Christi Königtum ist die fürsorgliche und liebevolle Herrschaft eines Hirten

Am Ende des Kirchenjahres feiert die Kirche Jesus Christus als König. Bevor wir uns im Advent auf die Geburt des göttlichen Kindes an Weihnachten vorbereiten und damit das neue Kirchenjahr beginnen, feiern wir abschließend seine Königsherrschaft. Eine Betrachtung von Andreas Kuhlmann.

Am Ende des Kirchenjahres, dem 34. Sonntag – in diesem Jahr 2017 fällt er auf den 26. November – feiert die Kirche Jesus Christus als König. Bevor wir uns im Advent auf die Geburt des göttlichen Kindes an Weihnachten vorbereiten und damit das neue Kirchenjahr beginnen, feiern wir abschließend seine königliche Herrschaft, die in Bethlehem vor gut 2000 Jahren unscheinbar und bescheiden begann: „Das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“ (aus der Präfation). Die Geburt Jesu setzt den Anfang von dem, was seine Vollendung am Ende der Zeiten erfahren wird, wenn der wahre Herrscher der Welt wiederkehren wird. Dieser Bogen spannt sich über das ganze Kirchenjahr von Weihnachten bis zum Christkönigssonntag.

An vielen Stellen in der Heiligen Schrift scheint das Königtum von Jesus Christus durch Bilder, Erzählungen und Gleichnissen hindurch – mittels der inspirierten Autoren oder aus dem Munde der Propheten oder des Herrn selbst. In diesem Jahr hören wir in der ersten Lesung Worte des Prophetenbuchs Ezechiel, die einen wesentlichen Zug seines Königtums hervorheben. Christus scheint selbst zu sprechen: „Wie ein Hirt sich um die Tiere seiner Herde kümmert an dem Tag“. Es ist eine fürsorgliche und liebevolle Herrschaft, die sich ganz um das Wohl der Herde kümmert und auf jedes einzelne Mitglied acht gibt: „Die verlorengegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen kräftigen“ (Ez 34). Dieser König, der wie sein Reich nicht von dieser Welt ist (vgl. Joh 18,33-36), pflegt eine nahezu rührende Beziehung zu jedem seiner bedürftigen „Untertanen“, mit denen wir Christen und weiter alle Menschen gemeint sind.

Zudem bekommen die Prophetenworte, die die Kirche von Anfang an auf Jesus Christus bezogen hat, durch die Worte des Sohnes Gottes selbst einen gewissen Ernst. Er ist der gute Hirte, der seine Herde um sich sammeln will, und dennoch kann er offenbar nicht alle bei sich bewahren. Das Evangelium (Mt 25) der Messfeier stellt uns die „große Scheidung“ (ein Ausdruck C. S. Lewis) zwischen den Schafen und den Böcken vor Augen. Es ist das Geheimnis der menschlichen Freiheit und der sich selbst auf geheimnisvolle Weise auferlegten göttlichen Ohnmacht, die es möglich macht, dass sich die Schafe – Menschen mit ihrem freien Willen – durch ihr Verhalten aus der Herde ausschließen, zu „Böcken“ werden, die das Himmelreich nicht erlangen. Der gute Hirt Jesus Christus wird so zum Richten über diejenigen genötigt, die sich gegen seine Gebote vergangen haben. Jesus Christus selbst skizziert diesen König mit einer majestätischen Souveränität und Strenge, die von manchen unserer Zeitgenossen als „unevangelisch“ und als „Drohbotschaft“ wahrgenommen wird. Tatsächlich ist die Botschaft des Evangeliums, die Lehre Jesu, eine fordernde Einladung zur wahren Nachfolge: Weder Hirten als Wölfe im Schafspelz noch bockige Schafe kommen ohne weiteres in dieses ewige Reich des Lebens und der Liebe. So mahnen uns die Worte des Herrn und rufen uns zur Besinnung, die uns die Kirche jedes Jahr in der adventlichen Bußzeit jährlich anbietet, damit wir uns auf die Geburt des Königs vorbereiten.

Wir wollen wie der heilige Josefmaria Gottes Sohn in unser Leben aufnehmen: „Angesichts dieses traurigen Schauspiels fühle ich mich gedrängt, dem Herrn Genugtuung zu leisten. Und wenn ich jenen unaufhörlichen Schrei der Auflehnung höre, der weniger in Worten als in schlechten Taten besteht, fühle ich mich gedrängt, laut zu rufen: Oportet illum regnare! (1 Kor 15,25) Er soll als König herrschen.“ (Christus begegnen, Nr. 179)