der heilige Johannes Paul II. die Berufung der Familie nach dem Vorbild der heiligen Familie einmal folgendermaßen: „In der westlichen Welt wird Weihnachten als das Fest der Familie betrachtet. Das Beisammensein und der Austausch der Geschenke unterstreichen den starken Wunsch nach gegenseitiger Gemeinschaft und bringen die höchsten Werte der Institution Familie ans Licht. Die Familie entdeckt sich als Liebesgemeinschaft von Menschen, gegründet auf Wahrheit und Liebe, auf unauflöslicher Treue der Ehegatten und die Annahme des Lebens. Im Licht von Weihnachten verspürt die Familie ihre Berufung, eine Gemeinschaft der Pläne, der Solidarität, der Vergebung, des Glaubens zu sein, worin kein Individuum seine Identität verliert, sondern durch den Beitrag seiner besonderen Gaben zum Wachstum aller beiträgt. So ist es in der Heiligen Familie geschehen, die der Glaube als Anfang und Vorbild der von Christus erleuchteten Familien vorstellt.“2
IN BETHLEHEM ist Gott einer von uns geworden. Er möchte unsere Geschichte, unseren Weg und unsere Freiheit leben. Papst Franziskus betont, dass die Familie ein christologisches Zeichen ist, „weil sie die Nähe Gottes offenbart, der das Leben des Menschen teilt, indem er sich in der Menschwerdung, im Kreuz und in der Auferstehung mit ihm vereint.“3 Die Familie besitzt eine Kraft, die uns voller Hoffnung sein lässt. Die transformative und heilende Kraft der Liebe in der Familie kann alle Schwierigkeiten überwinden, mögen sie auch noch so übermächtig erscheinen. Unsere Familien sind der von Gott erwählte Ort, um uns all seine Gaben zu schenken: angefangen vom Leben bis hin zum Glauben, der Berufung, einem Namen, der Erziehung, dem Temperament, der Sprache, einem Ort, dem wir angehören. Diese immense Aufgabe der Familie veranlasste den heiligen Johannes Paul II. dazu, eine Anrufung an die Königin der Familie in die Litanei des Rosenkranzes aufzunehmen. Seitdem haben Millionen Stimmen und Herzen die Gottesmutter gebeten, die Familien der ganzen Welt zu schützen, damit sie alle diese Wiege seien, in der sich die Menschheit ständig erneuert.
Unsere Eltern und Geschwister sind unser Fleisch und Blut, bei ihnen soll unsere apostolische Sorge beginnen. So kam das Apostolat der ersten Jünger Christi in Gang. Andreas traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus. Er führte ihn zu Jesus (Joh 1,41-42). Und Johannes, der sich mit Andreas dem Herrn genähert hatte, berichtete seinem Bruder Jakobus über seine Entdeckung und bereitete ihn darauf vor, dass Jesus Christus ihn bei den Netzen antreffen und in seinen Dienst rufen würde. Es versteht sich von selbst, dass der heilige Josefmaria das Gebot des Mose, die eigene Familie zu ehren, als „das liebenswerteste aller Gebote“4 bezeichnete.
Wir wollen mit Maria und Josef staunen. In Bethlehem ist Gott in jede Familie hinabgestiegen, besonders in diejenigen, die am meisten verwundet sind, um uns zu heilen, bei uns zu verweilen und uns die entscheidende Rolle zu offenbaren, die die Familie für jedes Kind und für Jesus spielt.
1 Vgl. hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 22.
2 Hl. Johannes Paul II., Audienz, 29.12.1999.
3 Franziskus, Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, Nr. 161.
4 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 21.