Die österliche Freude dauert an – wenn wir dazu bereit sind und dies wollen …

Wenn wir auf die beiden Apostel Petrus und Johannes blicken, die im Evangelium des dritten Ostersonntags – neben dem Auferstandenen – im Mittelpunkt stehen, lässt sich ahnen, wie deren österliche Freude andauert – trotz aller Unterschiede der Charaktere.

Dritter Sonntag der Osterzeit – der Auferstandene erscheint seinen Jüngern zum dritten Mal. Drei Personen stehen im Mittelpunkt: der auferstandene Herr, Johannes und Petrus. Drei Mal fragt der Herr den Petrus: Liebst du mich?

Wir wissen gar nicht, wo wir mit dem Meditieren anfangen sollen! Auf jeden Fall wünschen wir uns und bitten den Herrn, dass unsere österliche Freude andauert, und sagen Ihm, dass wir bereit sein wollen für seine Einladung, Ihm zu vertrauen und an Ihn zu glauben.

Ungeachtet der Verfasserfrage ist das 21. Kapitel des Johannes-Evangeliums kanonisch und inspiriert. Vielleicht hat ein Schüler aus dem Kreis des Apostels Johannes dessen Berichte zusammengefasst und an das 20. Kapitel angefügt. So würde sich auch die Charakterisierung erklären „der Jünger, den Jesus liebte“ – die Demut hätte es sicher dem Apostel untersagt, das von sich selbst zu schreiben.

Was das Evangelium von heute berichtet

In drei kurzen Passagen des langen Evangeliums wollen wir auf den Auferstandenen, Petrus und Johannes achten:

„Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es. Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! …

Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt! Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht. Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? …

Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! … Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!“

Das Brot verweist auch auf die Eucharistie

Wir staunen nicht schlecht: Christus fragt zunächst die Jünger, ob sie etwas zu essen haben, und da sie ihm mit „Nein!“ antworten, schickt er sie auf den See hinaus. Als sie dann aber mit der Gabe zurückkommen, da bedarf er ihrer nicht mehr, sondern das Frühstück ist schon bereitet - Brot und Fisch. Das Brot ist Bild der Morgengabe der Ewigkeit, die der Herr uns in dieser Zeit gibt. Denn das Brot verweist auf das Weizenkorn, auf ihn selber, der für uns zum Weizenkorn geworden ist und in der hundertfachen Frucht der Eucharistie Brot für alle Zeiten wurde. Als die Jünger kommen, ist das Frühstück schon bereitet. Das zeigt uns, dass alles Gnade und Geschenk ist. Aber bevor wir es bekommen, müssen wir umkehren, müssen wir auf das Wort des Herrn hin das Leben wagen, Seinen Weg gehen. Nur Er kann unseren Hunger stillen.[1]

Der Mensch hungert nach Gott

Aber so scheint es uns: Ist das nicht nur ein frommer Gedanke? Hungert die Welt denn nach dieser Gabe? Ja, auf jeden Fall, denn der Mensch hungert nach mehr, als die Welt ihm geben kann! Mit einer traurigen Bemerkung des konsequenten Atheisten J. P. Sartre wollen wir still werden und um lebendigen Glauben für uns und alle, die wir kennen, bitten. „Seitdem ich weiß, dass es keinen Gott gibt, ist das ganze Leben und die ganze Welt für mich wie eine eklige Marmelade, überall letzten Endes nichts.“ (Sartre, Der Ekel) Traurig, aber wahr!

Ja, Herr, wir haben ein unstillbares Verlangen nach Glück, das nur Du stillen kannst, ohne dass wir übersättigt würden. Wir alle, jeder Mensch in seiner unaustauschbaren individuellen Persönlichkeit sucht nach Glück. Wenn wir doch erkennen würden, dass Du der Weg und die Wahrheit und das Leben bist, dass keiner zum Vater kommt – d.h. das Glück findet, für das er geschaffen ist – außer durch Dich!

Die unterschiedlichen Charaktere der beiden Apostel

Petrus und Johannes sind von sehr verschiedenem Temperament. Petrus ist sprunghaft, rasch entschlossen, initiativ, aber auch rasch wieder seine Meinung ändernd, wechselnd. Johannes hat verborgenes Feuer, ist besinnlicher, stiller, kontemplativer. Und doch waren diese beiden Jünger vielleicht gerade deswegen besonders miteinander befreundet und verbunden. Vielleicht hat der Apostelschüler und Verfasser des 21. Kapitels des Johannes-Evangeliums deswegen diesen Bericht angefügt. In den ersten Gemeinden des Urchristentums war wohl das Gerede entstanden, der greise Johannes werde überhaupt nicht sterben, bevor der Herr kommt. Außerdem wurde da und dort Johannes gegen Petrus ausgespielt. Die orientalischen Gemeinden hielten sich mehr an ein mystisch-johanneisches Christentum, während in Rom das Petrus-Christentum mit Amt, Institution und Ordnung als vorrangig galt.[2]

Das Amt kommt von Christus, die Sünde von Petrus als Person

Doch da fragen wir uns: kann ein Mensch mit einer solchen Vergangenheit wie Petrus – dreimal hatte er seinen Herrn und Meister verleugnet – Fels der Kirche sein? Welcher Vorstandsvorsitzende eines modernen multinationalen Unternehmens, könnte sich nach einem solchen Fauxpas noch halten? Dreimal fragt ihn Jesus: Liebst du mich? Petrus versteht und wird traurig … und uns gibt das zu denken:

Nimmt die Sünde die amtliche Vollmacht? Anders formuliert: Ist die amtliche Vollmacht von der Heiligkeit des Trägers abhängig? Hier erhalten wir die Antwort auf eine topaktuelle Frage. Petrus hat das Amt nicht verloren, das verheißende Wort Jesu geht in Erfüllung. Er überträgt ihm trotz dreimaliger Verleugnung in feierlicher Form das Amt der obersten Leitung. Petrus wird der oberste sichtbare Hirte der Herde Christi. Die dreifache Wiederholung hat die moralische Bedeutung, dass sie Petrus an seinen dreifachen Fall erinnert. So versteht er es auch und wird traurig. Aber er tut für seinen Fall Buße, die Buße der Liebe. Das Amt wird ihm also gegeben trotz seiner Schwäche und Sündhaftigkeit.[3]

Mit den Augen der Liebe und der Tatkraft des Glaubens

Wir führen uns in der Gegenwart des Herrn vor Augen: Mit einer Liebe, wie sie Johannes zeigte – er ist der Erste, der erkennt: es ist der Herr – und dem tatkräftigen Glauben eines Petrus – als er das hörte, sprang er in den See und schwimmt die 90 Meter bis zum Ufer, um möglichst schnell bei Jesus zu sein - , wie weit könnten wir damit kommen?

„Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!“ Dieses Wort Jesu lässt den hl. Augustinus fragen: „Warum aber sagt er dem Petrus: "Folge mir nach!" und nicht den übrigen, die auch dabeistanden und die ihm gefolgt waren wie die Schüler einem Lehrer? Wenn es sich aber auf den gewaltsamen Tod [des Petrus] bezieht: War er etwa der einzige, der für die christliche Wahrheit gelitten hat? Jakobus stand doch mit dabei, der, wie es heißt, von Herodes hingerichtet wurde. Man mag einwenden“, dass Jakobus nicht gekreuzigt wurde, und dass darum dem Petrus zu Recht gesagt wurde: "Folge mir!", denn er hat nicht allein den Tod, sondern auch den Kreuzestod wie Christus erfahren.[4]

Petrus und Johannes sagen „Ja“ zu Gottes Willen

So sind die Schicksale der Jünger verschieden. Petrus geht nach Rom und stirbt für seinen Herrn am Kreuz. Johannes bleibt im Osten, erlebt die großen Verfolgungen, schreibt Evangelium und Apokalypse[5], stirbt aber eines natürlichen Todes. Entscheidend ist der Wille Gottes, der dem einen diesen, dem andern jenen Lebensweg bestimmt. Der Mensch soll bereit sein, zum Willen Gottes das Ja-Wort zu sprechen, wie immer er sein mag.

Wie beeindruckend sind doch gerade die Verschiedenheit und letztlich doch Einheit der Apostel Petrus und Johannes: Initiative und Besinnlichkeit, Amt und Geist, sorgende Mühe und betende Liebe, Aktion und Kontemplation, Martyrium des Blutes und Martyrium des Herzens ergänzen sich und gehören zusammen.[6] Und ich und wir und jeder einzelne von uns? Was heißt das für uns?

Wie viele Wege zu Gott gibt es, wird Josef Kardinal Ratzinger einmal in einem Interview gefragt. So viele, wie es Menschen gebe, antwortet er. Und doch bleibt es dabei: es gibt nur einen, der der Weg und die Wahrheit und das Leben ist. Für die Nachfolge Christi gibt es keine wiederverwendbare Schablone und auch keine geistige Uniform.

Es gibt kein Null-acht-fünfzehn-Christentum!

Gerade die Verschiedenartigkeit der Wege und Schicksale bei der gleichen Gesinnungsrichtung auf Christus hin ist Verherrlichung Gottes und spiegelt die Fülle und den Reichtum Gottes in der Vielheit menschlicher Formen und Möglichkeiten.

Jeder muss den Weg gehen, den Gott ihm zeigt und soll dabei nicht auf andere schauen, sondern auf Gott, der allein der Wählende und Bestimmende ist.[7] Welchen Weg, Herr, hast Du mir bestimmt. Welchen Weg soll ich aus freien Stücken gehen, um zum Vater zu gelangen?

Bitten wir den Heiligen Geist: Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn, kann nichts heil sein noch gesund. Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben ein, heile du, wo Krankheit quält. Wärme du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, lenke, was den Weg verfehlt. Gib dem Volk, das dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit. Lass es in der Zeit bestehn, deines Heils Vollendung sehn und der Freuden Ewigkeit. Amen

Dr. Thomas Schauff, Köln

[1] Vgl. Ratzinger Primizpredigt 1976

[2] Vgl. Gutzwiller, Meditationen über Johannes

[3] Vgl. ebenda

[4] Augustinus, Tract. 124

[5] Die johanneische Frage ist nicht Gegenstand dieser Meditation.

[6] Vgl. Gutzwiller, Meditationen über Johannes

[7] Vgl. ebenda