Unterwegs zur Hundertjahrfeier (2) - Die spezifische Sendung des Opus Dei aus der Warte des heiligen Josefmaria

Ein tieferes Verständnis vom spezifischen Ziel und Auftrag des Opus Dei kann dieser zweite Artikel in der Reihe zur Vorbereitung auf die Hundertjahrfeier leisten. Die Originaltexte wurden referiert oder aus persönlichen Betrachtungen und Lehren des Gründers zusammengestellt.

Nach Jahren des Ahnens, Betens und Hoffens sah der heilige Josefmaria am 2. Oktober 1928, was Gott von ihm verlangte. Der übernatürliche Impuls dieses Augenblicks prägte sein ganzes Leben und erleuchtete seinen Weg. Bis zu diesem Moment wusste er nicht – wie er selbst sagte –, was Gott von ihm erwartete. Nun verstand er, dass er berufen war, eine neue Sichtweise der Heiligkeit im Alltag zu verbreiten. Dabei sollte er die Bedeutung des gewöhnlichen Lebens und der menschlichen Arbeit betonen und das verbindliche apostolische und kohärente Wirken von Laien und gewöhnlichen Gläubigen in der Kirche fördern. Er wird erklären, dass diese Botschaft, als deren Überbringer er sich seit damals fühlte, so alt und so neu sei wie das Evangelium.

Was Josefmaria über den Moment der Gründung festgehalten hat

Den Moment der Erleuchtung hielt er folgendermaßen für sich fest: „Ich erhielt die Erleuchtung über das ganze Werk, während ich in einigen Papieren las. Tief bewegt kniete ich nieder – ich war allein in meinem Zimmer, zwischen zwei Vorträgen –, dankte Gott und erinnere mich mit Rührung an das Läuten der Glocken der Pfarrei Unserer Lieben Frau von den Engeln (...). Ich bündelte die Notizzettel, auf die ich bis dahin geschrieben hatte“ (Persönliche Aufzeichnungen, Nr. 306).

Kaum hatte er den Willen Gottes gesehen, begann er nachzuforschen, ob es bereits ähnliche Initiativen gab oder ob er selbst handeln sollte. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit grundlegenden Fragen: Wer sollte Teil dieser Gründung sein – nur Männer, auch Frauen, oder Priester? Und wenn Priester, in welcher Form und mit welcher rechtlichen Struktur? Man könnte sagen, dass der heilige Josefmaria am 2. Oktober 1928 fest entschlossen war, vom Opus Dei zu sein und Opus Dei zu sein, ohne alle Details zu kennen, was das Opus Dei konkret war. Nicht einmal der Name stand zu diesem Zeitpunkt fest. Es war eine Phase des Reifens, vergleichbar mit einer Mutter, die ein Kind in ihrem Schoß trägt, es liebt und mit ihm spricht, auch wenn sie sein Gesicht oder seine Augenfarbe noch nicht kennt.

Was dieses Werk gemäß göttlicher Eingebung genau war, reifte im Laufe der Zeit

Nach und nach verstand er, was dieser Weg bedeutete, welches Gesicht dieses neue Werk haben sollte, und stand darüber im intensiven Dialog mit Gott. Diese Suche bestimmte in jenen Jahren sein inneres Leben. Das Opus Dei nahm Gestalt an – in seinem geistlichen Leben, in seiner Beziehung zu Gott, in seinem Gebet und in seiner Buße. Schrittweise umriss er die Ziele des Opus Dei und nannte nach und nach auch die Mittel zu ihrer Erreichung.

Das Verständnis der Sendung und des Charismas des Opus Dei erfordert es, die verschiedenen Ziele zu betrachten, die der heilige Josefmaria reflektierte und beschrieb, und sie miteinander in Beziehung zu setzen. Dies verlangt, dass. wir uns mit Respekt und Dankbarkeit gegenüber Gott in das innere Leben des Gründers hineinversetzen. Seine Persönlichen Aufzeichnungen bieten hierfür einen Zugang – sie sind Zeugnisse seines persönlichen Dialogs mit Gott und bilden den Hintergrund, vor dem Gewohnheiten, Initiativen und Lebensstile Gestalt annahmen.

Eine göttliche Eingebung: Die Welt mit Gott versöhnen

Die ersten schriftlichen Formulierungen der Ziele der neuen Gründung stammen aus dem Jahr 1931. Der heilige Josefmaria Escrivá formulierte damals drei Ziele: das Reich Christi in allen Bereichen der Gesellschaft ausbreiten, Gott die Ehre geben und an der Rettung der Seelen mitwirken. Diese Wünsche stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Enzyklika Quas primas (1925) von Papst Pius XI. Er notierte:

„Christum regnare volumus, Deo omnis gloria, Omnes cum Petro ad Iesum per Mariam. Mit diesen drei Sätzen sind die drei Ziele des Werkes hinreichend bezeichnet: die effektive Herrschaft Christi, Gott alle Ehre und Seelen“ (Persönliche Aufzeichnungen, Nr. 171).

In einer weiteren Aufzeichnung heißt es: „Ziele. – Christus soll herrschen, und zwar mit einer effektiven Herrschaft in der Gesellschaft. Regnare Christum volumus. – Alle Ehre Gottes suchen. Deo omnis gloria. – Sich heiligen und Seelen retten: Omnes cum Petro ad Iesum per Mariam“ (Persönliche Aufzeichnungen, Nr. 206).

Er erhielt die Eingebung, Christus an der Spitze aller menschlichen Tätigkeit zu stellen

Es ging dem Gründer nicht um eine geografische Ausbreitung des Reiches Gottes – obwohl jede seiner neuen Initiativen auch dazu beiträgt. Vielmehr strebte er eine Ausdehnung an, die alle Lebensbereiche und Berufe umfasst. Seine Sendung sollte jede Facette des menschlichen Daseins erreichen, besonders den Alltag und die Arbeit. Genau das ist der Inhalt einer sehr entscheidenden göttlichen Eingebung vom 7. August 1931. Er berichtet darüber in einem seiner Briefe, wobei er von sich selbst – zweifellos aus Bescheidenheit – in der dritten Person spricht:

„Jetzt verstehen wir die Rührung jenes armen Priesters, der vor langem diese göttliche Eingebung in seiner Seele vernahm: Et ego, si exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum (Joh 12,32); wenn ich hoch über der Erde erhoben sein werde, werde ich alles an mich ziehen. Gleichzeitig verstand er, welche Bedeutung der Herr diesen Worten der Schrift in diesem Augenblick geben wollte: Christus muss an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten gestellt werden. Er verstand klar, dass die Erde durch die gewöhnliche Arbeit in allen Bereichen der Welt mit Gott versöhnt werden sollte. Selbst das Profane konnte sich so in etwas Heiliges verwandeln, in etwas, das Gott geweiht ist, dem letzten Ziel aller Dinge“ (Brief 3, Nr. 2).

Eine innere Sicherheit: Gott hat das Opus Dei ins Leben gerufen – mit präzisen Zielen

Mit der Zeit und durch die fortschreitenden Ausarbeitung von Briefen, Instruktionen und Predigtvorlagen entstand das geistliche und intellektuelle Vermächtnis, das der Gründer seinen Kindern hinterließ. So kamen die Ziele des Opus Dei immer klarer zum Ausdruck. Immer wieder betont er, dass Gott – durch seine barmherzige Liebe – das Werk ins Leben gerufen hat, und zwar mit präzisen Zielen.

Konflikt beseitigt: Heiligkeit und säkulare Verfassung als Bürger der Welt gehen zusammen

Diese könnte man in folgendem Gedanken zusammenfassen: Gott hat das Werk ins Leben gerufen, damit die gewöhnlichen Christen ihre säkulare Verfassung als Weltbürger mit der Suche nach Heiligkeit und einem geistlichen Leben in Einklang bringen können, das nicht von ihnen verlangt, die Welt und ihre Dynamiken zu verlassen. Damit war ein Konflikt zwischen zwei bisher unvereinbar scheinenden Sphären gelöst, wie der heilige Josefmaria schrieb – selbst wenn dieser nichtsdestotrotz bis heute anhält:

„Indem Gott sein Werk auf Erden ins Leben rief, löste er diesen Konflikt an der Wurzel: Er zeigte den Laien, dass gerade die Welt, die Ausübung ihres Berufes oder ihres Gewerbes – jede menschliche Tätigkeit – und die Erfüllung ihrer Standespflichten der Ort ist, an dem sie sich selbst heiligen und anderen helfen sollen, sich zu heiligen; und er gab ihnen zu diesem Zweck eine Askese: einen vollkommen säkularen Geist und Mittel, die nicht mehr angepasst, sondern auf ihre Situation zugeschnitten sind“ (Brief 23, Nr. 18).

Menschliche Arbeiten können in göttliche Werke verwandelt werden

Sehr knapp beschreibt der heilige Josefmaria die Leuchtturmfunktion des Opus Dei noch an anderer Stelle: „Das Opus Dei hat alle göttlichen Wege der Erde allen Menschen erschlossen, weil es aufzeigt, dass alle edlen Tätigkeiten Gelegenheiten zu einer Begegnung mit Gott darstellen und so rein menschliche Arbeiten in göttliche Werke verwandelt werden können“ (Instruktion, Mai 1935/ 14.9.1950, Nr. 1).

Das sind die Ziele, die den Rahmen für die Sendung des Opus Dei bilden und es zu einem Sauerteig in der Kirche und im Leben der Menschen werden lassen. Dieser Sauerteig ist auf spezifische Weise das christliche Leben der Laien, die durch ihre Arbeit die irdische Wirklichkeit von innen heraus verwandeln, wie es Jahre später das Zweite Vatikanische Konzil betont hat (vgl. Lumen Gentium, Nr. 31). Die neue Gründung erinnert somit an etwas, das vielleicht in Vergessenheit geraten war, sie belebt, was lau geworden war, und entzündet, was erloschen war. Und damit wirkt sie in der Kirche und an ihrer eigenen Sendung mit – indem sie neue Horizonte eröffnet, Begeisterung weckt und Frieden und Freude schenkt.

Programmatische Zitate: Alle sind berufen, Gott durch die Arbeit zu lieben

Um zu verstehen, wie Identität und Sendung der neuen Gründung in der persönlichen Betrachtung des heiligen Josefmaria Gestalt annahmen, hoben einige Autoren[1] jene Aussagen des Gründers hervor, die er besonders feierlich eingeleitet hatte, wie: „Der Herr hat sein Werk ins Leben gerufen, um ...“; „Wir sind gekommen, um daran zu erinnern, dass ...“; „Seit dem 2. Oktober 1928 ...“, usw. Alle diese Aussagen stellen das Herzstück der Botschaft dar und enthalten den Kern der von Gott empfangenen Sendung. So schrieb der Gründer etwa, den universalen Ruf unterstreichend:

Die Heiligkeit ist nicht etwas nur für Privilegierte

„Wir sind gekommen, um mit der Demut dessen, der weiß, dass er ein Sünder und ein armseliger Kerl ist – homo peccator sum (Lk 5,8), um mit Petrus zu sprechen –, und zugleich mit dem Glauben dessen, der sich von der Hand Gottes leiten lässt, zu sagen, dass die Heiligkeit nicht etwas für Privilegierte ist, sondern dass der Herr uns alle ruft und von allen Liebe erwartet: von allen, wo immer sie sein mögen; von allen, unabhängig von ihrem Stand, ihrem Beruf oder ihrem Gewerbe“ (Brief 1, Nr. 2).

Und ein anderes Mal: „Man muss immer wieder betonen, dass sich Jesus nicht an eine privilegierte Gruppe gewandt hat, sondern vielmehr gekommen ist, um uns die universale Liebe Gottes zu offenbaren. Alle Menschen werden von Gott geliebt, von allen erwartet er Liebe. Von allen, unabhängig von ihren persönlichen Verhältnissen, ihrer sozialen Stellung, ihrem Beruf oder ihrem Gewerbe“ (Christus begegnen, Nr. 110).

Beschauliche Seelen gibt es in allen Berufen und inmitten des Trubels der Straße

In solchen programmatischen Zitaten fungiert die Arbeit der gewöhnlichen Gläubigen immer als Ort der Begegnung mit Gott. Sie bietet die Gelegenheit, die Tugenden zu leben, Apostolat auszuüben und Vorbild zu sein. Im Kern ist die Arbeit der Ort, der den Christen die Suche nach der Heiligkeit inmitten der Welt ermöglicht.

„Dadurch, dass er sein Werk in diesen Jahren ins Leben rief, offenbarte Gott seinen Wunsch, dass nie wieder unbekannt oder vergessen sei, dass alle sich heiligen sollen und dass es der Mehrheit der Christen entspricht, sich in der Welt, in der gewöhnlichen Arbeit, zu heiligen. Solange es Menschen auf Erden gibt, wird das Werk also bestehen. Es wird immer zu diesem Phänomen kommen: dass Menschen aller Berufe und Gewerbe in ihrem Stand, in ihrem Beruf oder in ihrem Gewerbe nach Heiligkeit streben und beschauliche Seelen inmitten des Trubels der Straße sind“ (Brief 3, Nr. 92).

Eine gewaltige Aufgabe: Alle Lebensbereiche mit dem Sauerteig der Erlösung durchdringen

Dank dieser Erleuchtungen erkannte der heilige Josefmaria eine große Aufgabe darin, die Welt auf Gott hinzuordnen; ja, sie neu zu ordnen, denn sie ist der Sünde Adams und den Sünden von uns allen unterworfen. Er sieht darin ein realistisches und kein utopisches Ziel, ein hochgestecktes und künftiges Ziel, das aber durchaus in der Lage ist, eine echte Lebenshingabe zu motivieren und aufrechtzuerhalten. So schrieb er:

„Es ist zu schaffen, es ist nicht nur ein schöner Traum. Wollten wir Menschen uns nur dazu entschließen, die Liebe Gottes in uns wohnen zu lassen! Christus, unser Herr, wurde gekreuzigt und hat von der Höhe des Kreuzes aus die Welt erlöst und den Frieden zwischen Gott und den Menschen wiederhergestellt. Jesus Christus erinnert alle daran: et ego, si exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum (Joh 12,32), wenn ihr mich an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten stellt, wenn ihr in jedem Augenblick eure Pflicht erfüllt, wenn ihr im Großen wie im Kleinen meine Zeugen seid, omnia traham ad meipsum, werde ich alles an mich ziehen. Mein Reich wird unter euch Wirklichkeit werden! [...] Den christlichen Glauben annehmen bedeutet, sich zu verpflichten, die Sendung Christi unter den Geschöpfen fortzusetzen. Jeder von uns soll alter Christus, ipse Christus, ein anderer Christus, Christus selbst sein. Nur so werden wir diese großartige, gewaltige, nie endende Aufgabe übernehmen können: alle zeitlichen Strukturen von innen her zu heiligen und sie mit dem Sauerteig der Erlösung zu durchdringen“ (Christus begegnen, Nr. 183).

Alles mit Gott zu versöhnen ist eine Vision, die von Paulus und Johannes formuliert wurde

Die Sendung des Opus Dei fügt sich direkt und nicht nur am Rande in die Sendung der Kirche Jesu Christi ein, Sauerteig unter allen Völkern zu sein, damit sich das bereits vorhandene, aber noch nicht vollständig verwirklichte Reich Gottes auf der ganzen Erde ausbreite. Hierin liegt die Sendung des Sohnes, die durch den Geist in der Geschichte verewigt und seiner Kirche anvertraut wurde: alles wiederherzustellen, zu versöhnen, neu zu ordnen und die Welt durch den Geist dem Vater im Sohn zurückzugeben. Diese Vision wurde von Paulus und Johannes ausdrücklich formuliert, ist aber im gesamten Neuen Testament präsent und wurde durch das Alte vorbereitet.

„Der Herr will, dass wir Christen – aufgrund unserer übernatürlichen Verantwortung, mit der Macht Gottes zusammenzuarbeiten, wie er es in seiner unendlichen Barmherzigkeit gewollt hat – nach folgendem streben: die zerbrochene Ordnung wiederherzustellen und den zeitlichen Strukturen in allen Nationen ihre natürliche Funktion als Instrument für den Fortschritt der Menschheit sowie ihre übernatürliche Funktion als Mittel der Erlösung – um zu Gott zu gelangen – zurückzugeben: venit enim Filius hominis (denn der Menschensohn kam) – und wir sollen in seine Fußstapfen treten – salvare quod perierat (zu retten, was verloren war) (Mt 18,11)“ (Brief 12, Nr. 19).

Geistliche Merkmale auf dem Weg: Taufe und heilige Messe, Gotteskindschaft und Demut

Nachdem der heilige Josefmaria erkannt hatte, dass die Sendung des Opus Dei Teilhabe an der Sendung des Sohnes ist, alles zu sammeln und zu versöhnen, vor allem durch die Arbeit, der Achse der Heiligkeit, betonte er, geleitet von der göttlichen Eingebung, in seiner Predigttätigkeit verständlicherweise einige zentrale Punkte. Unter anderem die Bedeutung der Gotteskindschaft, ohne die diese Teilhabe nicht möglich wäre; dann die Bedeutung der Taufe – wegen der Würde, die sie verleiht, und der Befähigung, Aufgaben zu erfüllen, als Sakrament, das diese Abstammung im Geist besiegelt; dann die zentrale Bedeutung der Heiligen Messe, durch die der Sohn die Versöhnung der Welt mit Gott bewirkt, die am Kreuz ein für alle Mal vollzogen ist; und die Demut als unabdingbare Voraussetzung, um mit Christus im Dienst zu herrschen, denn die Logik der Erlösung besteht darin, die stolze Ausrede Adams durch den Gehorsam des demütigen Knechtes Jahwes aufzuheben.

Alle Christen sind berufen, Apostel zu sein

Das Ziel dieser neuen Gründung hat immer auch eine apostolische Dimension, denn diese ist Teil der Dynamik der Sendung des Sohnes, die der Heilige Geist in der Geschichte und in der Kirche fortsetzt. Daher war es für den heiligen Josefmaria von Anfang an zentral, die Aufgabe der Evangelisierung hervorzuheben. Er forderte von den Mitgliedern des Werkes ein engagiertes Apostolat und machte sie auf die Verantwortung aufmerksam, die mit dieser Aufgabe einhergeht: Alle Christen sind berufen, Apostel zu sein.

Das Opus Dei – eine besondere Sendung innerhalb der allgemeinen Sendung der Kirche

Die Sendung des Opus Dei gestaltet sich somit als besondere Sendung innerhalb der allgemeinen Sendung der Kirche. Das Werk wirkt an der Sendung mit, die der ganzen Kirche anvertraut ist: das Reich Gottes zu verwirklichen, indem es alle Menschen zur Heiligkeit beruft. Sein spezifischer Beitrag steht aber unter einem besonderen Licht: zu erleichtern, dass dieser Ruf im Kontext der gewöhnlichen Arbeit und Tätigkeit wahrgenommen und das Reich Gottes mittels dieser Aufgabe herbeigeführt wird.

„Meine Töchter und Söhne, als Teil der Vorsehung, mit der er für seine Heilige Kirche und für die Bewahrung des Geistes des Evangeliums sorgt, hat Gott seit dem 2. Oktober 1928 dem Opus Dei die Aufgabe übertragen, durch das Beispiel eures Lebens und das Wort klar und deutlich zu machen und alle Seelen daran zu erinnern, dass es einen universalen Ruf zur christlichen Vollkommenheit gibt und dass es möglich ist, ihm zu folgen. [...] Gott möchte sich eurer persönlichen Heiligkeit bedienen, nach der ihr gemäß dem Geist des Werkes strebt, um alle auf eine besondere und einfache Weise zu lehren, was euch wohl bekannt ist: dass alle durch die Taufe Christus eingegliederten Gläubigen dazu berufen sind, nach der Fülle des christlichen Lebens zu streben. Der Herr möchte uns als seine Werkzeuge benützen, damit wir auf praktische Weise – indem wir es auch leben – daran erinnern, dass der Ruf zur Heiligkeit in einem Wort universal und weder ein Privileg einiger weniger noch eines bestimmten Lebensstands noch generell an das Verlassen der Welt gebunden ist: dass jede Arbeit, jeder Beruf Weg der Heiligkeit und Mittel zum Apostolat sein kann“ (Brief 6, Nr. 25-26).

Das Opus Dei in der Kirche: eine Sendung, die sich um die Arbeit als Achse dreht

Auch im Rahmen der Aufgabe, die Spiritualität der Laien zu fördern – zweifellos eine Aufgabe der ganzen Kirche und nicht nur des Opus Dei –, behält die neue von Gott inspirierte Gründung ihre besondere Sendung bei, die sich um die Heiligung und die geheiligte Arbeit dreht. So bekräftigte der heilige Josefmaria:

„Innerhalb der Laienspiritualität bringt die besondere spirituelle, asketische Physiognomie des Werkes eine Idee mit sich, meine Kinder, die wichtig zu betonen ist. Ich habe euch seit 1928 unzählige Male gesagt, dass die Arbeit für uns die Achse ist, um die sich alle unsere Bemühungen um die christliche Vollkommenheit drehen sollen. Indem wir die christliche Vollkommenheit inmitten der Welt suchen, muss jeder von uns die menschliche Vollkommenheit notwendigerweise auch in seiner eigenen beruflichen Arbeit suchen. Diese berufliche Arbeit ist zugleich die Achse, um die sich unser ganzes apostolisches Bemühen dreht“ (Brief 31, Nr. 10).

Eine spezifische Bildung zusätzlich zu den Mitteln des christlichen Lebens

Da es sich bei der Sendung des Opus Dei um eine besondere Sendung innerhalb der allgemeinen Sendung der Kirche handelt, bedienen sich diejenigen, die dieser neuen Gründung angehören, der Mittel, die die Kirche traditionell für das christliche Leben ihrer Gläubigen bereitstellt. Diese Mittel – wie das Gebetleben, der häufige Empfang der Sakramente, der Eifer in der Evangelisierung, die Förderung der christlichen Familie und die Verbreitung der Lehren des kirchlichen Lehramts – werden auch von anderen kirchlichen Gemeinschaften gepredigt und praktiziert. Sie sind unverzichtbar für das Leben und Wirken in der Kirche, machen die besondere Sendung des Opus Dei jedoch nicht überflüssig. Denn das Opus Dei setzt einen zusätzlichen Akzent: Es richtet diese Mittel gezielt auf die Heiligung der Mitglieder durch ihre Arbeit aus, um sie zu Aposteln zu formen, die die irdischen Strukturen auf Gott ausrichten möchten. Auch wenn grundsätzlich alle getauften Gläubigen dazu berufen sind, diesen Auftrag inmitten der Welt zu erfüllen, besteht die besondere Aufgabe des Opus Dei darin, diesen Weg klar aufzuzeigen und in den Gläubigen jenes Licht zu entzünden, das sie befähigt, ihn zu gehen. Das Bild der abgedrehten „Laterne auf der Straße“, die wieder leuchtet, wie sie soll, lag dem heiligen Josefmaria besonders am Herzen.

Geistliche Mittel sind mit einer spezifischen Bildung verbunden

Anders gesagt: Es wäre nicht nötig gewesen, das Opus Dei zu gründen, um die üblichen Mittel zur Heiligung des christlichen Lebens zu fördern – denn dieses existieren bereits in der Kirche. Sie sind auch im Opus Dei vorhanden, doch könnten sie allein seine Sendung nicht rechtfertigen. Um seine Sendung zu erfüllen, verbindet das Opus Dei diese Mittel mit einer spezifischen geistlichen, intellektuellen und apostolischen Bildung. Diese Bildung ist darauf ausgerichtet, die Welt zu verwandeln und sie durch die Arbeit und die alltäglichen Aufgaben mit Gott zu versöhnen. Ziel ist es, Christus an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten zu stellen, die Pflicht jedes Augenblicks zu erfüllen und Zeugen des Herrn zu sein (vgl. Christus begegnen, Nr. 183).

Es genügt nicht, gut zu sein! Es ist auch nötig, gut für Gottes Reich zu arbeiten!

Die Mittel des christlichen Lebens in die Praxis umzusetzen, ohne sich dieser umfassenden Vision zu verpflichten, würde nicht ausreichen, um Teil des neuen Werks zu sein, das der heilige Josefmaria auf den Weg gebracht hat. Aus diesem Grund betonte er immer wieder, dass es nicht genügt, gut zu sein, um Mitglied des Opus Dei zu werden, sondern dass man sich bemühen muss, gut zu arbeiten. Er schrieb:

„Die berufliche Arbeit – ganz gleich, um welche es sich handelt – wird zu einer Leuchte, die euren Berufskollegen und Freunden Licht spendet. Deshalb sage ich denen, die sich dem Opus Dei anschließen – und das gilt ebenso für euch alle, die ihr mich jetzt hört – häufig: Was habe ich davon, wenn ich höre, der Soundso sei ein guter Sohn von mir und ein guter Christ, aber ein schlechter Schuster? Wenn er sich nicht bemüht, sein Handwerk gut zu erlernen oder es mit Sorgfalt auszuführen, wird er es nicht heiligen und dem Herrn darbringen können. Und die Heiligung der gewöhnlichen Arbeit ist der Eckpfeiler der wahren Spiritualität für diejenigen unter uns, die eingetaucht in die zeitlichen Realitäten entschlossen den Umgang mit Gott suchen“ (Freunde Gottes, Nr. 61).

--------------------------------------

In den folgenden Artikeln wird vorgestellt, wie diese Besonderheit der Sendung des Opus Dei in der Kirche im Charisma verankert ist, das der heilige Josefmaria von Gott erhalten hat. Zudem wird herausgearbeitet, welchen Begriff er von der gewöhnlichen Arbeit hatte und wie vielfältig dieser Begriff im Alltag anwendbar ist.

[1] Vgl. Antonio Aranda, El hecho teológico y pastoral del Opus Dei, Eunsa, 2021.