Frage von Don Karol Miklosko, Missionar in Russland:
"Heiliger Vater, ich bin Don Karol Miklosko und komme aus Europa, genauer aus der Slowakei, und ich bin Missionar in Russland. Wenn ich die Heilige Messe feiere, finde ich mich selber und verstehe, dass ich dort meine Identität und die Wurzel und die Kraft für meinen Dienst finde. Das Kreuzesopfer offenbart mir den Guten Hirten, der alles für die Herde, für jedes Schaf gibt, und wenn ich sage: „Das ist mein Leib ... das ist mein Blut", die für euch als Opfer hingegeben und vergossen wurden, so verstehe ich die Schönheit des Zölibats und des Gehorsams, den ich im Augenblick der Weihe in Freiheit gelobt habe. Trotz der natürlichen Schwierigkeiten scheint mir der Zölibat natürlich zu sein, wenn ich auf Christus blicke, aber ich finde mich verwirrt vor, wenn ich so viele weltliche Kritiken an diesem Geschenk lese. Ich bitte Sie demütig, Heiliger Vater, uns hinsichtlich der Tiefe und des wahren Sinnes des kirchlichen Zölibats zu erleuchten".
Antwort von Papst Benedikt:
(…) Ein großes Problem der Christenheit der Welt von heute besteht darin, dass man nicht mehr an die Zukunft Gottes denkt: Allein die Gegenwart dieser Welt scheint ausreichend zu sein. Wir wollen nur diese Welt haben, nur in dieser Welt leben. So verschließen wir die Türen vor der wahren Größe unseres Daseins. Der Sinn des Zölibats als Vorwegnahme der Zukunft besteht gerade darin, diese Türen zu öffnen, die Welt größer zu machen, die Wirklichkeit der Zukunft zu zeigen, die von uns bereits als Gegenwart gelebt werden muss.
Auf diese Weise also ein Zeugnis des Glaubens leben: Wir glauben wirklich, dass es Gott gibt, dass Gott in mein Leben eintritt, dass ich mein Leben auf Christus gründen kann, auf das künftige Leben.
Und wir kennen jetzt die Kritiken der Welt, von denen Sie gesprochen haben. Es ist wahr, dass der Zölibat für die agnostische Welt, für die Welt, die mit Gott nichts zu tun hat, ein großer Skandal ist, da er gerade zeigt, dass Gott als Wirklichkeit betrachtet und gelebt wird. Mit dem eschatologischen Leben des Zölibats betritt die künftige Welt Gottes die Wirklichkeit unserer Zeit. Und das sollte verschwinden! In einem gewissen Sinn mag einen diese ständige Zölibatskritik überraschen, in einer Zeit, in der es immer mehr zur Mode wird, nicht zu heiraten. Doch dieses Nichtheiraten ist etwas, was sich völlig und grundlegend vom Zölibat unterscheidet, da das Nichtheiraten auf dem Willen gründet, nur für sich selbst zu leben, keine endgültige Bindung zu akzeptieren, das Leben in allen Momenten in einer völligen Autonomie zu haben, in jedem Moment zu entscheiden, was zu tun, was vom Leben zu nehmen ist; und somit ein „Nein" zur Bindung, ein „Nein" zur Endgültigkeit, das Haben des Lebens nur für sich selbst. Während der Zölibat genau das Gegenteil ist: Er ist ein endgültiges „Ja", er bedeutet, sich von Gott bei der Hand nehmen zu lassen, sich in die Hände des Herrn zu begeben, in sein „Ich"; und somit ist er ein Akt der Treue und des Vertrauens, ein Akt, der auch die Treue der Ehe voraussetzt; er ist genau das Gegenteil von diesem „Nein", von dieser Autonomie, die sich nicht verpflichten will, die in keine Bindung eintreten will; er ist das endgültige „Ja", das das endgültige „Ja" der Ehe voraussetzt und bestätigt. Und diese Ehe ist die biblische Gestalt, die natürliche Gestalt des Mann- und Frauseins, Grundlage der großen christlichen Kultur, der großen Kulturen der Welt. Und wenn das verschwindet, so wird die Wurzel unserer Kultur zerstört werden. Deshalb bekräftigt der Zölibat das „Ja" der Ehe mit seinem „Ja" zur künftigen Welt, und so wollen wir voranschreiten und diesen Skandal eines Glaubens gegenwärtig machen, der sein ganzes Dasein in Gott setzt. Wir wissen, dass es neben diesem großen Skandal, den die Welt nicht sehen will, auch weitere sekundäre Skandale unserer Unzulänglichkeiten, unserer Sünden gibt, die den wahren und großen Skandal verdunkeln und denken lassen: „Aber die leben doch nicht wirklich auf dem Fundament Gottes!". Doch es ist da so viel Treue! Der Zölibat, und gerade die Kritiken zeigen dies, ist ein großes Zeichen des Glaubens, der Gegenwart Gottes in der Welt. Bitten wir den Herrn, dass er uns helfe, uns von den sekundären Skandalen zu befreien, damit er so den großen Skandal unseres Glaubens sichtbar mache: das Vertrauen, die Kraft unseres Lebens, das in Gott und Jesus Christus gründet.