Betrachtungstext: 28. Woche im Jahreskreis – Sonntag (A)

Das Gastmahl, das uns erwartet – Alle zum Fest einladen – Die Güter Gottes genießen

KEIN AUGE hat gesehen und kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz ist gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben (1 Kor 2,9). Es fehlen Worte, um die Fülle des Glücks auszudrücken, mit der der Herr uns Menschen beschenken möchte. Nichts anderes hat Gott im Sinn, darauf weist bereits der allererste Punkt des Katechismus der Katholischen Kirche hin: „Gott ist in sich unendlich vollkommen und glücklich. In einem aus reiner Güte gefassten Ratschluss hat er den Menschen aus freiem Willen erschaffen, damit dieser an seinem glückseligen Leben teilhabe.“1

Angesichts der Unmöglichkeit, diese Glückseligkeit in Worte zu fassen, bedient sich die Heilige Schrift bildhafter Darstellungen, um uns zumindest eine Ahnung davon zu vermitteln. Der Prophet Jesaja – wir hören ihn in der ersten Lesung der Messe – spricht etwa von einem opulenten Festmahl, das der Herr für alle Völker geben wird mit den feinsten, fetten Speisen, mit erlesenen, reinen Weinen. Bei diesem Gastmahl verschlingt der Herr die Decke, die alle Nationen bedeckt. Er hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen (Jes 25,6-8).

Dies ist das Ziel, das uns erwartet, der Siegespreis: die himmlische Berufung Gottes in Christus Jesus (Phil 3,14): ein Schauen von Angesicht zu Angesicht, Frieden und Freude, die Fülle eines Lebens ohne Ende. Der heilige Josefmaria empfiehlt: „Hab‘ die Liebe vor Augen, die im Himmel auf dich wartet, pflege die Tugend der Hoffnung. Das bedeutet keinesfalls mangelnde Großzügigkeit.“2 Es erinnert uns lediglich daran, dass wir hier keine bleibende Stadt haben, sondern die zukünftige suchen (Hebr 13,14), unser Zuhause, wo Gott, unser Vater, auf uns wartet. Papst Benedikt will uns geradezu aufrütteln, wenn er sagt: „Das Christentum verkündet nicht nur irgendein Heil der Seele in einem nicht weiter bestimmten Jenseits, in dem alles, was in dieser Welt kostbar und teuer gewesen ist, ausgelöscht werden würde, sondern es verheißt das ewige Leben, das Leben der kommenden Welt: Nichts von dem, was uns kostbar und teuer ist, wird vergehen, sondern es wird Fülle in Gott finden.“3


JESUS greift das Bild des Festmahls auf, das Gott für alle Völker bereitet hat, fügt aber noch eine Facette hinzu: Er will mit uns rechnen, damit wir die Einladung zu diesem großen Festmahl allen Völkern bringen. In anderen Worten: Er möchte, dass wir unsere Hoffnung auf den Himmel mit der ganzen Welt teilen und in Gesellschaft vieler anderer Menschen in den Himmel gelangen. Gleichzeitig warnt er uns davor, dass wir bei der Erfüllung dieser Mission auch auf Ablehnung stoßen werden. Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen (Mt 22,2-3). Auf die erste Absage hin heißt der Herr seine Diener, geduldig zu sein und den Geladenen die Herrlichkeit, die sie erwartet, und die Freude des Herrn über ihre Teilnahme noch besser zu erklären (vgl. Mt 22,3-4). Aber diese kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um (Mt 22,5-6).

Die Trauer des Herrn über diese Erfahrung menschlicher Zurückweisung, die von kalter Gleichgültigkeit bis zu heftigem Widerstand reicht, ist zu spüren. Doch er lässt sich in seinem Wunsch, die Menschen glücklich zu machen, nicht entmutigen, und fordert auch uns auf, nicht aufzugeben: Geht also an die Kreuzungen der Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein! (Mt 22,9). Anstatt das Fest abzusagen oder sich darauf zu beschränken, seine engsten Verwandten oder Freunde einzuladen, weitet er seine Einladung auf gar alle aus, ohne Ausnahme, denn er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1 Tim 2,4). In Worten von Papst Franziskus: „Auf dem Schiff der Kirche muss Platz für alle sein: Alle Getauften sind aufgerufen, einzusteigen, die Netze auszuwerfen und sich persönlich für die Verkündigung des Evangeliums einzusetzen. (...) Wir als Kirche sind mit der Aufgabe betraut, uns in die Gewässer dieses Meeres zu begeben und das Netz des Evangeliums auszuwerfen, ohne dass wir dabei mit dem Finger auf andere zeigen, ohne anzuklagen, sondern indem wir den Menschen unserer Zeit einen Lebensentwurf bringen, nämlich den von Jesus: die Offenheit des Evangeliums, die Einladung zum Fest.“4


EINIGE der Geladenen nehmen die Einladung zum Festmahl nicht an, weil sie mit anderen Angelegenheiten beschäftigt sind; sie ziehen es vor, sich auf ihre eigene Weise zu sättigen, und begnügen sich mit dem, was ihnen eine relative Befriedigung bietet. Andererseits bittet ein Gast um Einlass mit dem klaren Wunsch, satt zu werden, wird aber abgewiesen, weil er nicht angemessen bekleidet ist, was bedeutet, dass er nicht bereit ist, von dem zu kosten, was der Herr für ihn vorbereitet hat.

Ich weiß Entbehrungen zu ertragen, hören wir den heiligen Paulus in der zweiten Lesung sagen, ich kann im Überfluss leben. In jedes und alles bin ich eingeweiht: in Sattsein und Hungern, Überfluss und Entbehrung (Phil 4,12). Wenn der Apostel solches von sich behaupten kann, dann deshalb, weil er die Erfahrung gemacht hat, von Gott gespeist zu werden; deshalb versichert er, dass er alles tun kann in dem, der ihn stärkt (Phil 4,13), und garantiert den Philippern: Mein Gott aber wird euch durch Christus Jesus alles, was ihr nötig habt, aus dem Reichtum seiner Herrlichkeit schenken (Phil 4,19).

Der Himmel wird darin bestehen, dass wir uns von Gott beim Festmahl, das er für uns bereitet hat, nähren lassen. Doch um diese Speisen genießen zu können, müssen wir lernen, die Dinge des Herrn schon hier zu genießen und die Ersatzmittel zu meiden, die unser Verlangen zum Erliegen bringen können. Der heilige Josefmaria gibt uns zu bedenken: „Denke daran, wie angenehm Gott, unserem Herrn, der Weihrauch ist, der ihm zu Ehren verbrannt wird; bedenke auch, welch einen geringen Wert die irdischen Dinge besitzen: Kaum haben sie begonnen, sind sie schon vergangen. Im Himmel dagegen erwartet dich eine große Liebe; sie kennt weder Verrat noch Betrug: die Liebe selbst, alle Schönheit, die ganze Fülle, alles Wissen …! Und ohne Überdruss: Sie sättigt, ohne satt zu machen.“5 Unsere Mutter Maria wird zusammen mit ihrem Sohn am letzten Festmahl teilnehmen. Wir bitten sie, uns zu lehren, die Speisen zu genießen, die Gott uns gibt, und uns in unserer Sendung zu unterstützen, viele andere Seelen zum himmlischen Festmahl mitzubringen.


1 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1.

2 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 139

3 Benedikt XVI., Predigt, 15.8.2010.

4 Franziskus, Predigt, 2.8.2023.

5 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 995.