Zur Priesterweihe der Diakone der Prälatur

Predigt von Bischof Javier Echevarria, Prälat des Opus Dei, zur Priesterweihe von 26 Diakone des Opus Dei am 31. Mai 2003, am Fest Christi Himmelfahrt.

Liebe Brüder und Schwestern, geliebte Diakone!

1. Wir feiern heute Christi Himmelfahrt, ein Fest besonderer Freude, das uns erlaubt Jesus Christus, der unter dem freudenreichen Jubel der Engelscharen in den Himmel emporsteigt, zu betrachten. Auch wir, Mitglieder des mystischen Leibes Christi, der Kirche, leben in der Hoffnung, uns eines Tages mit Ihm in der Herrlichkeit vereinen zu können(1). Diese Gewissheit lindert etwas den leicht wehmütigen Beigeschmack des heutigen Festes. Auch die Apostel, als sie der entgültigen physischen Trennung von Jesus gewahr wurden, nachdem sie drei Jahre an seiner Seite verbracht hatten, blieben ratlos stehen. Mit Ihrem Blick fest auf den Herrn gerichtet, der gen Himmel stieg, standen sie dort bis ihnen Engel diese Frage stellten: “Ihr Männer von Galiläa, was steht Ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von Euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie Ihr Ihn habt zum Himmel hingehen sehen”(2). “Dann kehrten die Apostel mit großer Freude nach Jerusalem zurück”(3).

Jesus ist weiterhin unter uns in verschiedenen Formen durch die Kraft des heiligen Geistes, bis zu seiner glorreichen Rückkehr auf die Erde. Das zweite Vatikanische Konzil lehrt, dass der Herr "Gegenwärtig ist (...) mit seiner Kraft in den Sakramenten, so dass, wenn immer einer tauft, Christus selber tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er schließlich, wenn die Kirche betet und singt, er, der versprochen hat: 'Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen' (Mt 18,20)” (4). Und Er ist an erster Stelle gegenwärtig "im Opfer der Messe sowohl in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht(...), wie vor allem unter den eucharistischen Gestalten" (5). Auf diese sakramentale Realpräsenz möchte ich kurz eingehen, um die Bedeutung dieser liturgischen Feier, in der eine Gruppe von Diakonen der Prälatur ihre priesterliche Weihe erhalten werden, näher zu erörtern.

2. Die soeben erschienene Enzyklika von Johannes Paul II. über die heilige Eucharistie betont ganz besonderes einen zentralen Punkt der katholischen Lehre: “Wenn die Kirche die heilige Eucharistie, das Gedenken des Todes und der Auferstehung ihres Herrn, feiert, wird dieses zentrale Geheimnis des Heils wirklich gegenwärtig (...). Dieses Opfer ist für die Erlösung des Menschengeschlechtes so entscheidend, dass Jesus Christus es erfüllt hat und erst dann zum Herrn zurückgekehrt ist, nachdem er uns das Mittel hinterlassen hat, daran teilzunehmen, als ob wir dabei anwesend gewesen wären" (6).

Wenn wir die tiefe Bedeutung dieser Worte betrachten und in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen versuchen, dann merken wir, dass es sich um etwas wirklich Beeindruckendes handelt. Wir haben die Apostel um nichts zu beneiden: auch wir, Männer und Frauen des 21. Jahrhunderts, treten in direkten Kontakt mit dem Tod und der Auferstehung des Herrn, wenn wir mit lebendigem Glauben und aufrichtiger Frömmigkeit an der heiligen Messe teilnehmen. Die erlösende Handlung des menschgewordenen Wortes, vor zweitausend Jahren geschehen, erlöste uns von der Sünde und machte aus uns Kinder Gottes. Ebendiese Handlung wird sakramental gegenwärtig im heiligen Meßopfer. So bestätigte es der heilige Josefmaria: “die heilige Messe ist ein wirkliches, aktuell gegenwärtiges Sühnopfer". Und weil es ein aktuell gegenwärtiges und ein wirkliches Opfer ist, sollten wir uns jeden Tag mehr anstrengen, uns in ihn hineinzuversetzen, um mehr und mehr unseren Alltag in eine heilige, reine und unbefleckte Gabe an Gott Vater, mit Christus und im heiligen Geist, zu verwandeln. Und weil es ein Sühnopfer ist, müssen uns unsere Nachlässigkeiten schmerzen, die vielen Gelegenheiten, in denen wir es nicht verstanden haben, die Heilige Messe zum Mittelpunkt unseres Lebens gemacht zu haben.

Unsere Dankbarkeit gegenüber Jesus Christus für dieses unschätzbare Geschenk wird immer unzureichend sein. Der Papst ruft uns in Erinnerung, wir müßten immer "in Anbetung vor dieses Geheimnis begeben: das große Geheimnis, das Geheimnis der Barmherzigkeit. Was hätte Jesus noch mehr für uns tun können? Wahrhaftig, in der Eucharistie zeigt er uns eine Liebe, die bis 'zur Vollendung' (vgl. Joh 13, 1) geht, eine Liebe, die kein Maß kennt" (7).

Jesus Christus hat das Sakrament der Priesterweihe eingesetzt, gerade um die wirkliche und aktuelle Gegenwart des Kreuzesopfers in der Welt bis zum Ende der Zeiten sicherzustellen. Durch dieses Sakramentes wählt, weiht und sendet der Herr einige Männer, damit sie ihn sichtbar vor allen Menschen vertreten. Wenn sie das Wort Gottes predigen oder die Sakramente spenden, dann handeln die Priester in persona Christi. Wie der heilige Vater schreibt "bedeutet in persona Christi mehr als nur 'im Namen' oder 'in Stellvertretung' Jesu Christi. In persona, d.h. in der spezifischen, sakramentalen Identifizierung mit dem ewigen Hohenpriester, der Urheber und hauptsächliches Subjekt dieses seines eigenen Opfers ist, bei dem er in Wahrheit von niemandem ersetzt werden kann" (8).

Die Priester sind lebendige Instrumente der heiligen Menschheit des Herrn. Er ist es, der vom Himmel aus durch sie wirkt, besonders in der Heiligen Messe und in der Beichte. Dem heiligen Josefmaria gefiel es, diese Wirklichkeit zu betrachten. Hier einer seiner Gedanken: "Ich komme vor den Altar und das erste was ich denke ist: Josefmaria, Du bist nicht Josefmaria (...): Du bist Christus. Alle Priester sind Christus. Ich leihe dem Herrn meine Stimme, meine Hände, meinen Körper, meine Seele: ich gebe Ihm alles hin. Er ist es, der sagt: das ist mein Körper, das ist mein Blut, Er ist es, der konsekriert. Sonst könnte ich es nicht vollziehen. Darin erneuert sich, in unblutiger Weise, das göttliche Opfer des Kalvarienberges. So dass ich dort in persona Christi stehe, als wäre ich Christus selbst. Der Priester verschwindet als konkrete Person" (9).

3. Ich richte mich jetzt an Euch, meine Söhne, die Diakone. In den Sitzungen, die wir in den Monaten der Vorbereitung auf das Priesteramt abgehalten haben, habe ich Euch über unseren Vater als Vorbild einer vollkommen priesterlichen Existenz gesprochen. Ihr kennt viele Einzelheiten seines Lebens, die Euch dienen sollen, sein faszinierendes Beispiel priesterlichen Verhaltens in Eure Seelen einzubrennen, und Euch in treue Instrumente des Herrn im Werk der Heiligung der Seelen zu verwandeln.

Ich möchte Euch jetzt eine dieser wesentlichen Eigenschaften in Erinnerung rufen, die eng mit Eurer Sendung, sichtbare Vertreter Christi - Priester, Lehrer und Hirt - zu sein, verbunden ist. Ich meine die Notwendigkeit in jedem Augenblick ein lebendiges Ebenbild des Herrn zu sein, damit die Gläubigen – während sie Euch sehen, Eure Ermahnungen hören, Euer Verhalten betrachten – das heilige und barmherzige Anlitz des Erlösers entdecken.

Ich wiederhole es Euch mit den Worten des heiligen Josefmaria: der Priester muss lernen, der Gegenwart des Herrn in ihm nicht im Wege stehen, besonders in den Augenblicken in denen er das Opfer des Leibes und des Blutes vollzieht, und wenn er in Gottes Namen in der sakramentalen und geheimen Ohrenbeichte die Sünden vergibt. Die Spendung dieser beiden Sakramente ist für die Sendung des Priesters so wesentlich, dass alles andere sich diesen beiden Tätigkeiten unterzuordnen hat (10). Das Ziel ist hoch, gewiss, aber nicht unerreichbar, weil der Herr Euch seine Gnade im Überfluß gewährt. Diese Sicherheit wird Euch auch einen unbeirrbaren Frieden geben. Betrachtet die Lehre des heiligen Gregor von Nyssa in Bezug auf das Priestertum: “Gestern und vorgestern war er einer des Volkes; mit einem Mal erscheint er als Anführer, Lehrer, Meister der Frömmigkeit, Verwalter der heiligen Geheimnisse. Das alles verwirklicht sich ohne das sich sein körperlicher Anschein und sein äußeres Wesen sich verändert haben. Offensichtlich ist er der gleiche geblieben, aber durch eine unsichtbare Kraft, durch eine spezifische Gnade, ist seine Seele in eine bessere verwandelt worden” (11). Ihr baut zusätzlich auf eine fundierte wissenschaftliche und spirituelle Ausbildung auf und was viel wichtiger ist, auf das Gebet von Millionen von Menschen.

Es ist nur natürlich, dass wir alle spontan den guten Hirten bitten, er möge seiner Kirche viele heilige Priester schicken. An erster Stelle bitten wir für den Papst, der großzügig seine Kraft in den Dienst der Kirche und der ganzen Menschheit stellt. Für den Vikar von Rom, die Bischöfe und alle anderen geweihten Amtsträger. Und Ihr, Eltern und Geschwister dieser neuen Priester, dankt dem Herrn für die Zärtlichkeit, mit der er Eure Familien auserwählt hat: versucht dieser Auserwählung durch die Erneuerung Eures christlichen Lebens zu entsprechen. Meinen herzlichen Glückwunsch Euch allen!

Die Mutter Gottes war auf einzigartige Weise mit dem Opfer des Kreuzes verbunden. Auf dem Kalvarienberg erhielt sie durch die Person des heiligen Johannes die Augabe der Mutterschaft für alle Jünger ihres Sohnes und in besonderer Weise für die Priester. Sie hat sich “durch ihr ganzes Leben an der Seite Christi, und nicht nur auf Golgotha, den Opferckarakter der Eucharistie zu eigen gemacht" (12). Wenn wir Ihr mit der Frömmigkeit eines Kindes begegnen, den Rosenkranz gut beten, die Geheimnisse betrachtend, besonders in diesem Jahr, das dem Rosenkranz gewidmet ist, dann – so der heilige Vater – werden wir in die Schule Mariens, der “eucharistische” Mutter , mehr und mehr in der Liebe zu Gott und zu den anderen durch Gott voranschreiten So sei es!

(1) Eingangsgebet.

(2) Erste Lesung (Apg 1, 11).

(3) Lk 24, 52.

(4) II Vatikanisches Konzil, Const. Sacrosanctum Concilium, Nr. 7.

(5) Ebd.

(6) Johannes Paul II., aus der Enz.. Ecclesia de Eucharistia, 17. April 2003, Nr. 11.

(7) ebd.

(8) Johannes Paul II., aus dem apost. Schreiben Dominicæ cenæ, 24. Februar 1980, Nr. 8.

(9) Heiliger Josefmaria, Notizen aus der Predigt vom 10. Mai 1974.

(10) Heiliger Josefmaria, Homilie Priester für die Ewigkeit, 13. April 1973.

(11) Heiliger Gregor von Nyssa, Homilie der Taufe Christi.

(12) Johannes Paul II., Litt. enc. Ecclesia de Eucharistia, 17. April 2003, Nr. 56.