Christus hinterlässt uns am Tag seiner Himmelfahrt die Freude

Ein Wunsch des Herrn war es, seinen Jüngern die innere Freude und einen tiefen Frieden zu hinterlassen, was seinen Ursprung in der Verbindung mit ihm hat. Gebet und Sakramente führen dort hin, aber auch die Erkenntnis der Wahrheit und der Glaube an das Geliebtsein durch ihn.

Der Philosoph Joseph Pieper hielt im Jahr 1947 empört in seinem Tagebuch fest: „Bei der Messe am Christi-Himmelfahrts-Tag, vorige Woche, wurde es versehentlich unterlassen, nach dem Evangelium die Osterkerze auszulöschen. Es wurde mir dabei wieder klar, wie gänzlich bedeutungslos hier eine Entschuldigung wäre.“

Seit der Liturgiereform brennen die Osterkerzen bis zum Pfingstfest, auch wenn – das feiern wir ja am Himmelfahrtstag – der Herr in seiner verklärten menschlichen Gestalt nicht mehr unter uns weilt, sondern beim Vater in der Ewigkeit ist. Er ist gegangen und doch bei uns geblieben. Er ist gegangen, aber er hat uns sein Testament hinterlassen. Das hohepriesterliche Gebet, aus dem die Kirche heute ein Stück vorlegt, ist gleichsam das Testament des Herrn. Er hat darin sein ganzes Leben zusammengefasst und in Gebet umgewandelt.[1]

Drei seiner Abschiedsworte können wir betrachten, darüber meditieren:

  1. Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast!
  2. Heilige sie in der Wahrheit!
  3. Ich bitte dich, dass sie meine Freude in Fülle in sich haben![2]

Da ist zuerst eine Bitte: „Vater, ich habe ihnen deinen Namen offenbart. Bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast.“ Wir fragen uns: Aber was ist das, was heißt das, welchen Namen hat er uns offenbart? Wenn wir einen Menschen mit Namen kennen, dann können wir ihn anrufen. Wir können den Namen sagen, und er fühlt sich angesprochen. Es entsteht Beziehung. Er ist kein Unbekannter mehr, sondern der Name schafft Beziehung. Und dies hat der Herr getan. Gott ist kein Unbekannter mehr, seitdem wir im Gesicht Jesu Christi das Gesicht Gottes selbst erkennen. Seitdem wir in seiner ganzen Gestalt, in seinem Leben, Leiden und Sterben sehen, wer und wie Gott ist, seitdem können wir Gott anreden, indem wir Christus anreden. Wir wenden uns ganz persönlich an Ihn: Hilf uns, dass Gott nicht aus unserem Blickfeld entschwindet! Hilf uns, dass wir Gott nicht verlieren, dass wir in der Beziehung zu ihm bleiben! Hilf uns, dass die Freundschaft mit Dir, Christus, bleibt, dass wir Dich immer mehr kennen! Hilf uns, dass wir die Kunst des Betens nicht verlernen!

Das zweite Wort ist vielleicht noch erstaunlicher: „Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit!“ Wie sollen wir das verstehen? Was meint Er damit? Das Wort „heiligen“ ist der alttestamentlichen Kultsprache entnommen. Es meint: für den Kult, für den persönlichen Umgang mit Gott fähig machen. Dazu gehörten im Alten Bund Bäder und Waschungen. Auch wir wollen uns fragen: Wieviel Schmutz sammelt sich in einer Familie, in jedem von uns, ein Jahr hindurch an. Und das müsste einmal weggemacht werden. Wieviel trennt uns voneinander und von Gott. Wieviel Schranken müssten überwunden werden. In der Coronazeit befolgen wir strikt die AHA – Regel. Covid 19 ist fast allgegenwärtig.

Hygiene ja – aber wie ist es um unsere seelische Hygiene bestellt? Wie sieht die Hygiene des Herzens bei mir aus? Herr hilf uns, die wahre Hygiene, die Hygiene des Herzens zu finden, durch die wir uns in der Wahrheit baden. Gib uns jenes Bad der Wahrheit, das uns wirklich von innen her gut macht, so dass Deine Schöpfungsidee in uns wieder durchleuchtet, etwas von Deiner Wärme und Güte wieder in uns sichtbar wird.

Lass uns erkennen, dass Du selbst der Ort der Versöhnung bist. Du gibst uns das Bad der Wahrheit und der Liebe, das den Menschen rein macht, ihn gottfähig macht.[3]

Wir fragen uns in der Stille des Herzens: Was habe ich seit Taufe und Firmung aus meiner christlichen Existenz gemacht? Und weil wir das neue Kleid, das er uns in der Taufe gegeben hat, ja immer wieder beschmutzen, gibt es das Versöhnungsfest der Buße, in dem Er wie beim verlorenen Sohn, die Lumpen, die wir tragen, den Schmutz, den Gestank der Sünde wegnimmt und das erste Kleid, das Kleid der Gotteskindschaft, zurückgibt.[4]

Und schließlich das letzte Wort, das wir kurz betrachten wollen: „Ich bitte dich“, sagt Jesus zum Vater, „dass sie meine Freude in Fülle in sich haben“. Der Herr bittet für uns um Freude! Ein paar Jahre nach der Himmelfahrt des Herrn schreibt der Apostel Paulus an die Philipper: „Freut euch … noch einmal sage ich freut euch.“[5]

Wenden wir uns an Ihn: Ja Du, Herr, sagst uns: Wenn ihr in meinem Namen bittet, dann bekommt ihr die Freude. Und wenn ihr die Freude habt, dann habt ihr alles; denn sie ist das Wesentliche; dann seid ihr erlöste Menschen. Wie geht das? Kann man sich auf Befehl freuen? Wie entsteht Freude?

  • Freude kann durch Erkenntnis kommen, und Freude kommt vor allem durch die Erfahrung der Liebe; durch das Wissen, geliebt zu sein und selbst lieben zu können. Freude kommt durch Erkenntnis. Auf die Bitte des Apostels Philippus: „Herr, zeige uns den Vater“, antwortet der Herr: „Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater?“[6]Er ist der Immanuel, der Gott mit uns. Durch Ihn kennen wir Gott, der Mensch geworden ist. Das ist Erkenntnis: Wahrheit, die uns froh macht, weil wir wissen, woher wir kommen und wohin es mit uns geht. Wir wissen, wer wir sind und wie wir leben sollen, und wie wir immer wieder versöhnt und gereinigt werden können.
  • Freude kommt vom Geliebt-Sein. Deswegen sagt Johannes in seinem ersten Brief: „Wir haben die Liebe erkannt und wir glauben der Liebe.“[7] Wer christlich lebt, sieht, dass am Ende, allem Anschein zuwider, doch nicht die Gewalt, die Brutalität, die Lüge, der Hass, das Ellenbogenprinzip die Welt beherrscht, sondern die Liebe, die die letzte Macht ist.

Welche Erkenntnis, welchen Vorsatz können wir aus unserer heutigen Meditation an Christi Himmelfahrt mit nach Pfingsten nehmen? Der Herr verspricht uns die Freude. Christentum ist nicht die Religion der Bequemlichkeit. Die Freude fällt uns nicht einfach zu. Aber die Bequemlichkeit und der schnelle Griff nach dem leicht erreichbaren Vergnügen, das ist auch nicht die wirkliche Freude. Sich freuen besteht häufig in der „alegría de rectificar“, wie es der hl. Josefmaria Escrivá auf den Punkt brachte: der Freude, den Kurs zu korrigieren.
Dr. Thomas Schauff

[1] J(oseph)R(atzinger)G(esammelte)S(chriften) 14/1, S. 547 ff

[2] Vgl. Joh 17,6ff

[3] Vgl. JRGS aaO.

[4] Vgl. ebenda

[5] Vgl. Phil 4

[6] Joh 14,9

[7] Joh 4,16