Fünf Heilmittel gegen die Traurigkeit

Auch Heilige, Menschen also, die in einer engen Freundschaft mit Christus lebten, wurden schon mal traurig. Es ist daher hilfreich, die Mittel zu kennen, die sie einsetzten, um die christliche Freude zurück zu erlangen.

Jeder von uns hat traurige Tage erlebt, Tage an denen es uns nicht gelingt, eine gewisse innere Schwerfälligkeit zu überwinden. Eine Schwerfälligkeit, die unseren Gemütszustand belastet und die Beziehungen zu den anderen erschwert. Gibt es einen Trick, mit dem wir unsere schlechte Laune überwinden und wieder froh werden? Der hl. Thomas von Aquin schlägt fünf überraschend wirksame Mittel gegen die Traurigkeit vor (vgl. Summa Theologiae, I-II, q. 38)

1. Das erste Mittel besteht darin, sich etwas Gutes zu gönnen. Es scheint, dass der berühmte Theologe schon vor 700 Jahren intuitiv erfasst hat, was heute sehr verbreitet ist, dass Schokolade ein Antidepressivum ist. Auch wenn es eine materialistische Auffassung ist, aber auch ein Tag voller bitterer Enttäuschungen kann mit einem Glas Bier doch noch zu einem guten Ende kommen. Wenn jemand behauptet, dass stünde nicht mit dem Evangelium in Einklang, dann sei ihm gesagt, dass der Herr gerne an Gastmählern und Festen teilgenommen hat. Und vor wie nach der Auferstehung hat er sich über die schönen Dingen des Lebens gefreut. Selbst ein Psalm bestätigt, dass der Wein das Herz des Menschen erfreut (Wenngleich die Bibel ein Saufgelage klar ablehnt.)

2. Das zweite Mittel ist das Weinen. Ein schwermütiger Moment ist besonders hart, wenn man kein Ventil für ihn findet. Es scheint, dass dann die Bitterkeit immer größer wird und uns daran hindert, selbst die kleinste Aufgabe zuende zu bringen. Das Weinen ist eine Sprache, eine Ausdrucksweise, die uns hilft, den Knoten des Schmerzes zu lösen, der uns zu ersticken droht. Auch Jesus hat geweint. Papst Franziskus deutet an, dass man "gewisse Realitäten des Lebens (...) nur mit Augen (sieht), die durch Tränen reingewaschen sind. Ich lade jeden ein, sich zu fragen: Habe ich gelernt zu weinen?" (1)

3. Das dritte Mittel ist das Mitleid guter Freunde. Mir fällt da eine Figur aus dem berühmten Buch “Die Verlobten” von Alessandro Manzoni ein. Renzo beklagt einem Freund gegenüber das große Unglück, das seine Familie durch die Pestepidemie getroffen hat. "Es sind schreckliche Dinge, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie erleben müsste. Dinge, die dir für den Rest des Lebens die Freude rauben. Aber welche Erleichterung ist es, mit einem Freund darüber zu sprechen." Um es glauben zu können, muss man es selbst erlebt haben. Wenn jemand traurig ist, dann sieht er alles nur grau in grau. In so einer Situation hat es sich bewährt, das Herz einem Freund auszuschütten. Manchmal reicht sogar eine E-Mail oder ein kurzer Telefonanruf, und der Himmel klart wieder auf.

4. Das vierte Mittel gegen die Traurigkeit ist die Wahrheit, der "fulgor veritatis", der Glanz der Wahrheit, von dem der hl. Augustinus spricht. Die Betrachtung des „Glanzes“ in der Natur oder der Kunst, wenn man Musik hört oder sich von der Schönheit einer Landschaft überraschen lässt ... Auch das kann ein wirksamer Balsam gegen die Traurigkeit sein. Ein Literaturkritiker musste kurz nach dem Tod eines Freundes zum Thema „Abenteuer bei Tolkien“ sprechen und begann so: “Für mich ist es ein wahrer Trost vor einem interessierten Publikum über schöne Dinge zu sprechen...“

5. Das fünfte Mittel, das Thomas von Aquin vorschlägt, würde man von einem Autor aus dem Mittelalter am wenigsten erwarten. Der Theologe behauptet, schlafen und ein Bad nehmen sei ein großartiges Mittel gegen die Traurigkeit. Der Ratschlag spricht für sich. Dass manchmal eine körperliche Linderung nötig ist, um ein geistiges Übel zu beheben, zeigt ein zutiefst christliches Verständnis. Weil Gott Mensch geworden ist und einen Leib angenommen hat, ist die Trennung von Materie und Geist überwunden.

Es ist ein verbreitetes Vorurteil nimmt an, das christliche Menschenbild gründe auf einem Gegensatz zwischen Seele und Leib. Als sein der Leib immer als eine Last und ein Hindernis für das geistige Leben. In Wirklichkeit weiß ein christlicher Humanismus, dass die Person (Seele und Leib) umso mehr „vergeistigt“ wird, je mehr sie die Vereinigung mit Gott sucht. Nach den Worten des hl. Paulus an die Korinther gibt es einen irdischen und einen geistigen Leib, und wir sterben nicht, sondern wir werden verwandelt. Denn das Vergängliche muss mit Unvergänglichem bekleidet werden und das Sterbliche mit Unsterblichkeit.

"Niemand halte es für seltsam, einen Arzt, der den Körper heilt, auch als Lehrmeister für eine Krankheit des Geistes in Anspruch zu nehmen", sagt der hl. Thomas Morus und bekräftigt damit das Denken seines mittelalterlichen Namensvetters: "Körper und Seele sind so eng mit einander verbunden, dass sie zusammen eine einzige Person ausmachen. Und so verursacht manchmal das Unwohlsein eines der beiden das Unwohlsein von beiden. Deshalb rate ich jedem mit einer körperlichen Krankheit, dass er zur Beichte geht und einen guten Arzt für die Gesundheit der Seele aufsucht. Genauso rate ich, dass man bei einigen Krankheiten der Seele neben dem Seelenarzt auch den Rat eines Arztes für den Körper sucht."

Durch diese fünf Mittel erfüllt sich auch hier auf Erden das menschliche und göttliche Versprechen Jesu: "Ihr werdet bekümmert sein, aber euer Kummer wird sich in Freude verwandeln" (Joh 16,20).

Dott. Carlo de Marchi, Vikar des Opus Dei für Italien Mitte-Süd, auf einem Kirchenkongress in Florenz im Mai 2015

(1) Papst Franziskus, Ansprache in Manila 18.05.2015