Über den Priesterzölibat

Antworten auf Kritiken am Priesterzölibat

1. Heutige Fragen und Einwände

Der immer steigende Priestermangel im größten Teil des Westens, Priester, die ihr Amt niederlegen und heiraten und der Kindsmissbrauch durch einige Priester haben die Debatte um den obligatorischen Priesterzölibat neu entfacht. Diejenigen, die für die Abschaffung des Pflichtzölibates sind, weisen stets darauf hin, dass diese Bestimmung keinen dogmatischen, sondern nur disziplinarischen Rang besitzt und daher von der Lehre her problemlos aufgegeben werden könnte. Das leuchtet vielen Gläubigen ein, denn sie begreifen nur schwer die Gründe, weshalb die Kirche so unbeirrt an der bisherigen Praxis festhält.

Die Einwände gegen den Priesterzölibat kommen häufig von solchen, die den Priester als eine Art Sozialhelfer begreifen. Aus einer solchen Sicht ist es in der Tat fast unmöglich, den Wert des Zölibates wirklich zu schätzen.

2. Entstehung und geschichtliche Entwicklung

Was die geschichtliche Entwicklung betrifft, so hat sich die irrtümliche Meinung verbreitet, der Priesterzölibat sei erst im Mittelalter eingeführt worden. In Wirklichkeit handelt es sich um eine der ältesten Überlieferungen innerhalb der Kirche. Fachleute wie Stickler, Heid und Cochini konnten das klar feststellen. Christus war unverheiratet und zeugte auch außerhalb der Ehe keine Nachkommen. Seinem Vorbild folgten bereits die Apostel; jene, die verheiratet waren, verließen Frau und Kinder um der Nachfolge Christi willen (vgl. Mk 10,28-30). Dabei ließen sie ihre Frauen nicht etwa einfach im Stich, sondern gaben sie in den Schutz des erweiterten Familienkreises. Die vollkommene Nachfolge Christi jedenfalls war für sie notwendig gekoppelt mit der Loslösung von ihren Familienbanden.

Im frühen Christentum besass die sexuelle Enthaltsamkeit eine viel bedeutendere Stellung, als heute normalerweise angenommen wird. Wissenschaftliche Forschungen sind diesbezüglich zu wichtigen Erkenntnissen gelangt. Der dauerhafte Verzicht auf sexuelle Aktivität bei Priesterberufungen prägte die auf Christus folgenden Jahrhunderte.

Zum Zölibat ließen sich viele Zeugnisse der Kirchenväter und -schriftsteller zitieren, von Klemens von Alexandrien und Tertullian von Karthago bis hin zu Johannes Chrysostomus und Hieronymus. Hinzu kommen die unzähligen synodalen Abhandlungen über den Enthaltsamkeitszölibat. Ab dem Jahr 200 gibt es immer zahlreichere Hinweise auf eine Enthaltsamkeitspraxis der Kleriker. Zwar ergeben die Quellen kein vollständiges Bild, doch muss man als historisch gesichert ansehen, dass die Enthaltsamkeit von verheirateten Diakonen, Priestern und Bischöfen immer eindeutiger als obligatorisch galt, in Anlehnung an das ursprüngliche Beispiel Jesu und seiner Apostel. Für die Päpste Siricius und Innozenz (4. und 5. Jh.) war die Enthaltsamkeit der Kleriker schlicht unverzichtbar.

Bereits im dritten Jahrhundert geht die allgemeine Tendenz in Richtung eines ledigen Klerus. Auf jeden Fall kann die Tatsache, dass einige Kleriker verheiratet waren, nicht als Argument gegen die Enthaltsamkeit oder den Zölibat angeführt werden. Die Gläubigen erwarteten vielmehr auch von ihren verheirateten Klerikern die Enthaltsamkeit und zogen einen ledigen Klerus vor.

Oft wird irrtümlich das (im 4. Jh. aufkommende) Mönchtum der frühen Kirche als Grund für die Entstehung der Kleriker-Enthaltsamkeit herangezogen. Diese sei durch die asketische Bewegung und ihre Abwertung des Leibes gefördert worden. Deshalb müsse man zwischen dem Zölibat der Mönche und dem Zölibat verheirateter Priester unterscheiden. In Wirklichkeit war es umgekehrt: Am Anfang stand die Enthaltsamkeit Jesu, dann jene der Apostel und der Kleriker (Diakone, Priester und Bischöfe). Die monastische Bewegung begann erst im 4. Jh. in Ägypten, breitete sich dann allerdings sehr schnell aus.

Das Aufkommen des Mönchtums im vierten Jahrhundert hat wohl lediglich zur theologischen Vertiefung der Kleriker-Enthaltsamkeit beigetragen. Gesucht war jedoch nicht eine asketische Begründung (nur für Mönche), sondern eine sakramentale. Tatsächlich begriff man, dass die Enthaltsamkeit der Priester nicht in der Option für einen strengen Lebensstil, sondern im Diakonen-, Priester- oder Bischofsamt selbst gründete. Kleriker sollen enthaltsam leben, weil sie sich vollumfänglich den Sakramenten widmen.

Bis zum Beginn des Hochmittelalters wurde den Klerikern erlaubt, verheiratet zu bleiben, falls sie es zum Zeitpunkt der Priesterweihe bereits waren. Doch war ihnen auferlegt, von nun an enthaltsam zu leben, ebenso wie ihre ledigen oder verwitweten Mitbrüder, die keine Ehe mehr eingehen durften. Der Zölibat umfasste also nicht nur das Heiratsverbot für ledige, sondern auch das Enthaltsamkeitsgebot für verheiratete Kleriker. Sämtliche Diakone, Priester und Bischöfe – ob verheiratet, verwitwet oder ledig – hatten sich spätestens ab dem Tag ihrer Weihe jeglicher sexueller Betätigung und Zeugung von Kindern zu enthalten. Das heisst, es existierten in der alten Kirche verheiratete Priester, die eine sogenannte „Josephsehe“ führten. Nirgendwo in der Geschichte der alten Kirche sind dagegen Zeugnisse auffindbar, wonach Priester legitim Kinder gezeugt hätten.

Es mag heute erstaunen, dass die Kirche einem rechtmässig verheirateten Ehepaar absolute Enthaltsamkeit vorschrieb. Besser versteht man diese Anordnung auf dem Hintergrund der damaligen sozialen Gepflogenheiten. Das Priesteramt war ein hoch angesehener sozialer Status; es musste deshalb mit Entbehrungen verbunden sein. Und ohnehin war es Bedingung, dass die Ehefrau eines künftigen Priesters mit seiner Weihe ausdrücklich einverstanden war. Zudem wurden die Kleriker erst in einem fortgeschrittenem Alter geweiht, wenn die Nachkommen bereits erwachsen und vielleicht auch schon von zu Hause weggezogen waren. Es war somit möglich, das Familienleben den kirchlichen Anforderungen anzupassen und es ihnen unterzuordnen.

Allerdings war die Enthaltsamkeit der verheirateten Kleriker wegen der Sakramentalität des Ehebundes problematisch. Dies brachte die Entwicklung im Lauf des Mittelalters dahin, auf verheiratete Kleriker zu verzichten, statt Verheiratete zu weihen und von ihnen Enthaltsamkeit zu verlangen. In der Zeit nach dem Konzil von Trient (1545-1563) wurden in der Tat bald nur noch ledige Priester geweiht.

3. Zur unterschiedlichen Disziplin in den Ostkirchen

In den ersten Jahrhunderten anerkannten die Ostkirchen die Enthaltsamkeit der Kleriker genauso wie im Westen, sowohl für verheiratete als auch für ledige und verwitwete Kleriker. Ja, im Osten finden wir in den ersten Jahrhunderten sogar noch stärkere Zeugnisse für die Enthaltsamkeit der Kleriker als im Westen. Der Zölibat war wirklich universal und ökumenisch. Wir vergessen das heute leicht, wenn wir von den orientalischen Kirchen sprechen.

Erst im 5. Jh. zerbrach diese Einheit. Der Erosionsprozess begann im Osten mit der Abtrennung des grössten Teils der nichtgriechischen Kirchen von der Reichskirche; danach griff er auch auf die byzantinische Kirche selbst über. Heute lehnen fast alle Ostkirchen sowohl eine anspruchsvolle Enthaltsamkeitspraxis als auch den im Abendland befolgten Eheverzicht ab. So gibt es in den Ostkirchen nun verheiratete Diakone und Priester, die auch nach ihrer Weihe Kinder bekommen.

Wohl existieren im Osten auch heute noch zölibatsbezogene Elemente, doch es fehlt ihnen die volle innere Kohärenz. Sie sind letztlich nur als Überbleibsel der urkirchlichen Praxis erklärbar. Zu ihnen gehören das Verbot einer zweiten Ehe, das Verbot einer Ehe nach der Weihe und vor allem, dass nur zölibatäre Priester Bischof werden können.

Die jüngste historische Forschung hat aufzeigen können, weshalb es nach einer gemeinsamen ökumenischen Tradition zur Lockerung der Enthaltsamkeitsdisziplin kam. Nach langer Aufrechterhaltung des Ideals der Abstinenz stellte sich die byzantinische Kirche beim II. Trullanum (Synode im Trullosaal des Kaiserpalastes von Konstantinopel) in offenen Gegensatz zur lateinischen Kirche, von der sie sich zu trennen gedachte. Zu diesem Zweck berief sich diese Synode – ob wissentlich oder nicht – auf manipulierte oder schlecht übersetzte Schriften der nordafrikanischen Synoden von 390 und 401. Diese hatten sich klar zugunsten der vollständigen Enthaltsamkeit der Kleriker ausgesprochen; das II. Trullanum aber verdrehte sie ins Gegenteil.

Ein anderes, vom Osten noch heute angeführtes Argument gegen den Zölibat ist die berühmte Legende um Bischof Paphnutios. Demnach hätte das Konzil von Nizäa (325) die Enthaltsamkeit der Kleriker einstimmig abgelehnt, weil man von verheirateten Paaren unmöglich Enthaltsamkeit verlangen könne. Doch bereits vor einem halben Jahrhundert haben Nachforschungen ans Licht gebracht, dass dieses Dokument gefälscht ist. Die Legende fand vor allem deshalb so viel Gehör, weil sie in ein angesehenes byzantinisches Geschichtsbuch aufgenommen wurde. Ihr Einfluss ist im Osten noch heute spürbar.

Wir können also die Position der orthodoxen Kirchen nicht teilen, weil sie historisch nicht haltbar ist. Tatsache ist, dass die wichtigsten griechischen Kirchenväter der ersten Jahrhunderte die Enthaltsamkeit der Kleriker förderten, so z. B. Epiphanius von Salamis, um nur den bekanntesten und anerkanntesten anzuführen. Er spricht unmissverständlich von der Unverzichtbarkeit der Klerikerenthaltsamkeit, von genau demselben Brauch also, wie man ihn auch im Westen kannte. Vielleicht kann der ökumenische Dialog auf dem Boden dieser gesicherten Erkenntnisse zu einem neuen Einvernehmen kommen.

4. Theologische Überlegungen

Es geht aus den bisherigen Ausführungen hervor, dass der Priesterzölibat durchaus mehr ist als eine bloss disziplinarische Anordnung. Unter den verschiedenen Argumenten, mit denen im Laufe der Jahrhunderte die Angemessenheit des Priesterzölibates dargelegt wurde, ragt eine immer mehr hervor: Der Priester muss Christus, dem guten Hirten und Bräutigam der Kirche, gleichförmig werden. Dies wurde in den letzten Jahrzehnten sowohl in den Dokumenten des Lehramtes als auch in der theologischen Reflexion unterstrichen.

Der Priester ist wesentlich dazu berufen, dem Leben Christi nachzuahmen. Es geht nicht bloss um die schlichte Tatsache, dass Jesus unverheiratet blieb, sondern um den Grund für diese Entscheidung: Jesus betrachtet sich als „Bräutigam“ der gesamten Glaubensgemeinschaft, die seine „Braut“ wird. Er lag damit auf einer bereits im Alten Testament vorgezeichneten Linie: Die Propheten beschrieben den Bund zwischen Gott und seinem Volk als eine „Ehe“, in welcher der „Bräutigam“ sich Israel, seiner „Braut“, hingibt (vgl. Mk 2,19s.). Aus diesem Grund beschreibt auch der Brief an die Epheser (5,21-33) den Bund zwischen Christus und seiner Kirche als eine Ehe, worin der „Bräutigam“ Christus sich seiner „Braut“ ganz hingibt, um Ihr vollkommene Schönheit zu verleihen. Die „Ehe“ Christi mit seiner Kirche hat bereits begonnen, sie wird aber ihre Vollendung erst in der neuen Welt finden, wenn der Herr am Ende der Zeiten zurückkommt (vgl. z.B. Mt 25,1-13; Offb 19,7-8). Dann wird jeglicher Wunsch von Glückseligkeit in Erfüllung gehen. Daher erscheint die paradiesartige Freude innerhalb der Heiligen Schrift unter dem Bild eines Hochzeitsmahls. Jesus Christus offenbart mit seinem Zölibat die vollkommene Liebe und eine vollkommene Hingabe an die gesamte Menschheit, die berufen ist, in einem unauflöslichen Bund zur Kirche zu gehören.

5. Lehramtliche Aussagen

Mit immer grösserer Klarheit hat das Lehramt der Kirche den theologischen Grund des Priesterzölibats in der Gleichgestaltung des Priesters mit Jesus Christus als Haupt und Bräutigam der Kirche erkannt. So hält das Nachsynodale Apostolische Schreiben „ Pastores dabo vobis “ (1992) fest: „Die Kirche als Braut Jesu Christi will vom Priester mit der Vollständigkeit und Ausschliesslichkeit geliebt werden, mit der Jesus Christus, das Haupt und der Bräutigam, sie geliebt hat. Das priesterliche Zölibat ist also Selbsthingabe in und mit Christus an seine Kirche und Ausdruck des priesterlichen Dienstes an der Kirche in und mit dem Herrn“ (Nr. 29).

In dieser biblischen und theologischen Sicht verbindet sich das Priesteramt mit dem Priestertum Christi. Er, der sich klar und ausschliesslich seinem Heilswerk hingegeben hat, wird zum Vorbild und Beweggrund für die zölibatäre Lebensform genommen. Für Paul VI. ist diese Sicht so tief und fruchtbar an theoretischen und praktischen Wahrheiten, dass er alle – nicht nur die Priester – auffordert, „weiterhin diese Sicht sorgfältig zu überdenken und ihre verborgenen und fruchtbaren Wirklichkeiten tiefer zu ergründen“. Eine solche Logik betrachtet den Zölibat nicht als isolierten Bestandteil oder negative Haltung („schweren Verzicht“), sondern gibt ihm einen höchst positiven, bejahenden Sinn. Sie begreift ihn als Frucht einer freien, immer wieder zu erneuernden Liebeswahl, als Antwort auf die Einladung Gottes, Christus in seiner Hingabe als „Bräutigam der Kirche“ nachzufolgen und so an der Vaterschaft und Fruchtbarkeit Gottes teilzuhaben.

Am 20. IV. 2005 sagte Benedikt XVI. in der ersten Botschaft seines Pontifikates am Ende der Konzelebration mit den Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle: „Das Priesteramt ist im Abendmahlssaal entstanden, zusammen mit der Eucharistie, wie es schon mein verehrter Vorgänger Johannes Paul II. mehrmals unterstrichen hat. ‚Die priesterliche Existenz muss als besonderes Merkmal eine eucharistische Form’ haben, so schrieb er in seinem letzten Gründonnerstagsbrief (Nr. 1)“. Es ist eben diese „eucharistische Form“ im Leben eines Priesters, die seine zölibatäre Lebensform so überaus angemessen macht. Sie ermöglicht es ihm, der Kirche in einer bräutlichen Liebe ganz zu gehören und seine pastorale Nächstenliebe im Dienste aller Seelen immer wieder neu zu entfachen.

Benedikt XVI. bekräftigte dies im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Sacramentum caritatis (2007): „Deshalb reicht es nicht aus, den priesterlichen Zölibat unter rein funktionalen Gesichtspunkten zu verstehen. In Wirklichkeit stellt er eine besondere Angleichung an den Lebensstil Christi selbst dar. Eine solche Wahl hat vor allem hochzeitlichen Charakter; sie ist ein Sich-Einfühlen in das Herz Christi als des Bräutigams, der sein Leben für die Braut hingibt“ (Nr. 24).

6. Antworten auf geläufige Kritiken am Priesterzölibat

Diese tief greifenden theologischen Gründe, auf die sich das Festhalten der Kirche am Priesterzölibat stützt, werden weder durch mangelnde Priesterberufungen noch durch das Scheitern oder das anstössige Verhalten einiger Priester in Frage gestellt. Es wäre, als würde man eine Aufhebung der Unauflösbarkeit der Ehe verlangen, weil so viele Ehepartner untreu sind oder gar ihre Ehe aufkündigen. Anerkannt werden sollte hingegen, dass viele emotionale Krisen eines Priesters vor allem von einem Mangel an echten Erfahrungen mit jener geistigen Vaterschaft herrühren, die den Heiligen Paulus ausrufen liess: „In Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden“ (1 Kor 4,15) und: „Meine Kinder, für die ich von neuem Geburtswehen erleide“ (Gal 4,19).

Einige werfen der Kirche vor, Gesetze aufzuerlegen für etwas, was eine freie Wahl sein sollte. Bei näherem Hinsehen fällt aber auch dieser Einwand dahin, denn der Zölibat wird weder von Christus noch von der Kirche auferlegt. Diese wählt nämlich von vornherein nur Kandidaten für das Priesteramt aus, die – nebst weiterer Voraussetzungen – die Gabe des Zölibats erhalten haben. Damit aber diese Gabe weiterhin leuchtet und Frucht bringt, muss der Priester seine Hingabe an Gott, die Kirche und die Menschen täglich erneuern, so dass er sein ganzes Leben in ein freudiges Ja aus Liebe verwandelt.

Gerade die Kostbarkeit des Priesterzölibates lässt den sexuellen Missbrauch von Seiten einiger Priester besonders abscheulich erscheinen. Vittorio Messori monierte zu Recht: „Wenn jemand entrüstet solche Niedertracht denunziert, dann deshalb, weil er die Erhabenheit der Botschaft ermisst, die von den Priestern der Welt verkündet wird und die er – ob gläubig oder nicht - nicht beschmutzt sehen möchte“ ( Corriere della Sera , 11. März 2010).

Die Missbräuche, die sich bekanntlich bei weitem nicht auf den kirchlichen Bereich beschränken und auch keineswegs eine Folge des Zölibates sind, offenbaren vielmehr, wie stark sich bereits eine hedonistische, erotisierte Kultur verbreitet hat. Gerade einer solchen Lebensauffassung aber widersetzt sich das Priesterzölibat. Es fordert eine Kultur heraus, die alles als provisorisch und relativ ansieht und die Fähigkeit des Menschen leugnet, lebenslange Verpflichtungen einzugehen, und die deswegen den Priesterzölibat für unmöglich und unmenschlich hält.

So kann man sagen, dass dem Zölibat heute einen besonderen Stellenwert zukommt hat. Er ist mehr denn je ein unübersehbares Zeugnis dafür, dass „Gott allein genügt“ (Hl. Teresa von Jesus). Mehr als den Gott der Philosophen und der Theologen braucht unsere heutige Welt den Gott der Apostel, der Jünger Christi, in denen er weiterhin gegenwärtig und wirksam ist.

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Arturo Cattaneo (Lugano), seit 1979 Priester der Prälatur Opus Dei, ist promovierter Kirchenrechtler und Theologe. Seit 2003 ist er ordentlicher Professor am Institut für Kirchenrecht in Venedig.

von Arturo Cattaneo