Betrachtungstext: 24. Woche im Jahreskreis – Mittwoch

Das göttliche Spiel – Das Bild Gottes entdecken – Eine überströmende Freude

NACHDEM Jesus den Jüngern des Johannes durch Taten und Worte bezeugt hat, dass er der Messias ist, preist er den Täufer vor der versammelten Menge. An die Pharisäer und Schriftgelehrten hingegen richtet er eine scharfe Rüge. Und alle, die ihm lauschen, mahnt er mittels eines Vergleichs: Mit wem soll ich also die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem gleichen sie? Sie gleichen Kindern, die auf dem Marktplatz sitzen und einander zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte gespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben die Totenklage angestimmt und ihr habt nicht geweint (Lk 7,31-32).

Unterhaltungsspiele folgen normalerweise bestimmten Regeln, die das Spiel für alle Beteiligten genussvoll machen. Wenn Teilnehmer diese Regeln ignorieren und stattdessen ihr eigenes Spiel spielen, entsteht Unmut bei den Mitspielern, weil der Sinn des Spiels verloren geht. Mit diesem bildhaften Vergleich lehrt Jesus, dass Gott einen Weg hat, uns zu erlösen und glücklich zu machen. Einige Pharisäer und Lehrer hingegen bevorzugten einen anderen Weg, basierend auf ihren eigenen Vorstellungen und Gewissheiten. Sie knüpften das Heil an die Erfüllung von Regeln, die sie selbst aufgestellt hatten und die weit vom ursprünglichen Willen Gottes entfernt waren. Auf diese Weise lehnten sie nicht nur das ihnen von Christus angebotene Heil ab, sondern hinderten auch andere daran, das Spiel zu genießen, das der Herr für sie vorbereitet hatte, indem sie die Menschen anstelle der göttlichen ihre eigenen Regeln lehrten.

Papst Franziskus gibt uns zu bedenken: „Auf welche Weise will ich gerettet werden? Auf meine Weise? Durch eine Spiritualität, die gut ist, die mir angenehm ist, die aber festgelegt ist, in der alles klar ist und es kein Risiko gibt? Oder auf Gottes Weise, also auf dem Weg Jesu, der uns stets überrascht und uns die Türen zu jenem Geheimnis der göttlichen Allmacht öffnet, das im Erbarmen und in der Vergebung liegt?“1 Die Regeln des göttlichen Spiels sind Teil der Weisheit Gottes, die darauf abzielt, unsere tiefsten Sehnsüchte zu stillen. Niemand ist mehr an unserem Glück interessiert als Gott selbst. Er lädt uns ein, nach einer Melodie zu tanzen, die uns zum Glück auf Erden und im Himmel führen wird.


JESUS illustriert, was er mit seinem Vergleich meint: Denn Johannes der Täufer ist gekommen, er isst kein Brot und trinkt keinen Wein und ihr sagt: Er hat einen Dämon. Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt und ihr sagt: Siehe, ein Fresser und Säufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! (Lk 7,33-34). Jegliche Geste des Herrn wurde von einigen jüdischen Führern missdeutet. Anstatt zu versuchen, den Anspruch des Herrn zu verstehen, der langersehnte Messias zu sein, klammerten sie sich lieber an das Gottesbild, das sie sich nach ihren eigenen Regeln zurechtgelegt hatten.

Wenn wir das Evangelium lesen, erkennen wir zwischen den Zeilen, dass Jesus sich in seinem Handeln weder an gesellschaftlichen Konventionen orientierte noch sich davon beeinflussen ließ, was andere von ihm dachten oder erwarteten. Christus bewegte sich mit wahrer Freiheit: Alle seine Taten entsprangen der Liebe zu seinem Vater und zu den Menschen. Wenn er mit Zöllnern und Sündern speiste, dann deshalb, weil er der Meinung war, dass diese Menschen seine Freundschaft am dringlichsten benötigten, um das Heil zu erlangen, das zu bringen er gekommen war.

Jesus verurteilt die Sünde, verschließt vor den Seelen, die der Vergebung bedürfen, jedoch nicht die Türen. Barmherzigkeit ist eine zentrale Eigenschaft des wahren Gottesbildes, auch wenn einige Pharisäer dies nicht erkannten. Daher fordert der Herr uns auf, andere nicht nach unseren eigenen Maßstäben zu beurteilen, sondern ihnen vielmehr die Freude und das Heil anzubieten, die sie erfahren, wenn sie Christus in ihr Haus eintreten lassen. Der Prälat des Opus Dei schrieb: „Das Bewusstsein, dass Gott uns in jedem Menschen erwartet (vgl. Mt 25, 40), dass er im Leben jedes Menschen durch uns gegenwärtig werden will, bringt uns dazu, mit vollen Händen zu geben, was wir empfangen haben.“2


DER HERR beendet seine Rede, indem er uns einen Schlüssel zum Verständnis für die Regeln des Spiels und der Handlungsweise Gottes gibt: Und doch hat die Weisheit durch alle ihre Kinder Recht bekommen (Lk 7,35). Mit anderen Worten: Alle, die sich auf das neue Leben eingelassen haben, das Christus ihnen angeboten hat, bestätigen, dass es ein freudvoller Weg ist, der die Sehnsüchte des menschlichen Herzens stillt. Die Anerkennung unserer kindlichen Abhängigkeit von Gott, „führt“ laut dem Katechismus der Kirche „zu Weisheit und Freiheit, zu Freude und Vertrauen“3.

Der heilige Josefmaria betonte, dass das aufrichtige Streben nach Heiligkeit einen Frieden und eine Freude mit sich bringt, die schließlich auf die Mitmenschen überspringen: „Der Christ ist einer mehr in der Gesellschaft; doch seinem Herzen entströmt die Freude eines Menschen, der sich vorgenommen hat, mit der ständigen Hilfe der Gnade den Willen des Vaters zu erfüllen.“4 Diese Freude ist das authentischste Zeugnis, das die Weisheit der Worte des Herrn bestätigt und dafür sorgt, dass seine Botschaft alle Menschen auf liebenswürdige und attraktive Weise erreicht, wie der heilige Paulus rät: Euer Wort sei immer freundlich, doch mit Salz gewürzt, denn ihr müsst jedem in der rechten Weise antworten können (Kol 4,6).

Maria vertraute Gottes Plänen und fand ein Glück, das die Christen über die Jahrhunderte hinweg inspiriert hat. Von nun an preisen mich selig alle Geschlechter (Lk 1,48), rief sie im Magnificat aus. Es handelt sich um ein Zeugnis, das nicht nur ihre Zeitgenossen erleuchtete, sondern die Männer und Frauen aller Zeiten. Wenden wir uns an sie, damit auch in unserem Leben die Freude eines Menschen sichtbar wird, der auf Gottes Willen mit einem Ja antwortet.


1 Franziskus, Tagesmeditation, 3.10.2014.

2 Msgr. Fernando Ocáriz, Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 4.

3 Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 301.

4 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 93.