Etwas Großes, das Liebe ist (IV): Noch mehr Vater und Mutter sein

Die Sendung der Eltern beschränkt sich nicht auf die Annahme der Kinder, die Gott ihnen schenkt: Sie dauert ein Leben lang und hat den Himmel als Horizont.

Die Mutter des Jakobus und Johannes nähert sich Jesus. Sie hat großes Vertrauen in ihn. Aufgrund ihrer äußeren Haltung ahnt der Herr, dass sie ein Anliegen hat, und fragt sie direkt: „Was willst du?“ Sie antwortet ohne Umschweife: „Versprich, dass meine beiden Söhne in deinem Reich rechts und links neben dir sitzen dürfen“ ( Mt 20,21). Jesus dürfte angesichts der überschwänglichen Bitte dieser Mutter gelächelt haben. Irgendwann würde er ihr noch etwas Kühneres gewähren als das, wovon sie für ihre Söhne geträumt hat. Er gab ihnen einen Platz in seinem Herzen und eine universale und ewige Sendung.

In der Familie lernen wir beten, mit Worten, die wir für den Rest unseres Lebens weiterhin verwenden werden

Die Kirche, die damals gerade ihre ersten Schritte machte, erlebt heute einen neuen apostolischen Boom. Durch die jüngst regierenden römischen Oberhirten führt der Herr sie zu einer „sich selber stets erneuernden Evangelisierung“ i, einem stark ausgeprägten Merkmal am Übergang vom zweiten ins dritte Jahrtausend. Und in diesem Abenteuer ist die Familie nicht passives Subjekt, sondern ganz im Gegenteil Vorreiterin: Mütter, Väter, Großmütter stehen bei der Evangelisierung an vorderster Front. Die Familie ist in Wirklichkeit „der erste Ort, an dem die Liebe Gottes in unser Leben tritt, und zwar weit über das hinaus, was wir selbst tun oder unterlassen können.“ ii In der Familie lernen wir beten, mit Worten, die wir für den Rest unseres Lebens weiterhin verwenden werden; in der Familie nimmt die Art und Weise, wie die Kinder auf Welt, Menschen und Dinge blicken, Form an. iii Die Familie ist daher gerufen, das geeignete Klima und die gute Erde zu sein, wo Gott seinen Samen ausstreuen kann, sodass derjenige, der das Wort hört und versteht, Frucht bringt und zwar hundertfach, sechzigfach, dreißigfach (cfr. Mt 13,23).

Eltern von Heiligen

Der hl. Josefmaria war ein junger Priester, als ihm Gott das immense Panorama der Heiligkeit eröffnete, das das Opus Dei in der Welt aussäen sollte. Er erachtete seine Sendung als eine Aufgabe, die er nicht aufschieben durfte, und bat seinen geistlichen Leiter, ihm zu erlauben, bei Gebet und Buße zuzulegen. Wie um diese Anforderungen zu rechtfertigen, schrieb er ihm: „Sehen Sie, Gott bittet mich darum, und außerdem muss ich ein Heiliger und ein Vater werden, Lehrer und Führer von Heiligen.“ iv Das sind Worte, die sich gewissermaßen auf jede Mutter und jeden Vater anwenden lassen, denn Heiligkeit ist nur echt, wenn sie sich mitteilt und ihr Umfeld erhellt. Wenn wir daher nach der wahren Heiligkeit streben, ist jeder von uns gerufen, zu einem „Heiligen und Vater, Lehrer und Führer von Heiligen“ zu werden.

Schon sehr früh sprach der hl. Josefmaria von der „Berufung zur Ehe“ v. Er wusste, dass der Ausdruck überraschte, war aber überzeugt, dass die Ehe ein wahrer Weg der Heiligkeit und die eheliche Liebe Gott sehr wertvoll ist. Gerne griff er zu einem kühnen Bild: „Ich segne diese Liebe mit beiden Händen. Und auf die Frage, weshalb ich sie mit beiden Händen segne, habe ich immer sofort geantwortet: Weil ich nicht vier Hände habe.“ vi

Die Sendung der Eltern beschränkt sich nicht auf die Annahme der Kinder, die Gott ihnen schenkt: Sie dauert ein Leben lang und hat den Himmel als Horizont. Auch wenn die Zuneigung der Eltern zu den Kindern manchmal brüchig und unvollkommen erscheinen kann, ist das Band der Vater- und Mutterschaft etwas so Tiefverwurzeltes, dass es eine unbegrenzte Hingabe ermöglicht: Jede Mutter würde mit ihrem Kind, das in einem Krankenbett leidet, sofort tauschen.

Die Heilige Schrift ist voll von Müttern und Vätern, die sich durch die Kinder, die Gott ihnen geschenkt hat, privilegiert und stolz fühlen. Abraham und Sarah; die Mutter von Mose; Anna, die Mutter von Samuel; die Mutter der sieben Makkabäerbrüder; die Kanaanäerin, die Jesus um Hilfe für ihre Tochter bittet; die Witwe von Naim; Elisabeth und Zacharias; und vor allem die Jungfrau Maria und der hl. Josef. Sie sind Fürsprecher, denen wir uns anvertrauen können, damit sie sich unserer Familien annehmen, damit diese Vorreiter einer neuen Generation von heiligen Männern und Frauen werden.

Es ist nicht zu übersehen, dass die Mutter- und Vaterschaft zutiefst mit Kreuz und Schmerz verbunden sind. Neben großen Freuden und Befriedigungen bringt der Reifungs- und Wachstumsprozess der Kinder kleinere und manchmal nicht so kleine Schwierigkeiten mit sich: schlaflose Nächte, jugendliche Rebellionen, schwierige Arbeitssuche, die Wahl des Lebenspartners und so weiter.

Besonders schmerzlich ist zu erleben, wenn die Kinder falsche Entscheidungen treffen und sich von der Kirche entfernen. Die Eltern haben versucht, sie im Glauben zu erziehen und ihnen die Attraktivität des christlichen Lebens aufzuzeigen. Und sie denken vielleicht: Was haben wir falsch gemacht? Es ist normal, dass sich diese Frage stellt, man sollte sich von ihr jedoch nicht quälen lassen. Die Eltern sind zweifellos erstverantwortlich für die Erziehung der Kinder, sie sind aber nicht die Einzigen, die einen Einfluss auf sie haben: Das Umfeld kann ihnen andere Sichtweisen auf das Leben als noch attraktiver und überzeugender präsentieren oder auch bewirken, dass die Welt des Glaubens ihnen wie etwas Fremdes erscheint. Vor allem aber haben die Kinder die Freiheit, zu entscheiden, ob sie dem einen oder dem anderen Weg folgen.

Manchmal brauchen die Kinder einfach Abstand, um mit neuen Augen wiederzuentdecken, was sie erhalten haben. In der Zwischenzeit muss man geduldig sein und sie, obwohl sie auf Abwegen sind, wirklich annehmen, sicherstellen, dass sie das auch spüren, und vermeiden, sie zu drängen – denn das könnte sie noch mehr entfernen. „Manchmal kann man nicht mehr tun als warten: beten und mit Geduld, Sanftmut, Großherzigkeit, Barmherzigkeit warten.“ vii Die Figur des Vaters aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn ist hier sehr eindrücklich (vgl. Lk 15,11-32): Er sah viel weiter als sein Sohn. Und daher spürte er, obwohl er dessen Verfehlung deutlich erkannte, dass er abwarten musste.

Auf jeden Fall ist es für eine Mutter oder einen Vater nicht einfach oder selbstverständlich, die Freiheit ihrer erwachsen werdenden Kinder zu akzeptieren, denn manche Entscheidungen können sich, obwohl sie an sich gut sind, mit den Vorstellungen der Eltern spießen. Und auch wenn die Kinder sie bis zu diesem Zeitpunkt für alles und jedes brauchten, mag es nun den Anschein haben, dass die Eltern nur mehr Zuschauer von deren Leben sind. Paradoxerweise brauchen sie sie jedoch mehr denn je. Dieselben Menschen, die ihnen Essen und Gehen beigebracht haben, können das Wachstum ihrer Freiheit weiterhin begleiten, während sie sich ihren eigenen Lebensweg erschließen. Die Eltern sind jetzt dazu berufen, Lehrer und Führer zu sein.

Lehrer von Heiligen

Ein Lehrer ist einer, der eine Wissenschaft, eine Kunst oder einen Beruf unterrichtet. Eltern sind Lehrer, oft ohne es zu merken. Wie durch Osmose geben sie ihren Kindern so vieles weiter, was sie ihr Leben lang begleiten wird. Insbesondere haben sie die Sendung, sie in der wichtigsten Kunst zu erziehen: zu lieben und geliebt zu werden. Und auf diesem Weg ist der Gebrauch der Freiheit einer der schwierigsten Lehrstoffe.

Zuerst müssen die Eltern den Kindern helfen, einige Vorurteile zu überwinden, die heute außer Frage zu sein scheinen, wie etwa die Vorstellung, dass Freiheit darin besteht, „auf Kosten jedweder Norm den eigenen Willen durchzusetzen“ viii. Die eigentliche Herausforderung, vor der Eltern stehen, liegt aber darin, in den Kindern geduldig, wie über eine geneigte Ebene, den Geschmack am Guten zu wecken: damit sie nicht nur die Schwierigkeit wahrnehmen, wenn sie so handeln, wie die Eltern sagen, sondern auch lernen, „sich am Guten zu erfreuen“ ix. Auf diesem Wachstumspfad wissen Kinder manchmal nicht alles, was ihnen beigebracht wird, zu würdigen. Es ist wahr, dass Eltern oft auch selbst lernen müssen, ihre Kinder besser zu erziehen: Man wird nicht mit dem Wissen geboren, was es heißt, Vater oder Mutter zu sein. Aber auch trotz möglicher Erziehungsmängel wissen die Kinder mit der Zeit zu schätzen, was sie erhalten haben. So erging es auch dem hl. Josefmaria mit einem Rat, den ihm seine Mutter gab: „Erst viele Jahre später habe ich den tiefen Grund dieser Worte verstanden.“ x

Früher oder später erkennen Kinder, wie sehr ihre Eltern sie geliebt haben und inwieweit sie für sie Lehrer des Lebens gewesen sind. Einer der großen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts bringt dies wunderbar zum Ausdruck: „Es gibt nichts Höheres, Stärkeres und Nützlicheres für das Leben als eine gute Erinnerung, besonders eine, die noch aus der Kindheit, aus dem Elternhaus stammt (...) Wenn man viele solche Erinnerungen mit sich ins Leben nimmt, so ist man für das ganze Leben gerettet. Sogar wenn nur eine einzige Erinnerung in unserem Herzen bleibt, so kann auch diese einmal zu unserer Rettung dienen.“ xi Die Eltern wissen, dass ihre Sendung darin besteht zu säen, und hoffen geduldig, dass ihre fortgesetzten Bemühungen Früchte tragen werden, auch wenn sie sie vielleicht nicht mehr selbst erleben.

Führer von Heiligen

Ein Führer ist einer, der andere führt und sie lehrt, einen Weg zu gehen oder zu bahnen. Für die Erfüllung dieser Aufgabe muss er das Gelände kennen und diejenigen begleiten, die es zum ersten Mal betreten. Gute Lehrer sprechen den Kopf an und wissen, wie man die Herzen erwärmt: Salome, die Frau des Zebedäus, begleitete ihre Söhne auf dem Weg zu Christus, sie stellte sie jemandem gegenüber, der ihrem Leben Sinn und Freude geben konnte; sie stand unter dem Kreuz Jesu. Dort hatte sie zwar nur Johannes bei sich. Jakobus war aber dann der erste Apostel, der sein Leben für Jesus hingab. Sie war auch beim Grab, am frühen Morgen des Ostersonntags, zusammen mit Magdalena. Und Johannes kam wenig später nach.

Jeder Führer sieht sich auch einmal komplizierten, herausfordernden Schritten gegenüber. Auf dem Lebensweg ist einer von ihnen die Antwort auf den Ruf Gottes. Die Begleitung von Kindern bei der Beurteilung ihrer Berufung ist ein wichtiger Teil der elterlichen Berufung. Es ist verständlich, dass sie Angst vor diesem Schritt haben. Das sollte einen Führer aber nicht lähmen. «Angst? Ich trage in meiner Seele einige Worte des hl. Johannes aus seinem ersten Brief, Kapitel vier eingemeißelt. Da sagt er: Qui autem timet, non est perfectus in caritate (1 Joh 4,18). Wer Angst hat, versteht wenig von Liebe. Und ihr alle versteht zu lieben und habt daher auch keine Angst. Angst wovor denn? Du verstehst zu lieben, also fürchte dich nicht. Weiter so!“ xii

Natürlich besorgt eine Mutter oder einen Vater nichts mehr als das Glück ihrer Kinder. Doch haben sie selbst oft schon eine Vorstellung davon, wie dieses Glück auch aussehen soll. Manchmal entwerfen sie eine berufliche Zukunft, die nicht ganz den wahren Talenten ihrer Kinder entspricht. Manchmal wollen sie, dass ihre Kinder gut sind, aber „ohne zu übertreiben“. So vergessen sie vielleicht die gelegentlich beunruhigende, aber grundlegende Radikalität des Evangeliums. Daher ist es vor allem nach einer tiefen christlichen Erziehung unvermeidlich, „dass jedes Kind uns überrascht mit den Plänen, die aus dieser Freiheit aufkeimen und die unsere Vorstellungen durchkreuzen, und es ist gut, dass das geschieht. Die Erziehung schließt die Aufgabe ein, verantwortliche Freiheiten zu fördern.“ xiii

Die Eltern kennen ihre Kinder gut, normalerweise besser als jeder andere. Da sie das Beste für sie wünschen, ist es logisch und gut, dass sie sich fragen, ob die Kinder mit ihren Lebensentscheidungen wohl glücklich sein werden, und ihre Zukunft „aus irdischer Perspektive“ xiv betrachten, aus dem Wunsch heraus, sie zu schützen und ihnen zu helfen. Wenn daher die Kinder einen möglichen Ruf Gottes zu ahnen beginnen, haben die Eltern die herrliche Aufgabe der Klugheit und Führung. Als der hl. Josefmaria mit seinem Vater über seine Berufung redete, sagte dieser zu ihm: „Denk noch ein bisschen darüber nach“ … und fügte dann sofort hinzu: „Ich werde mich nicht widersetzen.“ xv Während die Eltern also bemüht sind, den geistlichen Entscheidungen ihrer Kinder Realismus und Weisheit zu verleihen, müssen sie lernen, ihre Freiheit zu respektieren wie auch das Wirken der Gnade Gottes in ihren Herzen zu erahnen, um nicht – willentlich oder unwillentlich – zu einem Hindernis für die Pläne des Herrn zu werden.

Andererseits realisieren die Kinder oft nicht, welche Erschütterung ihre Berufung in ihren Eltern verursachen kann. Der hl. Josefmaria sagte, dass er seinen Vater ein einziges Mal weinen sah, nämlich als er ihm mitteilte, dass er Priester werden wolle. xvi Es erfordert viel Großzügigkeit, die Kinder auf einen Weg zu begleiten, der in eine andere Richtung geht, als man selbst gedacht hatte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass es schwierig ist, auf die eigenen Pläne zu verzichten. Gleichzeitig bittet Gott die Eltern um nicht weniger: Dieses Leid, das sehr menschlich ist, kann mit Gottes Gnade auch sehr göttlich werden.

Diese Erschütterungen können außerdem der Moment sein, um zu betrachten, dass – wie der hl. Josefmaria gerne sagte – die Kinder neunzig Prozent ihrer Berufung ihren Eltern verdanken. xvii Gott weiß, welches Opfer es für Eltern bedeuten kann, diese Entscheidung in Liebe und Freiheit zu akzeptieren. Niemand kann dies besser verstehen als er, der seinen Sohn hingegeben hat, um uns zu retten.

Wenn Eltern den Ruf ihrer Kinder großzügig annehmen, ohne sie für sich behalten zu wollen, ziehen sie für viele Menschen zahlreiche Segnungen vom Himmel an. In Wirklichkeit ist es eine Geschichte, die sich im Laufe der Jahrhunderte wiederholt. Als Jesus Johannes und Jakobus rief, alles zu verlassen, trafen sie ihren Vater, der die Netze reparierte. Zebedäus setzte, vielleicht etwas ärgerlich, seine Arbeit an den Netzen fort, ließ sie aber gehen. Es könnte einige Zeit gedauert haben, bis er erkannte, dass es Gott selbst war, der in seine Familie eingetreten ist. Und welche Freude erfüllte ihn wohl am Ende, seine Söhne bei diesem neuen Fischfang , im „Meer ohne Ufer“ des Apostolates, glücklich zu sehen.

Gebet und Nähe der Eltern

Wenn eine Tochter oder ein Sohn eine wichtige Lebensentscheidung trifft, sind die Eltern nötiger denn je. Eine Mutter oder ein Vater ist oft in der Lage, auch noch aus großer Entfernung Schatten der Traurigkeit bei einem Kind zu entdecken, wie sie ebenfalls in der Lage sind, wahre Freude zu spüren. Deshalb können sie ihnen auf unnachahmliche Weise helfen, glücklich und treu zu sein.

Um diese neue Aufgabe zu erfüllen, sollten sie als erstes wohl das Geschenk anerkennen, das sie erhalten haben. Wenn sie das in der Gegenwart Gottes betrachten, können sie erkennen, dass „es für die Eltern kein ,Opfer’ ist, wenn Gott sie um ihre Kinder bittet; und es ist für die von Gott Berufenen kein Opfer, wenn sie ihm folgen. Vielmehr ist der Ruf eine unermessliche Ehre, ein Grund zum heiligen, erhabenen Stolz, ein Erweis der Auserwählung und ein Zeichen großer Liebe.“ xviii Sie sind es, die die Berufung ermöglicht haben, die eine Fortsetzung des Geschenks des Lebens ist. Daher sagte der hl. Josefmaria zu ihnen: „Ich gratuliere euch, denn Jesus hat diese Herzstücke an sich genommen, als Ganzes, ausschließlich für sich!“ xix

Andererseits kommt dem Gebet der Eltern vor dem Herrn eine große Bedeutung zu. Wie viele Beispiele für diese zauberhafte Fürsprache finden wir in der Bibel und in der Geschichte! Die heilige Monika ist mit ihrem vertrauensvollen und beharrlichen Gebet für die Bekehrung ihres Sohnes Augustinus vielleicht das bekannteste Beispiel; in Wirklichkeit gibt es unzählige Geschichten. Hinter allen Berufungen „steht immer das starke und innige Gebet von jemandem: einer Großmutter, eines Großvaters, einer Mutter, eines Vaters, einer Gemeinde. (...) Die Berufungen entstehen im Gebet und aus dem Gebet; und allein im Gebet können sie Bestand haben und Frucht tragen.“ xx Und wenn der Weg einmal begonnen ist, hängt das Durchhalten bis zum Ende im hohen Maße vom Gebet derjenigen ab, die diese Menschen am meisten lieben.

Und mit dem Gebet die Nähe. Zu sehen, dass die Eltern an ihrer neuen Sendung im Leben teilhaben, hilft sehr, die Treue ihrer Kinder zu stärken. Oftmals schreien die Eltern, ohne es ausdrücklich zu sagen, förmlich darum, mithelfen zu können und zu erkennen, wie glücklich ihre Tochter oder ihr Sohn auf diesem Weg der Hingabe ist. Sie müssen die Fruchtbarkeit dieses Lebens mit Händen fassen. Manchmal werden es die Kinder selbst sein, die sie auf sympathische Weise um das Leben bitten, in Form von Ratschlägen, Hilfe, Gebet. Wie viele Geschichten von Vätern und Müttern gibt es, die ihren Ruf zur Heiligkeit durch die Berufung ihrer Kinder entdecken!

Die Fruchtbarkeit des Lebens und der Hingabe von Jakobus und Johannes lässt sich nicht messen. Was sich aber sagen lässt, ist, dass diese beiden Säulen der Kirche den größten Teil ihrer Berufung ihrer Mutter und ihrem Vater verdanken. Jakobus trug Gottes Liebe bis ans Ende der Welt, und Johannes verkündete sie mit Worten, die zu den schönsten Seiten gehören, die jemals über diese Liebe geschrieben wurden. Wir alle, die wir den Glauben durch ihre Hingabe erhalten haben, können eine tiefe Wertschätzung für dieses Ehepaar am See von Galiläa empfinden. Die Namen von Zebedäus und Salome werden mit denen der Apostel bis zum Ende der Zeiten verkündet werden.

„Nehmt und esst alle davon, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“ xxi Die Mütter und Väter, die Gott lieben und die gesehen haben, wie sich eines ihrer Kinder ihm ganz hingegeben hat, verstehen in ganz besonderer Weise die Worte des Herrn im Messopfer. Irgendwie erleben sie sie in ihrem eigenen Leben. Sie haben ihr Kind hingegeben, damit andere Nahrung bekommen, damit andere leben können. So vervielfachen ihre Kinder in gewisser Weise ihre Mutterschaft und ihre Vaterschaft. Indem sie dieses neue Ja leisten, vereinen sie sich mit dem Erlösungswerk, das im Ja Jesu im Leiden vollzogen wurde und das, in einem einfachen Haus, im Ja Mariens begann.

Diego Zalbidea

i Hl. Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi (8.12.1975), Nr. 82. Vgl. auch hl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Novo millennio ineunte (6.1.2001), Nr. 40; Benedikt XVI., Predigt zur Eröffnung der Bischofssynode über die neue Evangelisierung, 7.10.2012; Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium (24.11.2013), Nr. 27.

ii F. Ocáriz, Brief 4.6.2017.

iii Vgl. Katechismus der katholischen Kirche , Nr. 1666.

iv Hl. Josefmaria, Apuntes íntimos , n. 1725, zitiert in Andrés Vázquez de Prada, Der Gründer des Opus Dei , Band I, Adamas, Köln 2001, S. 526.

v Hl. Josefmaria, Der Weg , Nr. 27.

vi Hl. Josefmaria, Freunde Gottes , Nr. 184.

vii Papst Franziskus, Generalaudienz, 4.2.2015.

viii F. Ocáriz, Pastoralbrief, 9.1.2018, Nr. 5.

ix J. Diéguez, Bis zum Innersten der Person gelangen: die Rolle der Gefühle (I), https://opusdei.org/de/document/zum-innersten-der-...

x Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Familientreffen, 17.2.1958, zitiert in: S. Bernal, Msgr. Josemaria Escrivá de Balaguer. Aufzeichnungen über den Gründer des Opus Dei, Adamas, Köln, 1980. S. 17.

xi F. Dostojewski, Die Brüder Karamasow , Epilog.

xii Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Treffen mit jungen Leuten, November 1972. Zitiert in Dos meses de Catequesis, 1972, Band. 1, S. 416 (AGP, Bibliothek, P04).

xiii Papst Franziskus, Apostolisches Schreiben Amoris laetitia (19.3.2016), Nr. 262. Schelmisch beschrieb der hl. Josefmaria diese Wirklichkeit: „Kaum hat die Mutter den Kleinen zur Welt gebracht, denkt sie schon daran, dass sie ihn mit der XY verheiraten wird und dass sie dieses oder jenes machen werden. Der Vater denkt an die berufliche Laufbahn oder an die Geschäfte, in die er den Sohn einführen wird. Jeder entwirft seinen Plan, einen hinreißenden rosa Roman. Und dann entwickelt sich das Kind, ist gescheit, ist gut, denn seine Eltern sind gut, und sagt ihnen: Dieser euer Roman interessiert mich nicht. Und es kommt zu zwei kolossalen Zornausbrüchen“ (Aufzeichnungen von einem Treffen mit Familien, 4.11.1972, in: Ein helles und fröhliches Zuhause, S. 162 (AGP, biblioteca, P11).

xiv Der hl. Josefmaria verwendete diesen Ausdruck oft, um sich auf die verständliche Sorge der Eltern um das menschliche Wohlergehen der Kinder zu beziehen. Vgl. z. B. J. Echevarría, Memoria del Beato Josemaría Escrivá, Rialp, Madrid 2000, p. 99.

xv A. Sastre, Tiempo de caminar, Rialp, Madrid 1989, S. 52.

xvi Vgl. A. Vázquez de Prada, Der Gründer des Opus Dei , Band I, Adamas, Köln 2001, S. 97.

xvii Vgl. Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 104.

xviii Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede , Nr. 18.

xix Worte des hl. Josefmaria zu einigen Familien, 22.10.1960, in A. Rodríguez Pedrazuela , Un mar sin orillas , Rialp, Madrid 1999, S. 348.

xx Papst Franziskus, Regina coeli, 21.4.2013.

xxi Römisches Messbuch, Eucharistisches Hochgebet.