In 2000 Metern Höhe sahen wir die Mondfinsternis glasklar

Besser als jedes Erfolgsseminar: Ein Teilnehmer berichtet von der Pyrenäenfahrt 2018 der Jugendclubs Linie 15 aus Bonn und Feuerstein aus Köln. Mit dem Rad erklommen die Jugendlichen unter fachkundiger Führung den Tourmalet in den französischen Pyrenäen und machten viele andere Erfahrungen:

Beim Anstieg zum Col de Tourmalet, eine der schwierigsten Etappen der Tour de France

Zweieinhalb Wochen Fahrrad fahren, Gebet, Sport, Hitze und einen geregelten Tagesablauf, den die meisten sonst so gar nicht von ihren Ferien gewohnt sind. Dennoch hat sich eine Gruppe von insgesamt 24 Jungs, Studenten und junggebliebenen Erwachsenen gefunden, um genau dieses Abenteuer auf sich zu nehmen.

Das Team der Jugendclubs vor dem Start zum Portillon, der ersten Bergpass in den Pyrenäen

Das große Ziel, die challenge, war in diesem Jahr die Überquerung der Pyrenäen. Es galt, mit dem Fahrrad in fünf Etappen die schönsten Tour de France-Pässe zu bewältigen, um schließlich nach der Königsetappe, dem sog. Tourmalet, nach Lourdes zu gelangen. Dazu gehörte, sich Tag für Tag in den Ferien wohlgemerkt früh morgens aus dem Bett zu quälen, um dann die ein oder andere Passstraße zu überwinden.

Diese Darstellung der Ereignisse hat jedoch wenig mit der Realität zu tun. Denn tatsächlich gab es weder Jungs, die wenig motiviert waren, noch musste sich irgendjemand aus dem Bett quälen. Die unglaublichen Bergpanoramen einfach mit dem Wort „Passstraße“ zu beschreiben, wird außerdem der Schönheit dieser Bergwelt nicht einmal im Ansatz gerecht.

Die Philosophie, die sich hinter einer jeder solchen Fahrt verbirgt, lautet: Das Team braucht eine gemeinsame Herausforderung, um zu einer starken Gemeinschaft zusammenwachsen zu können. Das klingt in der Theorie natürlich wunderbar – doch wie zu diesem Ziel gelangen? In den vergangenen Jahren wurde stets das Erfolgskonzept „Fahrradtour“ für Clubfahrten dieser Art verwendet. Übers Fahrradfahren darf jeder sagen, was er will. Wenn jedoch der jüngste Teilnehmer der Tour mit seinen 13 Jahren als erster nach nur etwa 2 ½ Stunden die Passhöhe des Tourmalet auf 2115m erreicht hatte, obwohl sein Fahrrad wenige Wochen zuvor wahrscheinlich das erste Mal seit Jahren wieder Tageslicht gesehen hatte; wenn abends nach einer langen Etappe trotzdem niemand früh schlafen ging, weil er stattdessen lieber die Zeit mit den anderen verbringen wollte; oder als Highlight der Tour am Ende 18 Mal der Begriff das Team oder die Gemeinschaft fiel, dann zeigt sich, dass die Praxis die Theorie sogar noch übertreffen konnte.

Einladungsprospekt mit der Übersicht der Etappen

Die meisten unter uns erinnern sich wahrscheinlich dunkel an die Momente, in denen dieses Konzept eben nicht unbedingt aufging. In der Schule nannte man solche Projekte häufig. Nicht selten war das einzige Highlight solcher Tage jedoch das gemeinsame Mittagessen.

Es muss also etwas geben, was unsere Clubfahrten von all den herkömmlichen, bekannten Konzepten wie Klassengemeinschaftsstärkung in der Schule oder Teambildungsseminare in einem Unternehmen unterscheidet. Der Unterschied zeigt sich in vielen kleinen Dingen: zunächst einmal in der persönlichen Hingabe der Betreuer der Fahrt und schließlich auch jedes einzelnen Teilnehmers, nämlich in ihrer Bereitschaft für die anderen da zu sein, ihnen zu dienen. Dabei gab es neben den vielen kleinen oft unbemerkten Diensten vor allem einen Dienst, den jeder auf seine Weise umsetzte: Für gute Stimmung zu sorgen. Sei es durch das Kochen, durch gute Musik, durch gegenseitigen Zuspruch oder dadurch, dass man einfach mal die persönlichen Bedürfnisse etwas zurückstellte.

Daneben ist die Clubfahrt eine Gelegenheit für jeden einzelnen zu erkennen, was er alles mit seinem Leben anfangen kann. Der eine bemerkt vielleicht, dass aus einem Ferientag noch viel mehr rauszuholen ist als bloß Chillen, Zocken, Essen und Schlafen. Der andere entdeckt wahre Freundschaften. Wieder ein anderer erlebt, was gute Gemeinschaft auszeichnet. Was allerdings fast alle bewegt, sind die täglichen spirituellen Angebote, durch die diese persönlichen Entwicklungen vor Gott getragen werden können. Somit hat sich jeder auf seinen ganz individuellen Weg mit Gott begeben. Das trägt, verbindet und führt in eine gemeinschaftliche Tiefe – ein ganz besonderes Erfolgskonzept.

Die Fahrradtour war zwar der eigentliche Höhepunkt der Clubfahrt, gleichzeitig aber auch gerade einmal der Beginn eines Abenteuers. In Lourdes angekommen, setzten wir die Tour mit einer Wanderung im wunderschönen Nationalpark Gavarnie fort. Umgeben von atemberaubenden Gletschern, Wasserfällen und Bergpanoramen setzte der ein oder andere die Arbeit an seinem Sonnenbrand fort. Auch am nächsten Tag sollten wir weder vom Wetter noch von den Höhepunkten des Tages enttäuscht werden. Beim Besuch des Wallfahrtsortes konnten wir schließlich nicht nur die schweren Kanister voller Lourdeswasser, sondern vor allem auch die persönlichen Anliegen vor die Muttergottes tragen und ihr für eine wunderbare Fahrradtour danken.

Im Anschluss ging es weiter zum Wallfahrtsort Torreciudad. Wir übernachteten in El Poblado, einem Jugenddorf mit Pool, Fußball- und Tennisplätzen, klimatisierten (!) Kapellen und einem riesigen Stausee in der Nähe. Wir unternahmen eine Raftingtour, besuchten mehrfach den Wallfahrtsort, schwammen im See, sprangen von schwindelerregend hohen Klippen, spielten Fußball oder kamen einfach zur Ruhe.

Scheinbar war jedoch immer noch zu viel Tatendrang innerhalb der Gruppe vorhanden, sodass wir schließlich noch eine 2-tägige Bergwanderung in den Nationalpark von Ordesa unternahmen, um die wunderschöne Bergkette, die wir bereits von französischer Seite in Gavarnie bewundert hatten, nun auch von spanischer Seite zu durchqueren. Wir zelteten in einer unbeschreiblich schönen Umgebung und konnten, wie es der Zufall wollte, sogar die Jahrhundertmondfinsternis auf über 2000 Metern ohne störende Straßenlaternen genießen.

Im Nationalpark von Ordesa

Von Torreciudad aus fuhren wir zum Schluss weiter nach Barcelona, um die Clubfahrt in der wunderschönen alten Stadt ausklingen zu lassen. Es folgten zwei Tage, die wir fast ausschließlich im Auto und in Lyon während der Zwischenübernachtung verbrachten. Viel Zeit, um die Fahrt Revue passieren zu lassen und um über die Vielzahl unvergesslicher Momente nachzudenken.

Was bleibt, ist zunächst die Dankbarkeit für alle Erlebnisse, für neugewonnene Freundschaften und für jeden, der dabei gewesen ist. Mit ein wenig Abstand dann schließlich auch die Dankbarkeit für das Erlernte. Dankbarkeit für die Erfahrungen und Erkenntnisse, die kein Erfolgsseminar dieser Welt vermitteln kann.