Zum 4. Seminar Excellence in the home im Tagungshaus am Hardtberg www.haushardtberg.de) trafen sich 100 Fachkräfte aus der Hauswirtschaft, Lehrer allgemeinbildender Schulen und auch junge Ehepaare zur eigenen Weiterbildung und gegenseitigem Austausch. Prof. Dr. María Pía Chirinos, Philosophin und Vizerektorin der Universität Piura, Peru, war als Hauptreferentin des Seminars zum „Ein Zuhause schaffen“ eigens aus Südamerika angereist. Chirinos legte in ihrem anspruchsvollen Referat die anthropologischen Grundlagen für die Diskussionen in den sich anschließenden Workshops.
Prof Chirinos überraschte durch einen originellen und tiefen Einstig in das Thema. Die Philosophin griff ins 8. Jahrhundert v.Chr. auf das Homersche Epos der Odyssee zurück. Anhand des Odysseus legte sie die Bedeutung dar, die das Zuhause für den Menschen hat. Es ist der Ort, an dem der Einzelne leben kann, weil seine leiblichen und seelischen Bedürfnisse gestillt werden. Er wird dort gekannt, anerkannt und geliebt um seiner selbst willen, nicht wegen seiner Leistungen. Die Arbeit im Haus hat einen hohen Wert, weil sie der konstitutionellen Schwäche und Bedürftigkeit des Menschen entgegenkommt und ihr gerecht wird.
In der Antike zeigt sich diese Haltung besonders in der Gastfreundschaft, die jedem Fremden galt und den Respekt ihm gegenüber als Person - ganz gleich welcher Herkunft – zur Geltung brachte. Das eigene Haus galt als Ort der Kultivierung des Menschen. Dem gegenüber stellt der griechische Dichter Homer Wesen, die kein Haus haben, nicht anbauen, sich nicht um ihresgleichen sorgen und kümmern, als barbarisch, ja unmenschlich dar (die Zyklopen). Vor die Wahl gestellt, den Göttern gleich zu werden, weil er ein so hervorragender Krieger war, oder nach Hause zurückkehren zu können, entscheidet sich Odysseus für sein Zuhause, seine Familie, die ihm als erstrebenswertestes Gut gilt.
Prof. Chirinos beleuchtet das Thema auch philosophischer Perspektive ausgehend von . Aristoteles’ Definition des Menschen als zoón logicón (denkendes Lebewesen) und eines zoón politicón (gemeinschaftliches Wesen). Im Lauf der Geschichte wurde immer wider versucht, dieses Menschenbild auf andere Grundlagen zu stellen. Am wenigsten wurde die Seite der menschlichen Schwachheit und Bedürftigkeit ernst genommen. Erst die Care Ethic hat sich ihrer angenommen. Mit dem Feminismus trat ein anderes Problem auf den Plan: der Anspruch an jede Frau, außer Haus zu arbeiten, um sich zu verwirklichen. Dabei traten z.T. groteske Situationen auf, in denen Mütter ihre Kinder unversorgt ließen, um sich um die Kinder anderer, fremder Familien kümmern und Geld zu verdienen.
Erst Heidegger definiert den Menschen als Wesen, das sich sorgt und kümmert, da der Mensch nicht nur Geist, sondern auch Körper ist. In diesem Zusammenhang kommt die Referentin wieder auf Odysseus zurück, der von seiner betagten Dienerin durch Berührung an einer Narbe wiedererkannt wird. Die Pflege verbindet den Pflegenden mit dem ihm Anbefohlenen und es ergibt sich eine zwischenmenschliche Vertrautheit her. Gerade die Arbeit im Haus, die Sorge um und für die Familie, hat einen hohen menschlichen Wert, der nicht mit Geld aufzurechnen ist, der aber auch finanziell entsprechend anerkannt werden müsste. Sowohl Pflege als auch Nahrungszubereitung sind kulturelle, weil menschliche Werte, die ganz wesentlich zur Vermenschlichung unserer High-Tech-Gesellschaft beitragen. Studien belegen, dass es in Familien, in denen es ein Zuhause mit gemeinsamen Mahlzeiten gibt, weniger Drogen - und Alkoholprobleme gibt, weniger Schulversagen. Ein Zuhause, in dem man sich anerkannt und geliebt weiß, gibt jedem Menschen den Rückhalt, den er braucht, um das Leben meistern zu können. Auf diesem Hintergrund ist die Wahl des Odysseus, lieber nach Hause zurückzukehren als höchsten Ruhm zu erwerben, voll verständlich. Er erweist sich als echter Mensch.
Der gesamte Text wird demnächst veröffentlicht.