Junge Menschen produzieren Podcast als Gebetshilfe

Beten ist eine Herausforderung. Eine Gruppe junger Menschen hat das erkannt und eine Lösung gefunden.

Die Gruppe während des Rhetorik-Seminars

Mit einem Mikrofon sitzt Konstantin an seinem Schreibtisch, vor sich ein Manuskript mit einem ausformulierten Text. Etwa zwei Seiten hat der Medizinstudent geschrieben und räuspert sich noch einmal, bevor er die Aufnahme beginnt. Seine Stimme ist ruhig, man spürt, dass er von seinen Worten überzeugt ist. Bewegend erzählt er von Dieter Bohlen, der mit seinen Kindern betet. Eine Anekdote zum Einstieg, die ihn offensichtlich selbst berührt hat. Zum Ende bittet er die Gottesmutter Maria, den heiligen Josef und seinen Schutzengel um Beistand, damit dieses Gebet, das er im Anschluss veröffentlichen wird, auch seine Wirkung entfalten kann. Nachdem er fertig ist, grinst er erleichtert: „Hoffentlich lachen die Leute nicht die ganze Zeit, weil ich über Bohlen gesprochen habe.“

Der Mensch öffnet sich im Gebet für Gott – was nicht jedem leichtfällt

Im Gebet öffnet der Mensch sein Herz für die Gedanken Gottes. Die Gedanken zu hören ist die eigentliche Herausforderung. Im Lärm und der Hektik des Lebens gehen diese Zwischentöne unter. Und wenn man zur Ruhe kommt, kreisen die Gedanken und sind überall, aber nicht auf den fokussiert, auf den es ankommt: Jesus Christus.

Geschwindigkeit und Geräuschpegel des Lebens sind nur zwei Schwierigkeiten. Mangelnde Praxis, ungeübte Lehrer oder eine verlorene Beziehung zu Gott gehören ebenso dazu. Eine Hilfestellung der neuen Art müsste her, um gerade jungen Menschen eine Möglichkeit zum Gebet zu eröffnen.

Internationales Projekt in deutschem Sprachraum adaptiert

Das dachten sich auch die jungen Priester Daniel Sluminsky und Nicolas Massmann aus Köln. Sie hatten von einer Idee aus Spanien gehört, kurze Betrachtungstexte über die üblichen Podcast-Kanäle zu verbreiten. Somit konnte jeder sie auf dem Weg zur Arbeit, beim Sport oder auch in der Stille einer Kirche anhören. Verschiedene Sprecher wurden gewonnen. Mittlerweile gibt es einen Ableger auf Portugiesisch, Französisch und Englisch. Zehn Minuten lang waren die Texte auf Spanisch – eine gute Länge für einen Einstieg und eine Hilfe für das Thema des täglichen Gebets. Denn auch das dürfte vielen Menschen so ergehen: Wenn der Einstieg ins Gebet geschafft ist, läuft es bedeutend leichter. Die Sammlung der Gedanken auf einen Aspekt des Lebens Jesu, auf eine Situation des Evangeliums, auf eine Begebenheit des eigenen Lebens – schon entwickelt sich das Gebet organisch wie ein Gebirgsbach, der sich sein Bett bahnt.

Wie der Name „Zehn Minuten mit Jesus“ entstand

Da nun dieser Tage praktisch jeder einen Podcast betreibt, konnte das wohl so schwer nicht sein. Ein bisschen Technik wurde beschafft, ein Kalender eingerichtet und schon bald hatte sich ein Team aus Priestern den Monat aufgeteilt. Das Evangelium aus der Messe des Tages sollte als Basis dienen und es sollte nicht zu altbacken daherkommen – das waren die einzigen Vorgaben. Und natürlich die Länge: möglichst genau zehn Minuten. Daher auch der Name, im Spanischen wie im Deutschen: 10 Minuten mit Jesus. Eigentlich nur die bessere Formulierung für „10 Minuten Gebet“: Denn Gebet ist nichts anderes als eine exklusive Zeit mit Jesus.

Das Team wurde mit jungen Menschen, die beten, erweitert

Seit dem vergangenen Sommer sind neben den Priestern auch Studenten und junge Erwachsene am Mikrofon, die die täglichen Gebetsimpulse mit ihrer eigenen Perspektive bereichern. „Wir wollten den Fokus von der hohen Theologie hin zur Gebetspraxis der Jugend verschieben“, beschreibt Daniel Sluminsky die Entwicklung. Da sich ihre Podcast-Reihe vor allem an junge Menschen richten sollte, die noch nicht beten oder es damit schwer haben, konnte so die direkte Ansprache durch Gleichaltrige eine lebensnahe Wirklichkeit noch besser im Gebet abbilden. Junge Menschen beten mit jungen Menschen und teilen ihre Sorgen und Nöte, ihre Begegnungen und ihre Erfolge, die sie mit Jesus erlebt haben. So kommen täglich kleine Anekdoten aus dem Leben in den Gebeten vor. Und eines fällt auf: Fast immer wird Jesus geduzt. Über ihn wird nicht in der dritten Person gesprochen, als würden theologische Erkenntnisse referiert. Er steht in der Mitte, um ihn versammelt sich die Gemeinde im Gebet und die jungen Leute leihen ihre Stimme.

Ein Rhetoriktraining war der Kick-Off für inzwischen 20 Sprecher

Das Team ist bunt gemischt: Frauen und Männer, verschiedene Studiendisziplinen und Berufe, verteilt über Deutschland. Die Leitung liegt bei Blanca (31), einer Betriebswirtin, Jorge (27), der ebenfalls BWL studiert hat, Elena aus Erfurt und Saskia (24), einer Ärztin aus Köln. Unter den Studenten sind weitere Fachrichtungen vertreten. Insgesamt gehören 20 Personen zum Team. Theologe ist keiner von ihnen. Als Auftakt veranstalteten sie einen Studientag mit dem Rhetorik-Trainer Professor Albert Gil, um das freie Sprechen und verschiedene Techniken der Bildsprache einzuüben, damit Erlebnisse, die ins Gebet gebracht werden sollen, auch ansprechend vorgetragen werden.

1000 Aufrufe kommen auf verschiedenen Portalen zusammen

Wie es der Hl. John Henry Newman sagte: Hier soll man wirklich von Herz zu Herz sprechen. Oder eigentlich: Herz zu Herz zu Herz. Denn die Gebete der jungen Menschen und auch der Priester, die sich die Wochentage aufteilen, gehen oft genug richtig zu Herzen. Den Glauben und das Ringen zu hören und mit ihnen zu jubeln und zu leiden, ist eine Inspiration für viele geworden. Bis zu 1.000 Aufrufe erreichen die einzelnen Folgen auf den verschiedenen Podcast-Portalen. An ihrem Gebet Anteil zu nehmen und es auch zum eigenen werden zu lassen, bereichert den eigenen Glaubensschatz. Die Resonanz gibt ihnen Recht: „Es schreiben uns Menschen, wie sie an unterschiedlichsten Orten mit Hilfe der Podcasts beten und so einen Zugang zu ihrem Glauben finden“, sagt Blanca.