„Ich erbitte mir von Gott ein großes Herz“

Chema López-Barájas (58) empfängt am 24. Mai das Sakrament der Priesterweihe.

Chema López-Barájas ist einer von 20 Männern, die am Samstag, 24. Mai zu Priestern der Prälatur Opus Dei geweiht werden. Der aus Granada stammende Journalist war über mehrere Jahre lang Leiter eines Studentenheims in Wien. Im Interview gibt er Einblicke in seine Berufungsgeschichte, seine Vorfreude auf die Spendung der Sakramente und seine Erwartungen an die Gläubigen.

Lieber Chema, am 24. Mai wirst Du zum Priester geweiht. Was ändert sich für Dich an diesem Tag?

López-Barájas: Es ändert sich alles und nichts zugleich. Das war tatsächlich auch das Motto unserer ersten Exerzitien als Diakone. Es ändert sich nichts, da ich weiterhin meiner Grundberufung zum Opus Dei folge. Diese auf der Taufe basierende Berufung lebe ich seit meinen Teenager-Jahren und konnte sie dank der familiären Gemeinschaft und vielfältiger Aufgaben im Werk entfalten. Doch zugleich ändert sich alles. Das Sakrament der Priesterweihe ist in der Tat ein ontologischer Sprung, eine gewisse Seins-Änderung. Ich nehme eine neue Identität in Kirche und Gesellschaft an – rein äußerlich bereits ausgedrückt durch die Priesterkleidung. Diese neue Identität ist die Annahme Jesu Christi in mir: Ich borge ihm praktisch meinen Leib aus, damit er zu den Menschen sprechen und kommen kann.

Du sprichst von einer neuen Identität in der tiefstmöglichen Christusannahme. Das ist wohl die größte Herausforderung, der sich ein Mensch stellen kann.

López-Barájas: Allerdings. Daher gibt es eine siebenjährige Vorbereitungszeit im Rahmen des Theologiestudiums, der Gemeinschaft im Seminar und des Diakonats. Diese Zeit der Loslösung von meinem bisherigen Umfeld hat mir gezeigt, dass ich mich ganz auf Gott verlassen soll. Natürlich bin und bleibe ich unwürdig. Niemand hier auf Erden kann diesen Anspruch, Christus zu 100 Prozent in sich wirken zu lassen, verwirklichen. Aber der Gedanke, dass ich schon sehr bald im Moment der Sakramentenspendung als Jesus Christus den Menschen begegne, erfüllt mich nicht mit Angst – ganz im Gegenteil: Die Nervosität wurde mit der Zeit immer geringer, die Vorfreude wurde immer größer. Denn ich bin bemüht, mich ganz den Händen Gottes zu überlassen. Er wirkt in mir. Das ist ein großer Trost und ein enormes Glück.

Ist das Priesteramt eine Hilfe zu einem heiligmäßigeren Leben?

López-Barájas: Ja und nein. Auf der einen Seite wächst in mir das Bewusstsein um die Verantwortung, die ich tragen werde. Dieser Gedanke hilft mir, um noch würdiger Christus zu begegnen und ihn in mir aufzunehmen. Ich möchte nicht, dass der Herr in mir Schmutz vorfindet, wenn er sich meiner bedienen möchte. Das Priestertum ist daher schon ein Aufruf zu mehr Heiligkeit. Auf der anderen Seite weiß ich aber auch, dass es zig Tausende Menschen gibt, die Christus nicht als Priester dienen und mehr Heiligkeit in sich tragen als ich. Denn die zentrale Botschaft des Opus Dei ist es ja gerade, dass in der Taufe bereits alles grundgelegt ist für ein Leben in Heiligkeit. Daher begrüße ich es, dass die Heiligsprechungen der vergangenen Jahre bewusst auch Laien miteinschließen.

Wie bereitet man sich praktisch auf den priesterlichen Dienst vor? Übt man die Sakramente?

López-Barájas: Ja, die Messfeier habe ich bereits 60- bis 70-mal simuliert. Im zentralen Moment unseres Glaubens möchte ich keine Fehler machen, die auf meine mangelhafte Vorbereitung schließen lassen könnten. Mit diesen Proben habe ich übrigens meine Vorfreude auf meine erste Messe kontinuierlich gesteigert. Ich kann es kaum erwarten, sie endlich zu feiern. Für die Beichte gibt es hingegen keine Simulationen. Meine Sehnsucht nach dem Beichtstuhl ist aber immens, denn meine Lieblingsstelle im Evangelium ist das Gleichnis des verlorenen Sohnes. Dass ich schon bald an die Stelle des barmherzigen Vaters treten kann, ist eine unfassbare Ehre. Meine Hauptvorbereitung lag gleichwohl im Gebet. Es ist ein wahres Geschenk, dass ich mein Gebetsleben auch dank großartiger Literatur in den vergangenen Jahren ganz erheblich vertiefen durfte. Insofern erbitte ich mir in diesen Tagen von Gott ein großes Herz, um den Menschen aus voller Überzeugung dienen zu können. Das ist der Sinn des Priestertums.

Gibt es Vorbilder für Dich, an denen Du Dich im priesterlichen Dienst orientierst?

López-Barájas: Bei der Fokussierung auf die Sakramente der Eucharistie und der Beichte denke ich an zwei große Heilige der Kirche: zum einen den heiligen Josefmaria. Seine Liebe zur heiligen Messe war unbeschreiblich tief; die Leute nahmen es wahr, wenn sie ihn bei der Messfeier beobachten konnten. Der zweite Heilige ist Jean-Marie Vianney, der Pfarrer von Ars. Er verbrachte einen Großteil seiner Zeit im Beichtstuhl. Das ist für mich ein sehr beeindruckendes Zeugnis, was ein Priester zu leisten hat und wie sehr er seine Tätigkeit als Dienst an den Anderen auffassen soll. Das konkrete Zeugnis eines heiligmäßigen Lebens habe ich jedoch von Laien gelernt. Meine Eltern und meine Geschwister sind allesamt Mitglieder des Opus Dei und für mich die besten Beispiele auf dem Weg zu meiner persönlichen Heiligkeit.

Die Kirche braucht Priester. Was rätst Du Männern, die einen solchen Ruf in sich verspüren?

López-Barájas: Es ist Tatsache: Ohne Priester gibt es keine Eucharistie und ohne Eucharistie gibt es keine Kirche. Priester sind daher lebensnotwendig für den Fortbestand unserer Kirche. Wer diesen Umstand klar sieht, darf sich also fragen: Warum nicht ich? Hier wünsche ich mir ein gutes Maß an Großzügigkeit und Abenteuerlust in den Herzen junger Katholiken. Doch es sollten nicht nur junge Menschen bei der Frage der priesterlichen Berufung bedacht werden. Ich würde es sehr begrüßen, die Zugänge zum Priesteramt für erfahrene und geistlich bereits gewachsene Männer zu erleichtern. Denn ich selbst bin bereits 58 und merke, wie sehr mir mein bisheriger Lebensweg geholfen hat in der überzeugten Annahme des Rufes zum Priestertum. Ja, ich spüre, dass ich voller Energie bin und bereit, neue Abenteuer einzugehen.

Normalerweise werden die Gläubigen nach ihren Erwartungen an die Priester gefragt. Andersrum gefragt: Welche sind Deine Erwartungen an die Gläubigen?

López-Barájas: Als Priester brauche ich keine Dienste von Gläubigen, sondern genügend Nachfrage nach meinen Dienstleistungen. Es reicht vollkommen, dass die Gläubigen auf die göttliche Gnade vertrauen und sich ein heiligmäßiges Leben als persönliches Ziel im Alltag definieren. Sie sollen die Kirche nicht als belehrende Institution sehen, sondern als Mutter, die alle Hilfen bietet, um zu Christus zu gelangen. Ist dieser Gedanke einmal präsent, kommen die Gläubigen hoffentlich automatisch zum Priester. Dann wird es mir wie jedem guten Geschäftsmann gehen: Mit genügend Kunden bin ich vollkommen glücklich (lacht).

Vielen Dank für das Gespräch.