Feste und Unterhaltung - Muße und Freizeit (2)

Die Sonn- und Feiertage bieten eine Möglichkeit sich auszuruhen. Für die Christen sind sie aber auch eine Gelegenheit, das Familienleben zu genießen, sich der Kindererziehung zu widmen und mit mehr Ruhe die Beziehung zu Gott zu pflegen.

Gott segnete den siebenten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte i. Im Gesamtzusammenhang des persönlichen Lebens dürfen die Arbeit und die Freizeit nicht voneinander getrennt werden; daher ist es sehr wichtig, sich dem Apostolat der Unterhaltung iizu widmen, das gegen die Neigung vorgeht, das Nichtstun bloß als Flucht iii zu verstehen, selbst auf die Gefahr hin, die Ausgeglichenheit des Menschen zu zerstören.

DAS AUSRUHEN GOTTES

Die Freizeit schlechthin ist jene, die einem die Feiertage anbieten: an diesen Tagen wird die Eintönigkeit des Alltags unterbrochen, denn es werden Ereignisse gefeiert, die für eine Gruppe von Personen, sei es eine Familie oder ein Land, von großer Bedeutung sind. In der jüdisch-christlichen Überlieferung haben die Feste eine religiöse Bedeutung, die mit dem zufriedenen Ausruhen Gottes zu tun hat. Als nämlich das Schöpfungswerk vollbracht war, segnete (Gott) den siebenten Tag und erklärte ihn für heilig . Man könnte fast sagen, dass Gott angesichts seines Werkes in Bewunderung versetzt wurde, besonders in Hinblick auf dieses Geschöpf – den Menschen –, das zur Gemeinschaft mit Ihm berufen wurde. Und durch die Heiligung des Sabbats, durch das “Schaffen” eines Festtags, wollte Gott die ganze Menschheit an seiner anerkennenden Betrachtung der Welt teilhaben lassen. Daher lässt sich in gewisser Weise sagen: «Von diesem Ruhetag Gottes erhält die Zeiteinteilung ihren Sinn» iv. Das gilt für jede Zeit, die Zeit der Arbeit und die der Erholung, denn Gott sah, dass alles, was er gemacht hatte, sehr gut war v.

Für den Christen ist der Sonntag außerdem der Tag des Herrn, dies Christi vi, ein Feiertag zur Ehre des Herrn überall, wo ihr wohnt vii. Jeden Sonntag gedenken wir in der Liturgie der Kirche der Auferstehung Christi und feiern sie, die neue Schöpfung, die Erlösung des Menschengeschlechts, die Befreiung der Welt, ihr letztes Ziel. Der Christ soll jedoch bedenken, «daß die eigentlichen Gründe für die Auferlegung der Heiligung des »Herrentages« gültig bleiben, auch wenn für ihn die Bestimmungen des jüdischen Sabbats fallen gelassen und von der »Erfüllung« des Sonntags überwunden wurden. Sie sind in der Feierlichkeit des Dekalogs verankert und müssen im Licht der Theologie und Spiritualität des Sonntags wieder gelesen werden» viii. Jesus Christus, Herr auch über den Sabbat ix, erklärt selbst den eigentlichen Sinn der Sabbatruhe und führt «die Einhaltung dieses Tages auf seinen befreienden Charakter zurück, der gleichzeitig zur Wahrung der Rechte Gottes und der Rechte des Menschen bestimmt ist» x.

So gesehen ist der Sonntag ein Bild der Neuordnung der Welt, der Neuheit der neuen Schöpfung in Christus. In gewisser Weise ist nun jede Zeit eine Festzeit, da sie Zeit Gottes und Zeit für Gott ist. Im menschlichen Leben hängen Arbeit und Freizeit zusammen und in beiden gibt es einen Aufruf zur Beschaulichkeit und zum Gebet. Gott gibt uns die Zeit, damit wir uns mit Ihm unterhalten, an seiner Ruhe und seiner Arbeit teilhaben xi, seine Schönheit und die seiner Werke bewundern können.

Zum Teil besteht die Erziehungsaufgabe der Eltern darin, den Kindern diesen Geschenkcharakter deutlich zu zeigen, den die Feste besitzen. Man muss sich ein bisschen anstrengen, um den Sonntag oder irgendeine andere Erholungszeit gut vorzubereiten, damit Gott nicht als irgendetwas Unbekanntes oder Lästiges auftaucht, das in die vorgesehenen Pläne im allerletzten Augenblick hinzugefügt wird. Wenn die Kinder sehen, dass man schon vorweg daran gedacht hat, wann und wo die Heilige Messe besucht oder wie die Sakramente empfangen werden können, werden sie ganz von selbst erkennen, dass «diese freie Zeit (leer) bleibt, wenn Gott nicht darin vorkommt» xii. In diesem Zusammenhang ist der Rat von Benedikt XVI. sehr wertvoll: «Liebe Freunde! Manchmal ist es vielleicht im ersten Augenblick unbequem, am Sonntag auch die heilige Messe einzuplanen. Aber Ihr werdet sehen, daß gerade das der Freizeit erst die rechte Mitte gibt. Lasst Euch nicht abbringen von der sonntäglichen Eucharistie, und helft auch den anderen, daß sie sie entdecken» xiii.

Deshalb wird ein Christ, der nach dem Evangelium leben will, beim Planen des Wochenendes zuerst an die Teilnahme an der Heiligen Messe denken und versuchen seine Reisen oder Ausflüge – vor allem wenn sie lange dauern – so festzulegen, dass seine Teilnahme an der Messe am Sonntag oder den anderen gebotenen Feiertagen gesichert ist. Andererseits «stellt sich für die Bischöfe die entsprechende Verpflichtung, allen tatsächlich die Möglichkeit zur Erfüllung des Gebotes zu bieten. Auf dieser Linie bewegen sich die Vorschriften des Kirchenrechtes, wie zum Beispiel die Befugnis des Priesters, nach vorheriger Erlaubnis seitens des Diözesanbischofs an Sonntagen und gebotenen Feiertagen mehr als nur eine Messe zu zelebrieren, die Einrichtung der Abendmessen und schließlich die Weisung, nach welcher die für die Erfüllung der Sonntagspflicht gültige Zeit bereits am Samstagabend mit der ersten Vesper des Sonntags beginnt. Denn unter liturgischem Gesichtspunkt beginnt der Feiertag tatsächlich mit dieser Vesper. Infolgedessen ist die Liturgie der Messe, die manchmal auch als »Vorabendmesse« bezeichnet wird, in Wirklichkeit aber in jeder Hinsicht eine »Sonntags- bzw. Feiertagsmesse« ist, dieselbe Messe vom Sonntag» xiv.

DIE ZEIT DER TUGENDEN

Es wurde bereits auf die in der Freizeit bestehenden erzieherischen Möglichkeiten zur Bildung der Persönlichkeit der Kinder hingewiesen. Spiele, Ausflüge und Sport sind nicht nur ein wesentlicher Teil des Lebens der Jugendlichen, sondern durch sie können die Eltern ihre Kinder besser kennen lernen und in ihnen den Wunsch wecken zu lernen und sich den anderen hinzugeben. Es sind Wünsche, die sich in Taten äußern und allmählich gute Gewohnheiten entstehen lassen, die seit der Antike Tugenden heißen. Auf diese Weise hört die Freizeit auf “die Zeit für belanglose Dinge” zu sein und wird sich in eine wertvolle kreative Zeit verwandeln. Es werden kurz gesagt kostbare Zeiten sein, damit die Kinder ihre Freiheit erlangen und sich aneignen können.

Die Bildung der Kinder in den Erholungszeiten verlangt andererseits ihnen Tätigkeiten vorzuschlagen, die sie anziehen und ihre Wesensart berücksichtigen. In dem Maße wie eine Familie glücklich zusammenlebt, werden die Grundsteine gelegt, um nachteiligen Freizeitbeschäftigungen in der Zukunft vorzubeugen. Die in der Kindheit mit den Eltern verbrachten Zeiten, in denen sie die Freude erfahren haben zu geben und zu empfangen und großzügig zu sein, prägen sich für immer ein und dienen als Schutz, wenn die Kinder einem schlechten Anreiz, der sie von Gott entfernen könnte, die Stirn bieten müssen.

Wenn hingegen die Eltern die Ferien und die Freizeit nur für eine Gelegenheit halten sich zu unterhalten und zu vergnügen, kann es leicht geschehen, dass sie eine ganz wichtige Erziehungsaufgabe vernachlässigen. Es geht nicht darum den Kindern eine Vorstellung von der Freizeit zu “vermitteln”, sie sei nur dafür da “nützliche Dinge zu tun” im Sinne, dass sie dazu dient etwas zu studieren, oder eine Sprache zu lernen, oder zu einem Schwimmkurs oder in eine Klavierstunde zu gehen. Das sind Beschäftigungen, die sich letztlich nicht sehr von der Ausbildung unterscheiden, wie sie in vielen Schulen angeboten wird. Man sollte ihnen vielmehr beibringen, diese Zeiten auf eine ausgewogene Weise zu nützen. So gesehen bietet die Freizeit gute Voraussetzungen, um Einheit in das Leben zu bringen: es geht darum, den Kindern zu helfen standfeste Persönlichkeiten zu werden, die fähig sind ihre Freiheit richtig zu nützen und den Glauben auf eine in sich schlüssige Weise zu leben; und sie sollen auf diese Weise lernen, mit anderen zusammenzuleben und ein erfülltes Leben anzustreben.

Ein großer Feind in diesem Gebiet ist das “Zeit-Totschlagen”, denn ein Christ, der seine irdische Zeit totschlägt, läuft Gefahr, seinen Himmel totzuschlagen xv. So handelt wer sich aus Egoismus zurückzieht, sich versteckt, gleichgültig bleibt xvigegenüber den anderen; wer sich in diesen Zeiten selbst auf ungeordnete Weise sucht, ohne für Gott oder die anderen Raum zu lassen. Das Erziehen in der Freizeit und zur Nutzung der Freizeit ist eine Verpflichtung der Eltern. Sie sind immer – auch unbewusst – das Vorbild, das den größten Einfluss auf die Bildung der Kinder hat; und als Erzieher dürfen sie nicht den Eindruck erwecken, dass sie sich langweilen, oder dass sie sich erholen indem sie nichts tun. Die Art und Weise ihrer Erholung muss irgendwie für das Gespräch mit Gott und den Dienst an anderen offen sein. Die Kinder müssen begreifen, dass die Erholungszeit ein Sich-Entspannen bei weniger anstrengenden Tätigkeiten xviimöglich macht, indem man neue Dinge lernt, die Freundschaft pflegt, das Familienleben verbessert.

DER ZEITVERTREIB DER JUGENDLICHEN

Viele Eltern fürchten mit gutem Grund den Druck des Klimas, das in den Konsumgesell-schaften verderbliche und oberflächliche Unterhaltungen anbietet. Es ist ein ganz allgemeines Grundproblem: die Jugendlichen wollen glücklich sein, wissen aber nicht immer wie; und häufig wissen sie nicht einmal, worin das Glück besteht, weil es ihnen niemand überzeugend erklärt hat, oder weil sie es noch nie erfahren haben. Für die große Mehrheit beschränkt sich die Frage, was Glück bedeutet, darauf, eine gut bezahlte Arbeit zu haben, gesund zu sein und in einer Familie zu leben, die sie gern hat und auf die sie sich verlassen kann. Auch wenn die Jugendlichen manchmal etwas widerspenstig sind, geben sie normalerweise zu, dass sie sich beim Lernen anstrengen müssen, weil ihnen bewusst ist, dass ein Gutteil ihrer Zukunft von ihren Schulerfolgen abhängt.

All das ist vereinbar mit dem Verlangen selbst entscheiden zu können, wenn es darum geht ihre Freizeit zu planen. In einigen Fällen folgen sie dabei den von der Unterhaltungsindustrie vorgegeben Wegen, die sehr häufig Vergnügungen anbieten, die das Wachsen in den Tugenden wie die Mäßigkeit erschweren oder unmöglich machen. Aber letztlich unterscheidet sich die Orientierungslosigkeit der Jugend nicht sehr von der, die es auch bei vielen Erwachsenen gibt: sie verwechseln das Glück, das die Folge eines gelungenen Lebens ist, mit einem flüchtigen Gefühl einer scheinbaren Freude.

Diese tatsächlich vorhandenen Verirrungen dürfen uns nicht vergessen lassen: Wir alle haben gegen die Erwachsenen aufbegehrt, als wir begannen, unabhängig zu denken xviii. Das gehört zum normalen Reifungsprozess. Das kann man daran gut erkennen, dass es einem bei der Frage, wie sie ihre Freizeit nützen, immer viel wichtiger ist “mit wem” sie sich unterhalten, als “womit”. Die Jugendlichen wollen mit ihren Gleichaltrigen zusammen sein und das außerhalb der Wohnung, das heißt ohne die Familie und ohne Erwachsene; und tatsächlich sind die Tätigkeiten, die ihnen am meisten gefallen, das Ausgehen mit ihren Freunden und das Musikhören. Auch wenn das Einkaufen, wie es in einigen Gesellschaften der Fall ist, eine Art der Unterhaltung ist und oft unnötige Dinge angeschafft werden (Kleider, Smartphones, elektronisches Zubehör, Videospiele, usw.), macht man es bloß deshalb, um mit den Freunden zusammen zu sein.

Es ist daher wichtig Unterhaltungen vorzuschlagen, die dem Wesen des Menschen entsprechen, das heißt dem Streben nach dem Glücklich-Sein, das wir alle haben. Die Eltern müssen sich dieser Aufgabe stellen und mit der Hilfe anderer Familien geeignete Orte schaffen, wo ihre Kinder in der Freizeit menschlich und geistig reifen können. Es geht letztlich darum Unterhaltungen und Interessen in Gang zu bringen, die den Geist der Freundschaft stärken sowie der Verantwortung, für die geliebten Personen zu sorgen und ihnen zu helfen. Die Jugend ist immer fähig gewesen, sich für hohe Ideale, für alles Große und Echte zu begeistern xix. Die Eltern können und müssen diese Tatsache berücksichtigen und sich für ihre Kinder Zeit nehmen, mit ihnen reden, ihnen von frühester Kindheit an ein Beispiel der Freude, Schlichtheit und Opferbereitschaft geben. Denn erziehen bedeutet, ihnen keine Verhaltensweise aufzwingen, sondern ihnen die übernatürlichen und menschlichen Motive für eine bestimmte Verhaltensweise aufdecken. Mit einem Wort: sie sollten ihre Freiheit achten, da es keine wirkliche Erziehung ohne persönliche Verantwortung, noch Verantwortung ohne Freiheit gibt xx.

J.M. Martín

M. Díez

iGen 2, 3.

ii Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 975.

iii Vgl. Johannes Paul II., Botschaft zum XIX. Welttag der sozialen Kommunikationsmittel, 19.5.1985, Nr. 4.

iv Johannes Paul II., Apost. Schreiben Dies Domini, 31.5.1998, Nr. 60.

v Gen 1, 31.

vi Vgl. Johannes Paul II., Apost. Schreiben Dies Domini, 31.5. 1998, Nrn. 18ff.

vii Lev 23, 3.

viii Johannes Paul II., Apost. Schreiben Dies Domini 31.5.1998, Nr. 62.

ix Mk 2, 28.

x Johannes Paul II., Apost. Schreiben Dies Domini, 31.5.1998, Nr. 63.

xi Vgl. Joh 5, 17.

xii Benedikt XVI., Homilie in Marienfeld, 21.8.2005.

xiii Ebd.

xiv Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Dies Domini, 31.5.1998, Nr. 49.

xv Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 46.

xvi Ebd.

xvii Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 357.

xviii Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 100.

xix Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 101.

xx Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr.27.