Ich heiße Miguel. Ich lebe in Lissabon und bin 40 Jahre alt. Ich wuchs in einer normalen Familie mit zwei Geschwistern auf. Nach der Fachoberschule habe ich mich auf Pferdesport und Pferdemanagement spezialisiert.
Ich ging nach Frankreich, um mich bei einem professionellen Reiter fortzubilden. Ich machte alles, vom Ausmisten des Stalls bis zum Reiten der schönsten und wertvollsten Dressurpferde. Als ich naiv und arrogant aus Frankreich zurückkam, hielt ich mich schon für einen guten Reiter.
Vom christlichen Glauben wußte ich wenig. Nach dem dürftigen Erstkommunionunterricht hatte ich nichts mehr mit Religion am Hut. Ich gehörte zu denjenigen Portugiesen, die wohl jedes Jahr nach Fatima gehen, aber zwischendurch nie eine Kirche von innen sehen.
Disko – Nachtleben - Wahrsager
Ich stürzte mich mit meinen Pferdekollegen ins Nachtleben. Ich hatte Freundinnen, wollte mich aber nie binden.
Mit 22 fing ich an, zu einem Wahrsager zu gehen, der angeblich vielen Leuten bei privaten und beruflichen Problemen helfen konnte. Zu den Dingen, die er mir sagte, gehörte einmal erstaunlicherweise, daß ich neun Tage hintereinander in die Hl. Messe gehen sollte. Ich fuhr zur Kirche und versuchte mich zu erinnern, wie das Glaubensbekenntnis ging.
Ein Bekannter hatte mir mal gesagt: „Wahrsager können dich einmal in die Kirche schicken. Aber sie werden dir nie etwas über die Beichte sagen.“
Dieser Satz kam mir manchmal in den Kopf. Aber ich lebte weiter mein ziemlich wildes Leben. Meine Eltern hatten ja eine Disko und ich ging da oft mit meinen Kollegen vom Reitsport hin. Ich wollte weiter ein sehr guter Reiter werden, aber aus reinem Egoismus.
Ich habe im Reitzentrum von Campo Grande gearbeitet. Es gab zwei Dinge, die mich irritierten und die mir zeigten, daß ich auf dem falschen Weg war: Ich konnte nicht mehr lachen, ich war nicht froh. Zum anderen sah ich in jedem anderen Profireiter einen Konkurrenten.
Der Priester Vater Hugo, meine Beichte und Maria
Ich war damals mit Maria zusammen, die heute meine Frau ist. Sie hatte einen Vetter, der mich einmal zusammen mit einem Priester, Vater Hugo, zum Essen einlud. Die Unterhaltung mit ihm bewegte mich sehr. So sehr, daß ich ihn fragte, ob ich bei ihm beichten könne. In dieser ersten Beichte nach ewig langer Zeit wurde ich eine zentnerschwere Last los. Ich merkte, daß ich bis dahin in der Dunkelheit gelebt hatte.
Nach dieser Bekehrung wurde meine Beziehung mit Maria fester. Ich sah klar, daß ich mit ihr den Rest meines Lebens zusammenbleiben wollte.
Ich besuchte sie in Deutschland, wo sie als Rechtsanwältin arbeitete. Ich kaufte ihr einen Ring und fragte sie, ob sie meine Frau werden wollte. Ein Jahr später heirateten wir und jetzt haben wir drei wunderbare Kinder.
Meine Freunde merkten, dass sich bei mir etwas getan hatte, besonders Antonio. Ich habe mich mit ihm getroffen, als ich zurück aus Frankreich war. Wir treffen uns oft, obwohl er jetzt als professioneller Dressurtrainer in Deutschland lebt. Bei einer dieser Begegnungen habe ich ihm gesagt, dass auch er sein Leben auf den Herrn ausrichten solle. Er war seit einem halben Jahr in einer Krise und fragte mich, wieso ich jetzt so glücklich bin. „Was ist Dein Geheimnis?“ Er ging das erste Mal nach langer Zeit beichten. Er kam mir ganz verwandelt vor. Der gestärkte Glaube hat ihm in unserer mondänen Reitwelt geholfen, froh von Christus Zeugnis zu geben. Das Foto von seiner Familie hier zeigt das.
Meine Berufung und die Krebsdiagnose
Der erste Enthusiasmus nach meiner eigenen Bekehrung hatte etwas nachgelassen. Die ungeordneten Gewohnheiten meines alten Lebens waren ja nicht von heute auf morgen weg. Ich spürte, ich brauchte mehr geistliche Unterstützung.
Damals erzählte mir ein Freund von den Glaubenskursen, die das Opus Dei anbietet. Nach den ersten Gesprächen mit Leuten vom Werk und einem Priester dort sah ich: Das ist es. Das ist meine Berufung. Hier bekomme ich die geistliche Hilfe, die ich brauche, um mitten in der Welt als Kind Gottes zu leben: um Gott zu finden im Familienleben, in der Arbeit, in der Hingabe an die Anderen.
2019 wurde bei mir ein Knochenmarktumor entdeckt. Mein erster Gedanke war: Wenn Christus für mich sein Leben hingegeben hat, warum soll ich nicht für ihn leiden? Ich wußte, daß, was immer passiert, es zu meinem Guten geschieht. Gott gab mir die Gnade, daß ich nie verzweifelte oder total frustriert war.
Wohl wurde mir nun bewußt, wie wertvoll das Leben ist. Die Krankheit und das Leiden vereinten mich mit Jesus. Ich konnte beten und Gott alles für meine Lieben aufopfern, für die Kirche und das Werk. Ich, der ich wenig bin und nie besonders großzügig war, habe jetzt viel aufzuopfern.
Starke Schmerzen - Jeden Tag die Kommunion
Mitten in der Covid-19 Pandemie wurde ich ins Portugiesische Krebsinstitut in Lissabon eingewiesen. Ich durfte keine Besuche bekommen. Aber ich lernte den Krankenhausseelsorger Vater Custodio kennen.
Ich bat ihn, mir jeden Tag die Kommunion zu bringen. Die Krankenschwestern wunderten sich etwas, daß sie ihn jeden Tag bei mir sahen. Ich war dankbar, denn ich wußte, daß er viel zu tun hatte.
Die Tage waren hart für mich. Ich hatte starke Schmerzen, eine komplizierte Therapie und eine Knochenmarktransfusion.
Aber ich hatte auch die ständige Liebe und Unterstützung meiner Frau Maria, meiner Familie, meiner Freunde und meiner Brüder im Opus Dei. Viele beteten für mich, ich spürte die Hand der Muttergottes.
Wenn man einer so heftigen Herausforderung begegnet ist und sagen kann, daß man glücklich, zutiefst glücklich ist, dann kann das niemand erklären, oder kann das ein Zeichen für die Gnade Gottes sein?