Wir pilgerten von Saxum aus in alle Himmelsrichtungen

Das „Saxum Conference Center“ liegt in Abu Gosch, einem arabischen Ort etwa 11 Kilometer westlich von Jerusalem. Für einige Pilger aus Deutschland war es im August 2018 drei Wochen lang der Ausgangs- und Endpunkt des täglichen Pilgerns mit einem Reisebus.

Saxum-Gruppe aus aller Welt im August 2018 vor dem Felsendom am Tempelberg. (Foto: RK)

„Für Oliver, unseren Reiseführer in Israel, war es eine neue Erfahrung: eine dreiwöchige Pilgerreise durch das Heilige Land in alle Himmelsrichtungen zu begleiten. Unsere Touren zu Heiligen Stätten waren als Sternfahrten angelegt. Ausgangspunkt war stets das neue Tagungszentrum Saxum, das Mitglieder der Prälatur Opus Dei dort errichtet haben.

Vier Orte konkurrieren um das Emmaus der Bibel

Das Tagungshaus Saxum liegt in Abu Gosch, einem arabischen Ort etwa 11 Kilometer westlich von Jerusalem. Es stellte für mich im August 2018 den morgendlichen Ausgangs- und abendlichem Endpunkt des Pilgerns mit Bus dar. Das neu erbaute „Saxum Conference Centrum“ ist im Wesentlichen für fest angemeldete Gruppen gedacht. Das dazugehörige „Saxum Visitor Center“ steht jedem Besucher offen. Es bietet eine Multimedia-Show zu Geografie und Geschichte des Landes, sowie Präsentationen zu einzelnen Themen wie Tempel oder Biblische Zeit. Der Besuch ist – nach Meinung der Fachleute – ein idealer Abschluss jeder Israel-Reise. Wer dazu den arabischen Ort Abu Gosch von Jerusalem aus aufsucht, hat es nicht weit. Die Nationalstraße 1 führt in unmittelbarer Nähe vorbei. Der Ort selbst ist seit Hunderten von Jahren eine Station auf dem „Emmaus-Pfad“. Dieser verbindet Jerusalem mit zwei der vier möglichen Emmaus-Orte, die um die Authentizität konkurrieren. Die Kreuzfahrer (1099 – 1187) hatten sich für Abu Gosch als dem wahrscheinlichsten Emmaus der Bibel entschieden. Zum Gedenken errichteten sie eine Kirche (heute zu einem Benediktinerkonvent gehörig), um an die Begegnung des Kleopas und eines weiteren Jüngers mit Jesus (Lukas 24,13) und dessen Rückmarsch am gleichen Abend zu erinnern. Die Wahl der Kreuzfahrer auf diesen Ort – unter den damals schon verschiedenen Möglichkeiten war gefallen, weil er – gemäß einer Handschrift des Evangeliums – etwa 60 Stadien von Jerusalem entfernt liegt.

Blick auf das Tagungshaus "Saxum" mit Visitor Center. (Foto: RK)

König David holte die Bundeslade in Prozession aus Abu Gosch nach Jerusalem

Historisch bedeutsam war Abu Gosch schon zu Zeiten des Alten Testaments: Die Philister hatten Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. die steinerne Bundeslade mit den Zehn Geboten in ihrem Besitz. Mit der Zeit gelangten sie zu der Auffassung, sie brächte ihnen Unglück. So transportierten sie diese an die Grenze von Judäa nach Abu Gosch. Dort lagerte sie 20 Jahre. König David brachte die Bundeslade im Jahre 1006 v. Chr. von Abu Gosch, dem „Dorf der Weinbeeren“, in triumphaler Prozession nach Jerusalem zurück. An diese Zeit erinnert noch heute in Abu Gosch eine weitere Kirche: „Unsere Liebe Frau von der Bundeslade“ beherbergt einen in Frankreich beheimateten katholischen Konvent der „Schwestern des Hl. Joseph von der Erscheinung“.

Auch das „fraktionierte Pilgern“ ist ein spirituelles Ereignis

Zurück zum Sternfahrt-Pilgern: Irgendwann sprach Oliver vom „fraktionierten Pilgern“ und fand Gefallen daran. Denn stets, wenn wir heilige Stätten im Osten von Jerusalem wie Bethlehem, Bethanien, Jericho oder das Tote Meer, Qumran oder die Taufstellen im Jordan anfuhren, holten wir ihn mit dem Bus vom Jaffa-Tor ab. Ging es in Richtung Galiläa (Nazareth, Kana, Berg Tabor, Tabgha, Tiberias) oder über die nahegelegene Nationalstraße 1 nach Ein Karem, Jaffa oder Haifa, dann frühstückten wir mit ihm und dem Busfahrer in Saxum, bevor die Reisebusse zu den Heiligen Stätten und den dort bereits verabredeten Heiligen Messen aufbrachen.

Begann Jesu Kreuzweg nicht schon im Garten Gethsemani?

Mit Hilfe eines Reisebüros in Jerusalem („Terra Dei“) waren diese Touren vorbereitet worden. Die Pauschalpreise dafür waren erschwinglich. Und Oliver war gut vorbereitet. Ein Feuerwerk von Informationen präsentierte er in Qumran, auf dem Berg Tabor, in Bethanien, in Ein Karem oder auf dem Hirtenfeld in Bethlehem. Auch jeder subtilen Frage zur Stadt Jerusalem hielt der an einer Dominikaner-Hochschule ausgebildete Reiseführer stand. Er schlug sogar vor, einmal darüber nachzudenken, ob Jesu Kreuzweg nicht schon mit der Verhaftung durch eine ganze römische Kohorte im Garten Gethsemani und der Nacht im Kerker des Hohenpriesters begonnen habe. Ein anderes Mal verwies er darauf, dass Mönchsvater Benedikt in der Bibliothek von Alexandria die Regel der Männer von Qumran studiert hatte und so vermutlich für seine eigene Mönchsregel inspiriert wurde. Das Spezialgebiet des gebürtigen Briten waren allerdings die Inspirationen des italienischen Architekten Antonio Barluzzi (1884-1960), der im Heiligen Land den Genius des jeweiligen heiligen Ortes in vielen Bauwerken hatte Stein werden lassen. Auf dem Tabor hat er zum Beispiel dem Moses und dem Elias Hütten (Kapellen) in die Kirche gebaut, was freilich dort auch sehr naheliegend war.

Hinweis-Schild auf das Saxum Visitor Center in drei Sprachen (Arabisch, Englisch, Hebräisch) (Foto: RK)

Wie es zur Entstehung des Tagungshauses Saxum kam

Für uns Pilger im Tagungshaus Saxum war das neue Conference Center steingewordener Glaube. In diesem Fall war es der Glaube von zwei Priestern aus Spanien, des heiligen Josefmaria Escrivá (1902-1975) und seines Nachfolgers des seligen Alvaro del Portillo (1914-1994), die die Inspiration für dieses Tagungszentrum der Prälatur Opus Dei im Heiligen Land schon viele Jahre zuvor geliefert hatten. Der hl. Josefmaria – der Name „Saxum“ stammt von ihm – hatte den Wunsch hinterlassen, dass die Mitglieder des Opus Dei ein Tagungshaus im Hl. Land zur Verfügung haben sollten. Bischof Alvaro hatte im Jahr 1994 die letzten drei Wochen seines Lebens im Heiligen Land verbracht. Die letzte Heilige Messe seines Lebens hatte er in einer Kapelle am Abendmahlssaal gefeiert. Nur Stunden nach der Rückkehr von seiner Heilig-Land-Reise starb Alvaro in Rom, ohne Gelegenheit gehabt zu haben, eine weitere Messe zu lesen. Papst Johannes Paul II. eilte nach der unerwarteten Todesnachricht ins Zentralhaus in Rom zu seiner Aufbahrung, um dort zu beten. Im Todesjahr von Alvaro war Saxum noch nicht errichtet, aber das Grundstück stand schon zur Auswahl. Die Fertigstellung seines geförderten Projekts in Israel hat er auf Erden nicht mehr erlebt.

Eine kulinarische Spezialität vor Ort ist der „Humus Abu Gosch“

Für viele, die für dieses Projekt gebetet und gespendet hatten, war die Eröffnung von Saxum im Jahr 2018 deshalb wie die Erfüllung eines Traums. Jetzt sind nicht nur im Conference Center Tagungen möglich, sondern es bestehen Öffnungszeiten für Tagesgäste, um sich dort aufzuhalten, die digitalen Präsentationen zu studieren, sich mit der Zeitleiste oder der Geografie des biblischen Israel im Überblick zu befassen. Empfohlen wird ein Besuch im Saxum Visitor Center jedem Israel-Reisenden gegen Ende des Aufenthaltes, weil dann nochmals alle Eindrücke in eine gewisse zeitliche und geografische Ordnung eingefügt werden können. Fraktionierte Eindrücke während einer Reise können auf diese Weise ein Gesamtbild hinterlassen. In einer Caféteria ist für das leibliche Wohl gesorgt. In einer Kapelle kann vor einem Bild von Jesus mit den Emmaus-Jüngern die Hl. Messe gefeiert werden. Für das Wohlergehen der Gäste sorgen Frauen, die entweder einen arabischen oder jüdischen oder christlichen Hintergrund haben. Entsprechend vielfältig sind die Speisen für Tagungsteilnehmer. Der „Hummus Abu Gosch“ aus pürierten Kichererbsen und weiteren Zutaten stellt eine berühmte Spezialität als Zugabe zu den arabischen Speisen dar.

Das Visitor Center hilft bei der Fortbildung der Reiseführer in Israel

Im Herbst, am 3. September 2018, hatte das Saxum Visitor Center erstmals eine Gruppe von israelischen Reiseführern zu einer eintägigen Fortbildung eingeladen. Oliver hatte gar keine Einladung erhalten, was wohl bei nächster Gelegenheit nachgeholt werden soll. Trotzdem waren etwa 80 gekommen. Ihnen wurde vom akademischen Leiter von Polis, einem Hochschul-Institut für Sprachen in Jerusalem, der aktuelle Stand der Forschungen zum Emmaus der Bibel präsentiert. Ein weiterer Vortrag erläuterte den Teilnehmern, was es mit der „Prälatur Opus Dei“ auf sich hat. Organisator Javier Pozas erklärte, wie das Opus Dei am 2. Oktober 1928 in Madrid gegründet wurde. Dieses Ereignis in Madrid war in gewisser Weise auch die Geburtsstunde von Saxum in Israel.

Reiseführer aus Israel am 3. September 2018 bei einer Fortbildung über Emmaus im "Saxum Visitor Center" (Foto: Saxum)

Die Grabeskirche war das Glanzlicht der Pilgerreise

Wie für viele andere Tagungsteilnehmer war vor allem Jerusalem und die Grabeskirche das häufigste Ziel der Ausflüge von Saxum aus. Manchmal brachte uns der Reisebus dorthin. Alle zehn Minuten fuhr zudem ein preisgünstiger Linienbus von Abu Gosch in die Nähe der Altstadt. Wenn wir morgens einen Termin für die Messe am Heiligen Grab hatten (Es passen maximal sieben Personen in die eigentliche Grabkammer!), bot sich am Vorabend die Gelegenheit, sich die ganze Nacht lang in der Grabeskirche einschließen zu lassen (Toilettenanlagen sind verfügbar!). Die Grabeskirche wird gegen 21 Uhr mit einer alten Zeremonie verschlossen. Die zwölf, die drinnen bleiben dürfen, müssen auf einer langen Bank Platz nehmen. Touristen standen draußen und fotografierten. Um 24 Uhr wurde für die Gebetszeiten der orthodoxen Christen zwar schon wieder geöffnet! Es ist aber für alle, die dabei sind, eine lange Nacht vieler Gebete – eigentlich das Glanzlicht auch meines Israel-Aufenthalts. Im nächtlichen Rückblick über die drei Wochen Israel fiel mir auf: unsere Gruppe hatte alle Orte besucht, an denen die Geheimnisse des Rosenkranzes stattgefunden haben – mit Ausnahme der Krönung Mariens, die bekanntlich ein himmlisches Ereigniss gewesen ist. In Saxum konnte ich jedenfalls am nächsten Tag den fehlenden Schlaf nachholen, der angesichts der meditativen Fülle auch nötig gewesen war.“ RK

Emmaus Jünger: Attraktion für Foto-Touristen in Nikopolis. Ein Emmaus-Jünger kann seinen Kopf ins Bild stecken. (Foto: RK)

Praktische Tipps für die Reise:
- Günstige Flüge gibt es von El Al ab Frankfurt/M. (450 Euro Hin- und Rückflug), Internet-Vermittlung: Opodo
- Im Flughafen Ben Gurion gibt es bereits vor der Gepäckausgabe noch im Sicherheitsbereich eine Touristeninformation mit kostenlosen übersichtlichen Landkarten von Israel.
- Unterbringung: verschieden Einrichtungen der katholischen Kirche betreiben Pilgerunterkünfte in Jerusalem, die in der Regel preisgünstig sind.
- Eine günstige Auslandskrankenversicherung bietet die Allianz an. Es handelt sich um eine Kreditkarte mit Notrufnummer, von der die Krankenkosten in Israel nach Aktivierung durch Telefonanruf in Deutschland gezahlt werden.
- Ein günstige Telefon-SIM-Karte für Israel gibt es von dem britischen Telefonunternehmen My3, falls nötig (etwa bei Anmietung eines PKW oder geplanten Wandertouren). Fast überall in Israel und in den Reisebussen gibt es zugängliches W-LAN (WI-FI).
- Die Fahrt vom Flughafen Ben-Gurion nach Jerusalem ist seit Herbst 2018 mit der Bahn möglich. Der Bahnhof in Jerusalem liegt 80 Meter unter der Erde und mündet oberirdisch an einem Bus-Stopp mit Taxistand.
- Preisgünstige Gruppentaxis am Ben Gurion-Flughafen bringen jeden einzelnen Fahrgast bis vor die Tür – nach einem vorher ausgetüftelten Plan.
- Bester Versorgungspunkt in Jerusalem für Postkarten, Briefmarken, Geldkarte, Toiletten, Touristen-Information, ferner Cafés oder Snacks ist das Jaffa-Tor am Turm Davids. Von dort ist es auch nicht weit zur Grabeskirche und zu den Basaren.
- Wer einen Tages-Aufenthalt in Saxum plant, sollte im Visitor Center nach den Öffnungszeiten fragen oder für Gruppen einen Termin vereinbaren.
- Wer einen Gruppenaufenthalt in Saxum plant, muss sich frühzeitig anmelden und erhält eine schriftliche Einladung zu der jeweiligen Tagung. Das erleichtert die Einreise-Überprüfung durch den Zoll und die Sicherheitskräfte.
- Termine für Hl. Messen an Heiligen Stätten werden im Heiligen Land zentral von einer Reiseagentur vergeben, dort werden auch die Reiseführer gebucht (Bei Gruppen gibt es eine Trinkgeldregelung für Reiseführer und Busfahrer auf einer täglichen Basis: 2 Euro Busfahrer, 3 Euro Reiseführer pro Person, zusätzlich zum vereinbarten Honorar!).
- Händler in den Basaren möchten handeln. Der zuerst genannte Preis wird halbiert und dann trifft man sich auf der Mitte zwischen erst- und zweitgenanntem Preis.
- Vorschlag eines Minimalprogramms für eine Woche mit Ganztagsaufenthalten:
(1) Jerusalem mit Grabeskirche, Ölberg und Tempelberg,
(2) Jerusalem mit Klagemauer, jüdischem Viertel und Israel-Museum,
(3) Bethlehem mit Geburtskirche und Hirtenfeld,
(4) Nazareth, Kafarnaum und weitere Orte am See Genezareth,
(5) Jerusalem: Holocaust-Gedenkstätte, Rockefeller-Museum und Saxum Visitor Center,