Wunschlos glücklich!

Köchin mit Leib und Seele

Wenn bei uns zu Hause jeweils Tante Trudi und Onkel Albert auf Besuch kamen und wir ihnen etwas anboten, sagten sie immer: Wir sind „wunschlos glücklich“.

Ich habe das als Kind nie richtig verstanden. Ich hatte immer so viele Wünsche. Heute weiß ich, was es bedeutet, denn ich erlebe es selbst.

Mein glückliches Leben habe ich meinen Eltern und Vorfahren zu verdanken. Ich durfte in einer tiefchristlichen Familie aufwachsen, auf einem abgelegenen Bauernhof in Morgarten: Dort, wo sich buchstäblich die Füchse und die Hasen „gute Nacht“ sa­gen, aber auch dort, wo die Schweizer 1315 ihre erste große Verteidigungsschlacht gewannen.

Ich bin das fünfte von sechs Kindern und darum die „kleine Verwöhnte“. Ich habe zwei ältere, fantastische Schwestern, die mir ein sehr tugendhaftes Leben vorlebten. Ich wollte so gut sein wie sie und ahmte sie in allem nach. Das war ein toller, geistiger Sport von klein auf, wenn ich jetzt so zurückdenke. Wir beteten vor und nach jeder Mahlzeit. Mein Vater betete vor: Sehr konzentriert und tief, aber ohne komisches Ge­habe. Es war einfach echt! Und er wusste auf alles eine Antwort. Wir sagten immer: Mein Vater und ich, wir wissen alles! Er interessierte sich für alle und alles und hatte zugleich viel, viel Humor.

Meine Mutter hielt sich immer im Hintergrund, aber dort hielt sie die Fäden sicher in der Hand. Sie führte den Haushalt vorbildlich und gab uns Mädchen viele praktische Ratschläge für die Zukunft.

So muss ich sagen, ich habe einfach ein totales Glück gehabt. Von Kind auf habe ich alles bekommen. Nichts ist mein eigenes Verdienst, der Herrgott hat alles so ge­fügt. Ich habe das Gefühl, Er liebt mich ganz besonders.

Der Heiland war schon immer mein großer Freund. Aber diese Freundschaft wurde stärker und tiefer, als ich vom hl. Josefmaria Escrivá erfuhr, dass ich alles, wirklich alles, mit Ihm zusammen machen und so mich heiligen kann. Er schaut mich an und ich schaue Ihn an, wie das Bäuerchen von Ars. Dabei versuche ich zu lächeln und bin sicher, dass Ihm das ganz besonders gefällt.

Ich bin Köchin von Beruf mit Leib und Seele. Ich liebe es, die andern zu verwöh­nen. Als ich vor vielen Jahren an einem internationalen Treffen in Rom teilnahm, hörte ich zum ersten Mal, mit welcher Liebe die Muttergottes die Hausarbeiten für das Je­suskind und den Hl. Josef verrichtete. Das war für mich neu, und es zog mich total an. So wollte ich es auch machen, und so habe ich es seither versucht bis heute. Wenn ich mir die Muttergottes vorstelle, sehe ich sie nie gelangweilt oder zornig oder ungeduldig. Sie muss eine ganz tolle, einnehmende Frau gewesen sein. Sie ist mein Vorbild: So wie sie möchte ich sein, immer am richtigen Platz. Und wie ich Gott so nenne wie meinen leibli­chen Vater, so rede ich die Muttergottes gleich an wie meine Mutter. - So ist mein Alltag erfüllt mit einem ständigen Dialog mit dem Himmel. Und das Beste daran ist, ich habe viel mehr Zeit: Die Zeit Gottes!

Also, all das passiert in meinem Innern. Man sieht es nicht von außen, aber viel­leicht merkt man es manchmal.

Ich gebe mir alle Mühe, gut und pünktlich zu kochen; Geduld zu haben mit den Lernenden, die ich ausbilden helfen soll; Geburtstage und andere Feste nicht zu ver­gessen; aufmerksam zu sein mit allen. In meinem Elternhaus durfte ich lernen, was Gottvertrauen und Gotteskindschaft bedeutet. Diesen Schatz möchte ich den anderen weitergeben.

Am Morgen, wenn ich aufstehe, danke ich meinem Herrgott, dass ich diese Nacht wieder so gut ausruhen konnte. Ich danke Ihm für den neuen Tag, und ich bin total glücklich, weil ich mich auf jeden neuen Tag mit Ihm freue: „Da bin ich, Herr, um Dei­nen Willen zu tun!“ Und wenn ich einmal nicht so gut geschlafen habe — das kann ja auch mal vorkommen —, danke ich trotzdem: Dann wollte er, dass ich Ihm etwas mehr Gesellschaft leiste, und das rührt mich!

Bei der Arbeit kann es vorkommen, dass Ungeduld in mir aufkommt, weil eine Mitarbeiterin zu langsam arbeitet oder etwas anders macht, als ich es gerne sehen würde. Wenn es keinen Grund zum Korrigieren gibt und ich merke, dass der Fehler bei mir liegt, denke ich: Herr, für Dich...; ich hätt’s gerne anders, aber gerade für diese hier will ich die Zügelung meiner Ungeduld aufopfern, ich denke, sie braucht’s! Das hilft mir, mein Temperament im Zaum zu halten, und es gibt mir Gelegenheit, mich mit dem Herrn am Kreuz zu vereinen. Wie viel hat Er gelitten — und ich?

Es gibt auch Menschen, die mir etwas weniger sympathisch sind als andere. Aber der Herrgott hat sie erschaffen, weil Er sie genau so liebt wie mich selbst; also muss ich sie auch lieben — keine weitere Diskussion! Er hat sie an meine Seite gestellt, um meine und ihre scharfen Kanten abzuschleifen.

Ich liebe gute Filme und Fernsehprogramme. Oft, wenn ich eine Weile vor dem Ta­bernakel bete oder die HI. Messe besuche, stelle ich mir vor, dass all die Leute, die ich dort gesehen habe, jetzt mit mir vor dem Herrgott beten und Ihm alle Ehre geben. Ich empfinde es als sehr schön, alle und alles was passiert, vor den Herrn zu bringen und Ihm anzuempfehln, und Ihm dabei zu sagen: Ich liebe Dich!

Am Abend, wenn ich ins Bett falle, danke ich Gott für alles. Dann beginne ich das Vaterunser und koste jedes Wort aus; vor allem das „Dein Wille geschehe“: Der Schöp­fer von Himmel und Erde weiß doch am besten, was wir arme Erdenkinder brauchen. Normalerweise schlafe ich dann sofort ein und fühle mich — „wunschlos glücklich“!