Betrachtungstext: 1. Woche im Jahreskreis – Montag

Gott ruft uns auf, Apostel zu sein – Die Sendung von Zebedäus und Joseph als Väter – Wir zählen auf die Hilfe Gottes

NACH DEM feierlichen Fest der Taufe des Herrn beginnt erneut die gewöhnliche Zeit des Jahreskreises. In dieser Phase sind wir, ähnlich wie Jesus, dazu berufen, aus der empfangenen Freude zu leben und sie mit anderen zu teilen. Kehrt um und glaubt an das Evangelium (Mk 1,15), lautet die Verkündigung des Herrn. Die Fischer Simon, Andreas, Jakobus und Johannes berief Jesus bei ihrer Arbeit am See oder im Boot, damit sie ihm halfen, die Netze seines Vaters zu füllen – ein für diese Männer sicherlich unvergesslicher Moment. Papst Franziskus empfiehlt auch uns, „die Zeit und die Weise nie zu vergessen, in denen Gott in unser Leben eingetreten ist: Wir müssen im Herzen und im Verstand jene Begegnung mit der Gnade festhalten, als Gott unser Leben verändert hat.“1

Wir verlangen nicht zu verstehen, warum Gott uns erwählt hat, warum er auf uns setzt oder warum er sich so sehr zu uns hingezogen fühlt. Doch wir hören ihn deutlich sagen, dass er uns in seinem Boot benötigt, beim Fischen, beim Durchqueren der Meere, bei der Weitergabe der Freude darüber, dass die Sünde besiegt ist. „Das Apostolat“, sagte der heilige Josefmaria, „nach dem es den gewöhnlichen Christen so sehr verlangt, ist nichts von der alltäglichen Arbeit Verschiedenes: Es verschmilzt mit dieser Arbeit, die Gelegenheit für eine persönliche Begegnung mit Christus geworden ist. Gerade durch diese Arbeit, im gemeinsamen Einsatz Seite an Seite mit unseren Berufskollegen, Freunden oder Angehörigen, können wir ihnen helfen, zu Christus zu gelangen, der am Ufer des Sees auf uns wartet. Vor der Berufung zum Apostel: Fischer, und nach der Berufung zum Apostel: Fischer. Die gleiche berufliche Tätigkeit, vorher und nachher.“2

Uns bekehren und an unsere Sendung glauben, Apostel in der Welt zu sein, heißt, Gott trotz unserer offensichtlichen Schwächen täglich in unser Leben eintreten zu lassen. Papst Franziskus empfiehlt uns, auf die Kraft Gottes zu vertrauen: „Wie oft stellt sich angesichts der Großtaten des Herrn spontan die Frage: Wie ist es nur möglich, dass Gott sich eines Sünders bedient, eines zerbrechlichen und schwachen Menschen, um seinen Willen zu verwirklichen? Trotzdem ist nichts dem Zufall überlassen, denn alles wurde im Plan Gottes vorbereitet. Er plant unsere Geschichte, die Geschichte eines jeden von uns. Er plant unsere Geschichte, und wenn wir mit Vertrauen seinem Heilsplan entsprechen, dann erfahren wir es.“3


GOTT VATER hat Wohlgefallen an uns gefunden und überträgt uns dieselbe Sendung wie seinem Sohn: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen (Mk 1,17). Wir möchten gerne mit einem sofortigen Ja antworten, wie Andreas, Petrus, Jakobus und Johannes es taten. Und auch wie Zebedäus, der Vater der beiden letztgenannten. Man könnte meinen, dass dieser Fischer, der seinen Söhnen alles Notwendige für ein gutes Leben beigebracht hat, von der „Fischereiflotte Jesu“ ausgeschlossen wäre. Doch nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein. Vielleicht hat er seine Söhne sogar ermutigt, diese Gelegenheit nicht zu verpassen. Es war gewiss eine große Freude für ihn gewesen, in den letzten Jahren zu sehen, wie sie das Familienunternehmen weiterführten. Doch Zebedäus ist offen für Gottes Pläne, selbst wenn sie sich auf unerwartete Weise zeigen. Er ahnt, dass alle von dem Fischfang profitieren werden, den Jesus ihnen angekündigt hat.

Dieser einfache Vater, der seine Söhne unterstützt, erfüllt seinen Auftrag. Ihm ergeht es ähnlich wie Joseph, als Jesus in Jerusalem im Tempel bei den Schriftgelehrten zurückbleibt. Als seine verzweifelten Eltern ihn schließlich fanden, antwortete Jesus, er müsse in den Dingen Gottes sein. Für Joseph war das ein deutliches Zeichen. Es bedeutete nicht das Ende seiner Rolle, sondern unterstrich den Wert seiner Arbeit und bestätigte, dass er seine Aufgabe wunderbar erfüllte. In seinem Schreiben über den heiligen Joseph betonte Papst Franziskus: „Eine Vaterschaft, die der Versuchung widersteht, das Leben der Kinder zu leben, eröffnet immer neue Räume. Jedes Kind trägt ein Geheimnis in sich, etwas noch nie Dagewesenes, das nur mit Hilfe eines Vaters zur Entfaltung gebracht werden kann, der seine Freiheit respektiert; eines Vaters, der sich bewusst ist, dass sein erzieherisches Handeln erst dann zum Ziel kommt und dass er erst dann sein Vatersein ganz lebt, wenn (...) er sieht, dass das Kind selbständig wird und allein auf den Pfaden des Lebens geht, wenn er sich in die Situation Josefs versetzt, der immer gewusst hat, dass das Kind nicht seines war, sondern einfach seiner Obhut anvertraut worden war.“4



ZEBEDEUS kannte seine Kinder genau: ihren Charakter, ihre Impulsivität, ihre Sehnsüchte. Sicherlich verstand er sofort, warum sie als „Donnersöhne“ bekannt waren, und vielleicht erkannte er sich selbst in dieser Bezeichnung wieder. In vielen Nächten betete er gemeinsam mit seiner Frau Salome für sie. Er war sich bewusst, dass die Mission, zu der Jesus seine Söhne eingeladen hatte, groß war, auch wenn sie bisher nicht über die Umgebung des kleinen Sees von Galiläa hinausgekommen waren. Und obwohl sie behaupteten, sie könnten den Kelch Jesu trinken, wusste Zebedäus um ihre Fähigkeiten.

Deshalb vertraute er darauf, dass die Hilfe Gottes das Wichtigste sein würde, wie Papst Franziskus betont: „Die Berufung bringt stets eine Sendung mit sich, für die wir bestimmt sind. Daher wird von uns verlangt, uns ernsthaft vorzubereiten, im Wissen, dass Gott selbst uns sendet und uns mit seiner Gnade stützt. Lassen wir uns von diesem Bewusstsein leiten: Der Primat der Gnade verwandelt das Dasein und macht es würdig, in den Dienst des Evangeliums gestellt zu werden. Der Primat der Gnade deckt alle Sünden zu, verwandelt die Herzen, verwandelt das Leben, lässt uns neue Wege erkennen. Vergessen wir das nicht!5

Als Jesus am Kreuz starb, war Salome, die Mutter von Jakobus und Johannes, dabei, um Maria zu begleiten. Sie hörte, wie Jesus ihrem Sohn Johannes sagte, dass Maria seine neue Mutter sei. Möglicherweise war sie sich, ähnlich wie Zebedäus an jenem Tag in seinem Boot, bewusst, dass Johannes weit fort gehen würde, hatte gleichzeitig jedoch nicht das Gefühl, ihn zu verlieren. Im Gegenteil, sie war von einem heiligen Stolz erfüllt, dass ihr Sohn auserwählt war, sich um die Mutter Jesu zu kümmern, obwohl sie sehr wohl wusste, wer sich letztendlich um wen kümmern würde.


1 Franziskus, Audienz, 30.6.2021.

2 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 264.

3 Franziskus, Audienz, 30.6.2021.

4 Franziskus, Patris corde, Nr. 7.

5 Franziskus, Audienz, 30.6.2021.