Brief des Prälaten (1. November 2019) über die Freundschaft

Ein Pastoralbrief von Msgr. Fernando Ocariz über die Freundschaft. “Wir sollten lernen, uns stets um unsere Freunde zu kümmern, ohne jedoch unsere eigenen Aufgaben zu vernachlässigen”.

Gott schütze Euch, meine lieben Töchter und Söhne!

1 Im ersten langen Brief, den ich Euch geschrieben habe, habe ich die Beschlüsse des Generalkongresses zusammengefasst und geschrieben, dass „die derzeitigen Umstände es für die Evangelisierung noch notwendiger machen als zuvor, dem persönlichen Kontakt Vorrang einzuräumen. Dieser Beziehungsaspekt steht im Zentrum des apostolischen Wirkens, so wie es der heilige Josefmaria in den Berichten des Evangeliums vorfand.“[1]

Bei vielen Begegnungen, die ich mit Menschen unterschiedlicher Länder hatte, kamen spontan Überlegungen und Fragen zur Freundschaft zur Sprache. An ihre menschliche und christliche Bedeutung hat uns der heilige Josefmaria immer wieder erinnert. Außerdem haben wir viele Zeugnisse darüber, wie er selbst zahlreiche Freundschaften pflegte, die er zeit seines Lebens beibehielt. Wir wissen nur allzu gut, wie er darauf bestand, dass das wichtigste Apostolat im Werk das der Freundschaft und des vertraulichen Gespräches ist. In diesem Brief möchte ich einige Aspekte der Lehre unseres Vaters hinsichtlich dieses Themas in Erinnerung rufen.

Die Freundschaft Jesu Christi

2 Was Freundschaft natürlicherweise sein kann, hat Jesus Christus, der vollkommene Mensch, in vollem Maße erfüllt. Im Evangelium sehen wir, wie er von Jugend an freundschaftlich mit seinen Mitmenschen umging. Schon als er zwölf Jahre alt war, hielten es Maria und Josef auf dem Rückweg von Jerusalem für selbstverständlich, dass er sich mit einer Gruppe von Freunden oder Verwandten auf den Weg machte (vgl. Lk 2, 44). Während seines öffentlichen Lebens, sehen wir unseren Herrn dann häufig zu Besuch bei Freunden und Bekannten, etwa im Haus des Petrus (vgl. Lk 4, 38), bei Levi (vgl. Lk 5, 29), Simon (vgl. Lk 7, 36), Jairus (vgl. Lk 8, 41) und Zachäus (vgl. Lk 19, 5). Außerdem sehen wir, wie er zusammen mit anderen an der Hochzeit zu Kana (vgl. Joh 2, 1) und an den Tempelfesten teilnimmt (vgl. Joh 8, 2). Andere Male widmet er sich nur seinen Jüngern (vgl. Mk 3, 7).

Jedwede Gelegenheit dient dem Herrn als Anlass, eine freundschaftliche Beziehung anzuknüpfen, und oft sehen wir, wie er einzeln mit jemand spricht. Wenige Minuten des Gespräches genügten, und die Frau aus Samarien wusste sich erkannt und verstanden. Genau das brachte sie auf die Frage: Ist er vielleicht der Christus? (Joh 4, 29). Nachdem die Emmausjünger Jesus eine Zeitlang begleitet und sich dann mit ihm zu Tisch gesetzt hatten, erkannten sie die Gegenwart jenes Freundes, der ihr Herz mit seinem Wort entzündet hatte (vgl. Lk 24, 32).

Häufig widmet der Herr seinen Freunden mehr Zeit. So etwa den Geschwistern in Betanien. Während langen Tagen enger Vertrautheit „ist Jesus sehr aufmerksam mit ihnen, macht ihnen Mut und erwidert Freundschaft mit Freundschaft. Was mögen das im Haus von Betanien für Gespräche gewesen sein mit Lazarus, Marta und Maria!“[2] „Hier lernen auch wir, dass die Freundschaft mit Christus tiefes Vertrauen schafft (vgl. Joh 11,21) und voller Empathie ist, besonders, wenn es gilt, anderen im Leid beizustehen ( Joh 11,35)."

Doch der Moment, in dem der Herr uns seine Freundschaft am innigsten anzubieten wünscht, ist das Letzte Abendmahl. Voll Vertrautheit sagt Jesus den Aposteln: Ich habe euch Freunde genannt (Joh 15, 15). Und durch sie hat er es zu allen gesagt. Gott liebt uns nicht nur als Geschöpfe, sondern als Kinder, denen er in Christus wahre Freundschaft anbietet. Wir antworten auf diese Freundschaft, wenn wir unseren Willen mit dem seinen vereinen und tun, was der Herr möchte (vgl. Joh 15, 14).

„Idem velle atque idem nolle – dasselbe wollen und dasselbe abweisen – das haben die Alten als den eigentlichen Gehalt der Liebe erkannt: das Einander-ähnlich-Werden, das zur Gemeinsamkeit des Wollens und Denkens führt. Die Liebesgeschichte zwischen Gott und dem Menschen besteht eben darin, dass diese Willensgemeinschaft in der Gemeinschaft des Denkens und des Fühlens wächst und so unser Wollen und Gottes Wille immer mehr ineinanderfallen. Der Wille Gottes ist für mich nicht mehr ein Fremdwille, den mir Gebote von außen auferlegen, sondern mein eigener Wille, und zwar aus der Erfahrung heraus, dass Gott mir in der Tat innerlicher ist als ich mir selbst. So wächst Hingabe an Gott und Gott wird unser Glück (vgl. Ps 73 [72], 23-28).“[3]

3 Zu wissen, dass wir in echter Freundschaft mit Jesus verbunden sind, gibt uns Sicherheit, denn er ist treu. „Die Freundschaft mit Jesus ist unverbrüchlich. Er verlässt uns nie, auch wenn er manchmal zu schweigen scheint. Wenn wir ihn brauchen, lässt er sich von uns finden (Jer 29,14) und bleibt an unserer Seite, wo immer wir auch hingehen (vgl. Jes 1,9). Denn niemals kündigt er einen Bund auf. Uns bittet er, ihn nicht zu verlassen: ›Bleibt in mir und ich bleibe in euch‹ (Joh 15,4). Wenn wir uns aber entfernen, ›bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen‹ (2 Tim 2,13).“[4]

Die Freundschaft Jesu erwidern heißt ihn lieben, und diese Liebe ist die Seele des christlichen Lebens und will sich in allem äußern, was wir tun. „Wir brauchen ein reiches inneres Leben, das die Freundschaft mit Gott klar erkennbar macht und für jegliche Arbeit mit den Seelen unerlässlich ist“[5]. Jedes Apostolat, jeder Einsatz für die Menschen entspringt dieser Freundschaft mit Gott, der Quelle echter christlicher Nächstenliebe. „Wenn Ihr in Freundschaft mit Gott lebt, der ersten, die wir pflegen und kräftigen müssen, werdet Ihr schließlich viele und echte Freunde haben (vgl. Sir 6, 17). Die Mühe, die sich Gott beständig mit uns gegeben hat und gibt, damit wir in seiner Liebe bleiben, ist dieselbe, die er sich mit vielen anderen Menschen geben möchte, nur dass wir dabei seine Werkzeuge sein sollen.“[6]

Der menschliche und christliche Wert der Freundschaft

4 Freundschaft ist ein vielgestaltiges menschliches Phänomen, eine Form wechselseitiger Liebe zwischen zwei Menschen, die darauf aufbaut, dass man einander kennt und miteinander kommuniziert [7]. Sie ist eine Art „Liebe in beide Richtungen, die der anderen Person jegliches Gute wünscht und die Einheit und Glück mit sich bringt“[8]. Daher sagt die Heilige Schrift: Für einen treuen Freund gibt es keinen Preis, nichts wiegt seinen Wert auf (Sir 6, 15).

Die Nächstenliebe erhebt die menschliche Liebesfähigkeit und also auch die Freundschaft auf eine übernatürliche Ebene: „Die Freundschaft ist eine der edelsten und erhabensten menschlichen Beziehungen, die von der Gnade Gottes gereinigt und verklärt wird“[9]. Zuneigung kann spontan auftreten, muss aber stets durch entsprechenden persönlichen Umgang und zeitliche Widmung wachsen. „Freundschaft ist nicht eine flüchtige und vorübergehende Beziehung, sondern beständig, fest, treu; sie reift im Laufe der Zeit. Sie ist eine Beziehung der Zuneigung, die uns untereinander verbindet, und zugleich ist sie eine großzügige Liebe, die uns das Wohl des Freundes suchen lässt.“[10]

5 Gott bedient sich häufig echter Freundschaften, um sein Erlösungswerk zu vollbringen. Das Alte Testament erzählt von der Freundschaft zwischen dem jungen David und Jonatan, dem Thronfolger von Israel. Dieser zögerte nicht, mit seinem Freund alles zu teilen, was er besaß (vgl. 1 Sam 18, 4), und in schwierigen Augenblicken erinnerte er seinen Vater Saul daran, wie viel Gutes er dem jungen David zu verdanken hatte (vgl. 1 Sam 19, 4). Um seinen Freund zu schützen, ging Jonatan sogar so weit, sein Anrecht auf den Thron zu riskieren, denn er liebte ihn wie sein eigenes Leben (1 Sam 20, 17). Diese aufrichtige Freundschaft half den beiden, Gott treu zu bleiben (vgl. 1 Sam 20, 8, 42).

Das Vorbild der frühen Christen ist besonders vielsagend. Unser Vater wies darauf hin, wie „sie einander liebten, zärtlich und stark, mit der Liebe, die aus dem Herzen Christi kommt“[11]. Vom Beginn der Kirche an Die ist gegenseitige Liebe das Kennzeichen der Jünger Christi (vgl. Joh 13, 35).

Ein weiteres Beispiel aus den ersten Jahrhunderten des Christentums finden wir in den Heiligen Basilius und Gregor von Nazianz. Ihre Jugendfreundschaft dauerte ihr Leben lang, und bis heute werden sie nach dem liturgischen Kalender am selben Tag gefeiert. Der heilige Gregor erzählt, dass „beide nur eine Aufgabe und ein erstrebenswertes Ziel hatten, nämlich für die Tugend und auf die künftige Hoffnung hin zu leben“[12]. Ihre Freundschaft lenkte sie nicht nur nicht von Gott ab, sondern brachte sie ihm näher: „Wir versuchten, unser Leben und alle unsere Handlungen gemäß der Weisung des göttlichen Gebotes zu führen und spornten uns gegenseitig im Tugendeifer an“[13].

6 „In einem Christen, in einem Kind Gottes, bilden Freundschaft und Gottesliebe eine einzige Realität: Sie sind Licht Gottes, das Wärme spendet.[14] Mit einem Gebetswort des heiligen Augustinus kann man sogar sagen, dass es unter Christen „wahre Freundschaft nur dort gibt, wo du sie in Seelen knüpfst, die dir in Liebe verbunden sind“[15]. Da die Nächstenliebe andererseits mehr oder weniger intensiv sein kann und die verfügbare Zeit außerdem begrenzt ist, kann Freundschaft mehr oder weniger tief sein. So nennt man einen guten Bekannten vielleicht recht schnell seinen Freund. Das schließt aber nicht aus, dass da bereits echte Freundschaft ist, die nur noch nicht bewährt und tief ist.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends betonte der heilige Johannes Paul II., künftige apostolischen Initiativen würden nichts als, „seelenlose Apparate“ sein, wenn sie nicht darauf abzielten, jeden Menschen so aufrichtig zu lieben, dass ich „seine Freuden und seine Leiden teilen, seine Wünsche erahnen und mich seiner Bedürfnisse annehmen und ihm schließlich echte, tiefe Freundschaft anbieten kann“[16]. Unsere Häuser sind für eine große Katechese da und sollen Orte sein, wo Menschen aufrichtige Liebe finden und lernen, echte Freunde zu sein.

7 Die christliche Freundschaft schließt niemanden aus, sie muss von der Absicht getragen sein, für jeden ein offenes Herz zu haben. Die Pharisäer kritisierten, dass Christus ein Freund der Zöllner und Sünder (Mt 11, 19) war, als sei das etwas Schlechtes. Da wir Christus trotz unserer Begrenztheit nachahmen, schließen auch wir niemanden aus und „halten keinen Menschen von unserer Liebe in Jesus Christus fern. Daher müsst Ihr eine feste, loyale und aufrichtige – das heißt christliche – Freundschaft mit allen Euren Arbeitskollegen pflegen. Mehr noch, mit allen Menschen, ganz gleich, wie sie leben.“[17]

Christus war örtlich und zeitlich voll in das Sozialgefüge seiner Heimat und seiner Zeit integriert und auch darin unser Vorbild. So schrieb der heilige Josefmaria: „Jesus schränkt sein Gespräch nicht auf eine kleine, begrenzte Gruppe ein, er spricht mit allen. Mit den heiligen Frauen, mit wahren Menschenmassen, mit den Vertretern der Oberschicht in Israel wie Nikodemus, mit Zöllnern wie Zachäus, mit Menschen, die als Fromme galten, und mit Sündern wie der Samariterin, mit Kranken und Gesunden, mit den Armen, die er aus ganzem Herzen liebte, mit Gesetzeslehrern und mit Heiden, deren Glauben er mehr als den von Israel lobte, mit Alten und mit Kindern. Niemandem verweigert Jesus sein Wort, und es ist ein Wort, das heilt, das tröstet, das erleuchtet. Wie oft habe ich selbst die Art betrachtet und betrachten lassen, mit der Christus apostolisch vorgeht. Sie ist menschlich und göttlich zugleich und gründet auf Freundschaft und vertrauensvollem Gespräch.“[18]

Zeichen der Freundschaft

8 Freundschaft führt in besonderer Weise zu Verständnis, diesem unverzichtbaren Ausdruck der Nächstenliebe. „Die echte Freundschaft erfordert nicht zuletzt das herzliche Bemühen darum, die Ansichten unserer Freunde zu verstehen, auch wenn wir sie nicht teilen oder übernehmen können“[19]. Auf diese Weise helfen uns unsere Freunde, Ansichten über das Leben zu verstehen, die anders sind als die eigenen. Sie bereichern unsere innere Welt, und wenn die Freundschaft tief ist, erlauben sie uns, die Dinge mit anderen als den eigenen Augen zu sehen. Schließlich empfinden wir wirklich mit, was die anderen denken und fühlen, das heißt, wir haben an dem teil, was sie erleben und erleiden.

Die Liebe zu den anderen setzt voraus, dass wir sie anerkennen und sein lassen, wie sie sind, mit ihren Problemen, ihren Fehlern, ihrer persönlichen Geschichte, ihrem Umfeld und den Situationen, in denen wir sie Jesus näherbringen können. Um daher eine wirkliche Freundschaft zu beginnen, müssen wir lernen, die Menschen liebevoll anzuschauen, bis wir sie mit den Augen Christi sehen. Dafür müssen wir unsere Sicht von jedem Vorurteil reinigen, das Gute in allen Menschen entdecken lernen und darauf verzichten, sie nach unserem Bild umformen zu wollen. Damit ein Freund unserer Zuneigung sicher sein kann, braucht er keine Vorbedingungen zu erfüllen. Als Christen sehen wir in jeden Menschen vor allem das von Gott geliebte Geschöpf. Jede Person ist einzigartig, und ebenso einzigartig ist jede Freundschaftsbeziehung.

Der heilige Augustinus bemerkt, dass „man nicht allen die gleiche Medizin anbieten darf, auch wenn man allen die gleiche Liebe schuldet. Dieselbe Nächstenliebe gibt den einen Licht und leidet mit den anderen (…), manchen gegenüber ist sie ganz sanft, und andere behandelt sie streng. Sie ist niemandes Feind und aller Mutter.“[20] Freund sein heißt lernen, jeden Menschen so zu behandeln, wie Gott es tut. „Bei der Erschaffung der Seelen wiederholt sich Gott nicht. Jeder ist, wie er ist, und man muss jeden so behandeln, wie Gott ihn gemacht hat und wie Gott ihn führt.“[21] Weil es darum geht, das Wohl des Mitmenschen zu erkennen und zu wünschen, bedeutet Freundschaft auch, mit den Freunden und für die Freunde zu leiden. Unter schwierigen Umständen ist es eine große Hilfe, den Glauben daran zu erneuern, dass Gott auf seine Weise und nach seinem Schrittmaß in der Seele jedes Menschen am Werke ist.

9 Freundschaft hat außerdem einen unschätzbaren sozialen Wert, denn sie trägt zur innerfamiliären Harmonie und zur Schaffung einer gesellschaftlichen Atmosphäre bei, die dem Einzelnen besser gerecht wird. „Aus göttlicher Berufung“, so schreibt uns unser Vater, „lebt Ihr mitten in der Welt und teilt mit den anderen Menschen – euresgleichen – Freuden und Enttäuschungen, Mühen und Begeisterung, Ziele und Abenteuer. Wo immer Ihr unterwegs seid auf den ungezählten Wegen der Erde, werdet Ihr Euch bemühen, mit allen zusammenzuleben, mit allen in Beziehung zu treten, um zu einer Atmosphäre des Friedens und der Freundschaft beizutragen. Denn dazu bewegt uns unser Geist.“[22]

Eine freundschaftliche Atmosphäre der Freundschaft, wie sie jeder in seiner Umgebung verbreiten soll, ist das Ergebnis vielfältiger Bemühungen, seinen Mitmenschen das Leben angenehmer zu machen. Damit sich die anderen angenommen fühlen und glücklich sein können, ist es wichtig, an Liebenswürdigkeit, Freude, Geduld, Optimismus, Feingefühl und an allen Tugenden zuzulegen, die das Zusammenleben liebenswert machen: Eine süße Rede vermehrt Freunde und eine redegewandte Zunge vermehrt, was willkommen ist (Sir 6, 5). Sich für die Besserung des eigenen Charakters einzusetzen, ist unerlässlich, um freundschaftliche Beziehungen zu fördern.

Hingegen können gewisse Weisen, sich auszudrücken, eine freundschaftliche Atmosphäre stören oder erschweren. Wenn wir zum Beispiel die eigene Meinung zu kategorisch darlegen und den Anschein erwecken, als hielten wir die eigenen Vorstellungen für die einzig richtigen, oder wenn wir uns nicht aktiv für das interessieren, was die anderen sagen, dann führt unsere Haltung dazu, dass wir uns in uns selbst verschließen. Manchmal offenbaren diese Verhaltensweisen eine Unfähigkeit, zwischen dem zu unterscheiden, was der freien Meinung überlassen ist und was nicht. Oder sie offenbaren eine Unfähigkeit, Fragen zu relativieren, auf die es nicht nur eine richtige Antwort gibt.

10 Die christliche Sorge um die anderen entsteht aus unserer Verbindung mit Christus und aus unserer Identifizierung mit der Aufgabe, zu der er uns berufen hat: „Wir sind für die Vielen da: Wir schließen uns nicht ab, leben unter den Augen der Leute und tragen tief in der Seele die Worte unseres Herrn Jesus Christus: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen, sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen (Mk 8, 2).“[23]

Die Verbindung mit seinen Freunden zu festigen, braucht Zeit und Aufmerksamkeit, häufig auch den Verzicht auf Bequemlichkeiten oder persönlichen Vorlieben. Für einen Christen braucht es aber vor allem Gebet, denn darin finden wir die Energie, die die Welt verändern kann. Da können wir gewiss sein. „Damit diese unsere Welt dem Wege Christi folgt – dem einzigen, der sinnvoll ist –, muss uns mit unseren Mitmenschen eine loyale Freundschaft verbinden, die nur auf der Grundlage einer loyalen Freundschaft mit Gott entstehen kann“[24].

Aufrichtige Freundschaft

11 „Der echte Freund kann für seinen Freund keine zwei Gesichter haben – vir duplex animo inconstans est in omnibus viis suis (Jak 1, 8) – der Falsche ist ein Mensch mit zwei Seelen, unbeständig auf all seinen Wegen. Wenn die Freundschaft loyal und ehrlich ist, verlangt sie Verzicht, Stärke, gegenseitige Hilfe, echte und statthafte Dienste. Ein Freund ist in dem Maße stark und aufrichtig, wie er großzügig an die anderen denkt, zu persönlichen Opfern bereit ist und dabei übernatürlich klug bleibt.“[25] Freundschaft ist immer ein wechselseitiger, ehrlicher Austausch. Jeder steuert seine eigene Erfahrung bei, sodass beide voneinander lernen.

Freunde teilen ihre Freuden mit den anderen wie der Hirt bzw. die Frau, als sie das verlorene Schaf oder die verlorene Drachme wiedergefunden hatten (vgl. Lk 15, 6 u. 9). Außerdem teilen sie ihre Wünsche und Pläne und selbst ihre die Sorgen miteinander. Freundschaft zeigt sich in erster Linie in der Hilfsbereitschaft, wie wir sie bei jenem Mann sehen, der sich an Jesus wandte und ihn um die Gesundheit für einen Knecht seines Freundes bat, des Hauptmanns von Kapernaum (vgl. Lk 7, 6). Und vor allem: Eine wirklich große Freundschaft drängt es, die Freundschaftsliebe Jesu in ihrer ganzen Größe nachzuahmen: Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt (Joh 15, 13).

12 Manchmal schafft es jemand wegen seiner Zurückhaltung oder Ängstlichkeit nicht, anderen seine ganze Zuneigung so zu zeigen, wie er eigentlich wollte. Überwindet er aber Reserviertheit und Angst, öffnet das die große Chance, dass Gott seine Liebe über die Freunde desjenigen auszugießen: „Echte Freundschaft besteht aus aufrichtiger gegenseitiger Liebe, die die Freiheit und das Innerste beider schützt“[26]. In diesem Sinne weist der heilige Thomas darauf hin, dass wahre Freundschaft sich nach außen manifestieren muss, sie verlangt „die Gegenseitigkeit der Liebe, denn der Freund ist dem Freund ein Freund“[27].

Wenn wir jemandem aufrichtig unsere Freundschaft anbieten, setzen wir uns einem gewissen Risiko aus, denn möglicherweise wird sie nicht erwidert. Im Leben des Herrn zeigt sich diese Erfahrung, als es der reiche junge Mann vorzieht, einen anderen Weg zu gehen (vgl. Mk 10, 22), oder als Jesus beim Abstieg vom Ölberg im Gedanken an die Menschen, deren Herz verhärtet ist, über Jerusalem weint (vgl. Lk 19, 41). Solche Erfahrungen stellen sich früher oder später bei jedem ein. Daher muss man seine Angst vor neuen Risiken überwinden, so wie es Christus mit jedem von uns ja auch tut. Das heißt, man muss diese Verwundbarkeit akzeptieren und immer wieder den ersten Schritt tun. Und statt einer Gegenleistung das große Gut einer wirklichen Freundschaft in den Blick nehmen, die so entstehen kann.

13 Um in unserer Familie und in unserem Umfeld eine Atmosphäre zu schaffen, in der fruchtbare Freundschaften wachsen können, sollten wir persönliche Spontaneität und Eigeninitiative fördern, die sich ja beide wegen der Trägheit nicht in jedem Umfeld entwickeln können. Alle um uns herum müssen sich so geben können, wie sie sind. Das führt logischerweise zu einem Pluralismus, den „wir lieben und fördern müssen, auch wenn die Unterschiedlichkeit bisweilen eine Herausforderung sein kann. Wer die Freiheit liebt, dem gelingt es, das Positive und Liebenswerte im Denken anderer in vielen Bereichen zu entdecken.“[28] Den wertzuschätzen, der anders ist oder anders denkt, ist eine Haltung, die innere Freiheit und einen offenen Blick erkennen lässt – zwei Kennzeichen echter Freundschaft.

Andererseits sieht Freundschaft – wie die Liebe, deren Ausdruck sie ist – nicht in jedem Fall gleich aus. Nicht mit allen Freunden teilt man seine eigene innere Welt. So ist zum Beispiel die Freundschaft zwischen Eheleuten, zwischen Eltern und Kindern, die der der heilige Josefmaria so eindringlich anriet, die Freundschaft zwischen Geschwistern oder unter Kollegen jeweils von unterschiedlicher Art. Bei jeder von ihnen werden solche innere Räume geöffnet, die der jeweiligen Beziehung entsprechen. In einer Freundschaft mangelt es nicht an Aufrichtigkeit oder Tiefe, wenn die unterschiedlichen Grade der Vertrautheit eingehalten werden. In der Regel ist dies eine Bedingung dafür, dass eine Beziehung in ihrer konkreten Art Bestand hat.

Freundschaft und Brüderlichkeit

14 Der selige Alvaro del Portillo schrieb, dass „für die, die Gott lieben, das Bewusstsein der Kindschaft und der freundschaftliche Umgang mit Gott untrennbar zusammen gehören“[29]. In ähnlicher Weise besteht auch eine enge Beziehung zwischen Brüderlichkeit und Freundschaft. Die Brüderlichkeit wird von einer Beziehung, die lediglich auf der gemeinsamen Kindschaft beruht, zu einer Freundschaft aus persönlicher Zuneigung zwischen Geschwistern, mit allem, was das an gegenseitigem Interesse mit sich bringt, an Verständnis, Austausch, an aufmerksamer und feinfühliger Unterstützung sowie an materieller Hilfe.

In diesem Sinn drängt es auch die Brüderlichkeit, die in der gemeinsamen Berufung zum Werk wurzelt, sich als Freundschaft auszudrücken. Sie erreicht ihre Reife, wenn das Gut, das man dem anderen wünscht, sein Glück, seine Treue und seine Heiligkeit sind. Solche Freundschaft ist keine „besondere“, als sei sie die einzige oder schlösse andere aus. Vielmehr ist sie immer offen für andere, auch wenn es die Begrenzungen von Raum und Zeit mit sich bringen, dass man sich nicht mit allen gleich intensiv austauschen oder treffen kann.

„Mit ausgesuchter Nächstenliebe – die ein Charakteristikum im Werk Gottes ist – helfen wir einander, die eigene Heiligkeit und die Heiligkeit der anderen zu fördern und zu lieben. Wir fühlen uns stark mit jener Stärke von Spielkarten, die sich allein nicht aufrecht halten können, aber eine feste, uneinnehmbare Burgen bilden, wenn sie sich gegenseitig stützen.“[30] So ist es dieselbe Liebe, die uns untereinander eint und die das Werk eint.

15 Freundschaft fördert gemeinsame Aufgaben und treibt sie ständig an. Wir teilen unsere Freuden und Pläne, unsere Sorgen und Wünsche mit unseren Geschwistern, auch wenn es natürlich Bereiche der persönlichen Gottesbeziehung gibt, die der geistlichen Leitung vorbehalten bleiben, zumindest im Normalfall. Genauso verhält es sich bei der Freundschaft unter den Eheleuten, Eltern und Kindern wie überhaupt unter guten Freunden.

Das Bemühen, den anderen das Leben angenehm zu machen, ist ein schöner Teil unseres Alltags. Auf diesem Gebiet können wir kaum übertreiben, sofern wir mit gesundem Menschenverstand und übernatürlichem Sinn handeln. Schließlich geht es um eine elementare Hilfe auf dem Weg zur Heiligkeit. „Es macht mir nichts aus, es immer wieder zu sagen: Alle Menschen brauchen warmherzige Liebe, auch wir im Werk. Bemüht euch darum, dass die Zuneigung zu euren Geschwistern ohne alle Sentimentalitäten immer größer wird. Jede Angelegenheit eines meiner Kinder muss wirklich ganz die unsere sein.“[31] An solch eine warmherzige Zuneigung erinnern sich besonders diejenigen, die mit unserem Vater zusammen gelebt haben. Diese Liebe drängte ihn, für jede seiner Töchter und für jeden seiner Söhne das Beste zu wollen. Zugleich trieb ihn diese Liebe an, ihre Freiheit entschieden zu achten.

16 Herzliche Liebe unter Geschwistern ist eine Weise der Nächstenliebe. Einerseits führt sie dazu, dass man die anderen mit den Augen Christi sieht und deshalb ihren Wert immer wieder neu entdeckt. Und andererseits macht sie wünschen, dass die anderen immer besser, also immer heiliger werden. Der heilige Josefmaria riet uns: „Habt stets ein sehr großes Herz, das Gott und die Mitmenschen liebt. Ich bitte Gott häufig darum, dass er mir ein Herz wie sein Herz geben möge. An erster Stelle, um mich mehr mit ihm selbst zu erfüllen, und dann, um alle Menschen zu lieben, ohne je schlecht über sie zu sprechen. Vielmehr versuche ich, ihre Fehler zu verstehen und zu entschuldigen, denn ich darf nicht vergessen, dass Gott auch mich erträgt. Dieses Verständnis, das echte Liebe ist, zeigt sich auch in der brüderlichen Zurechtweisung, immer wenn sie nötig ist. Denn sie ist ein durch und durch übernatürliches Mittel, um den Menschen in unserer Umgebung zu helfen.“[32] Die brüderliche Zurechtweisung ist eine Sache der Liebe und belegt unseren Wunsch, dass die anderen wirklich glücklich werden. Manchmal kann es schwerfallen, sie zu erteilen – auch das ein Grund, sie dankbar anzunehmen.

17 Das persönliche Glück hängt nicht von unseren Erfolgen ab, sondern von der Liebe, die wir empfangen, und von der Liebe, die wir schenken. „Die Liebe zu unseren Brüdern und Schwestern gibt uns die Sicherheit, die wir brauchen, um den wunderschönen Kampf der Liebe und des Friedens weiterhin zu führen: In hoc pulcherrimo caritatis bello! [in diesem herrlichen Kampf aus Liebe!] versuchen wir, allen Menschen ohne Unterschied der Sprache, der Nation oder gesellschaftlichen Verhältnisse die Liebe Christi zu bringen.“[33] Wissen wir doch, wie sehr unser Vater das Wort der Heiligen Schrift schätzte: Frater qui adiuvatur a fratre quasi civitas firma (Vg. Pr 18,19), der Bruder, dem sein Bruder hilft, ist wie eine ummauerte Stadt.

Während der letzten Beisammensein, die Don Javier mit uns verbrachte, sagte er häufiger: „Habt einander sehr gern!“ Wie immer war auch dieser Aufruf ein Echo der Anliegen unseres Vaters: „Wie eindringlich predigte der Apostel Johannes das mandatum novum – das neue Gebot! – Liebt einander!" – „Ich möchte vor euch auf die Knie fallen – das wäre keine Pose, mein Herz verlangt wirklich danach! – und euch um der Liebe Gottes willen bitten, dass ihr einander liebt, einander helft und die Hand reicht und euch gegenseitig zu vergeben versteht. – Darum: Weg mit dem Hochmut! Habt Mitgefühl füreinander! Habt Liebe zueinander! Helft euch gegenseitig durch das Gebet und durch aufrichtige Freundschaft.“[34]

Ein Apostolat der Freundschaft und des vertraulichen Gesprächs

18 Von den ersten Jahren des Opus Dei an lehrte der heilige Josefmaria, auf welche konkrete Art und Weise Gott uns einlädt, das Evangelium mitten in der Welt zu verkünden: „Eure Aufgabe ist es, die Menschen zu Gott zu führen: mit dem passenden Wort, das ihnen apostolische Horizonte eröffnet, mit einem klugen Rat, der ihnen hilft, ein Problem aus christlicher Perspektive anzugehen, mit dem liebenswürdigen Gespräch, das ihnen eröffnet, wie sie die Nächstenliebe leben können – eben durch ein Apostolat, das ich einmal das der Freundschaft und des vertraulichen Gespräches genannt habe.“[35]

Echte Freundschaft ist wie die Nächstenliebe, die die natürliche Dimension der Freundschaft ins Übernatürliche erhebt, ein Wert an sich. Sie ist kein Mittel oder Instrument, sich Vorteile im gesellschaftlichen Leben zu verschaffen, auch wenn sie Vorteile mit sich bringen kann – ebenso wie Nachteile. Unser Vater spornt uns an, Freund vieler Menschen zu werden, warnt aber zugleich: „Meine Töchter und Söhne, Ihr werdet die Freundschaft sicherlich nicht als Taktik einsetzen, um in die Gesellschaft einzudringen. Das würde ihr den Wert nehmen, den sie in sich selbst besitzt. Denn die Freundschaft ergibt sich als erste und unmittelbarste Pflicht aus der Tatsache, dass die Menschen Brüder sind. Als Christen haben wir die Verpflichtung, die Freundschaft unter den Menschen zu fördern, gleich wie verschieden sie sind.“[36]

Die Freundschaft hat einen Wert in sich, weil sie ehrliche Sorge um den anderen ausdrückt. Daher ist „die Freundschaft selbst Apostolat, sie ist Dialog, in dem wir Licht schenken und empfangen, in dem Projekte entstehen, da wir einander die Sichtweise erweitern. Wir freuen uns über das Schöne und stützen einander in schwierigen Situationen. Wir verbringen eine schöne Zeit miteinander, denn Gott möchte, dass wir glücklich sind.“[37]

Es geht nicht an, eine loyale und aufrichtige Freundschaft zu instrumentalisieren. Ein Freund möchte dem anderen einfach mitteilen, was er Gutes in seinem Leben erfährt. Gewöhnlich denken wir nicht besonders darüber nach, es kommt einfach durch unser Verhalten, unsere positive Stimmung und Hilfsbereitschaft, wie sie sich in tausend kleinen Gesten ausdrücken. Und doch „bedeutet die Wertschätzung des Zeugnisses nicht, dass das Wort zum Schweigen gebracht werden muss. Warum nicht über Jesus sprechen, warum nicht den anderen erzählen, dass er uns die Kraft zum Leben gibt, dass es schön ist, mit ihm zu sprechen, dass es uns guttut, über seine Worte zu meditieren?“[38] So mündet die Freundschaft ganz natürlich in einen vertrauensvollen Umgang voll Rücksichtnahme und Achtung vor der Freiheit des anderen, denn gerade das macht echte Freundschaft aus.

19 Freundschaft bringt es mit sich, dass man viel Zeit miteinander verbringt, sich etwa unterwegs oder nach Tisch unterhält, gemeinsam Sport treibt oder einem Hobby nachgeht, Ausflüge unternimmt o.ä. Stets erfordert Freundschaft zeitlichen Aufwand für Umgang und Gespräch: Ohne Gespräch keine Freundschaft. „Wenn ich mit dir vom ›Apostolat der Freundschaft‹ spreche, dann meine ich eine persönliche Freundschaft, die opferfreudig ist und aufrichtig, eine Freundschaft von Du zu Du, von Herz zu Herz“[39]. Ist eine Freundschaft echt und die Sorge für den anderen aufrichtig und zugleich Thema des Gebetes, dann ist alles, was man miteinander unternimmt, auch apostolisch: Alles ist Freundschaft und alles Apostolat – ununterscheidbar.

„Daher die nicht nur menschlich unschätzbare, sondern auch göttliche Bedeutung der Freundschaft. Noch einmal sage ich Euch das Gleiche wie seit dem Beginn unseres Werkes: Seid Freunde Eurer Freunde, aufrichtige Freunde, so werden Euer Apostolat und Eure Gespräche fruchtbar sein.“[40] Es geht nicht darum, Freunde zu haben, um Apostolat zu treiben. Vielmehr soll die Liebe Gottes unsere freundschaftlichen Beziehungen so durchdringen, dass sie wahrhaft apostolisch werden.

20 Eine neue Freundschaften braucht meist Geduld, kommt dann aber wie ein unerwartetes Geschenk. Manchmal kann es wegen schlechter Erfahrungen oder Vorurteilen länger dauern, bis aus einem guten Bekannten ein richtiger Freund wird. Auch Ängste, allzu menschliche Rücksichten oder übertriebene Vorsicht können es erschweren. Da ist es gut, sich möglichst in die Lage des anderen zu versetzen und Geduld zu üben. Wir sollten uns Christus zum Vorbild nehmen, der „bereit ist, mit allen zu sprechen, sogar mit dem, der wie Pilatus von der Wahrheit nichts wissen möchte"[41].

Es gibt viele legitime Arten der Evangelisierung. Die wichtigste im Werk ist stets das Apostolat der Freundschaft. So hat es uns unser Vater beigebracht: „Kinder meiner Seele, man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Arbeit des Opus Dei da am Fruchtbarsten ist, wo seine Mitglieder persönlich durch ihr gutes Beispiel und ihre loyale Freundschaft unter ihren Berufskollegen apostolisch wirken: Auf der Universität oder in der Fabrik, im Büro, im Bergwerk oder auf dem Feld“[42]. Wir sollten lernen, uns stets um unsere Freunde zu kümmern, ohne jedoch die Aufgaben zu vernachlässigen, die wir zu erledigen haben.

21 Außerdem wird unser freundschaftlicher Umgang häufig durch die korporativen Apostolate ergänzt, wie sie in unseren Zentren und apostolischen Werken stattfinden. „Diese Freundschaft, die Beziehung zu einem von Euch, weitet sich dann, erst durch die Herzlichkeit und Sympathie, dann durch seine häufigeren Besuche im Haus des Opus Dei. Denn dort hatte man ihm gleich gesagt hat, dass er das Haus als sein eigenes betrachten soll, als sein Zuhause. Später kommt natürlich die Freundschaft mit denen hinzu, die er in diesem unserem Zuhause antrifft und kennenlernt.“[43]

22 In den Rahmen dieses Apostolates der Freundschaft gehört auch das Apostolat ad fidem [zum Glauben hin] für Menschen, die unseren Glauben nicht teilen: „Meine Töchter und Söhne! Ihr braucht Glauben, einen starken Glauben, einen lebendigen Glauben, der sich in Nächstenliebe ausdrückt, veritatem facientes in caritate (vgl. Eph 4, 15) [und sich, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit hält]. Bleibt bei Eurem Umgang mit den getrennten Brüdern und Nichtchristen bei dieser Haltung. Mit allen Liebe, mit allen Nächstenliebe, mit allen Freundschaft. Nie haben wir jemand, der in unsere körperschaftlichen Einrichtungen gekommen ist, wegen seiner religiösen Überzeugungen belästigt. Mit niemandem reden wir über unseren Glauben, wenn er es nicht möchte.“[44]

***

23 Auf diesen Seiten wollte ich Euch daran erinnern, wie sehr wir alle Freundschaft brauchen, dieses Gottesgeschenk, das uns Trost und Freude schenkt. „Gott hat den Menschen so geschaffen, dass er die Gefühle seines Herzens unbedingt mit anderen teilen muss. Wenn ihn etwas erfreut, verspürt er in sich den Drang zu singen und zu lächeln, andere an seinem Glück teilhaben zu lassen, ganz gleich wie. Wenn Schmerz seine Seele erfüllt, wünscht er Ruhe um sich herum, die ihm zeigt, dass alle ihn verstehen und respektieren. Der Mensch, wir alle, meine Töchter und Söhne, benötigen gegenseitige Unterstützung, um unseren Lebensweg zu gehen, unsere Wünsche zu verwirklichen, Schwierigkeiten zu meistern und den Erfolg unseres Strebens zu genießen. Darauf beruht die enorme menschliche wie auch göttliche Bedeutung der Freundschaft.“[45]

Die ersten jungen Männer, die sich dem Werk in den dreißiger Jahren näherten, erlebten im Umfeld unseres Vaters ein Klima echter Freundschaft. Das war das Erste, was sie anzog und in schwierigen Situationen zusammenhielt. Freundschaft bringt doppelte Freude und halbes Leid. Ein christlicher Freund wünscht seinen Mitmenschen sein größtes Glück – den Umgang mit Christus. Bitten wir mit dem heiligen Josefmaria: Jesus, forme unser Herz nach deinem Herzen![46] Das ist der Weg. Nur wenn wir die Empfindungen Christi teilen – seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht (Phil 2, 5) –, können wir diese große Freude zu uns nach Hause, an unseren Arbeitsplatz und überallhin bringen, wo wir uns sonst befinden – durch unsere Freundschaft.

Voll Liebe segnet Euch

Euer Vater

Rom, 1. November 2019

Hochfest Allerheiligen


[1] Hirtenbrief, 14.2.2017, Nr. 9

[2] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 10

[3] Benedikt XVI., Deus Caritas est, 25.12.2005, Nr. 17

[4] Papst Franziskus, Nachsynodales ap. Schreiben Christus vivit, 25.3.2019, Nr. 154

[5] Hl. Josefmaria, Brief 31.5.1943, Nr. 8

[6] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 70

[7] Vgl. Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, q. 23, a. 1, c

[8] Hl. Papst Johannes Paul II., Ansprache vor Studenten in Manila, 18.2.1981

[9] Benedikt XVI., Audienz, 15.9.2010

[10] Papst Franziskus, Nachsynodales apost. Schreiben Christus vivit, 25.3.2019, Nr. 152

[11] Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 225

[12] Hl. Gregor von Nazianz, Predigt 43

[13] Ebd.

[14] Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 565

[15] Hl. Augustinus, Bekenntnisse, 4, 7

[16] Hl. Johannes Paul II. , Apost. Schreiben Novo millennio ineunte, 6.1.2001, Nr. 43

[17] Hl. Josefmaria, Brief 9.1.1951, Nr. 30

[18] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 10

[19] Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 746. Vgl. Der Weg, Nr. 463

[20] Hl. Augustinus, Die Katechese für Anfänger, 15, 23

[21] Hl. Josefmaria, Brief 8.8.1956, Nr. 38

[22] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 2

[23] Hl. Josefmaria, Brief 31.5.1954, Nr. 23

[24] Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 943

[25] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 71

[26] Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 14

[27] Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, q. 23, a. 1, c

[28] Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 13

[29] Sel. Alvaro, „Zur Einführung“, in Freunde Gottes

[30] Hl. Josefmaria, Brief 29.9.1957, Nr. 76

[31] Worte des hl. Josefmaria, vom sel. Alvaro zitiert in Familienbriefe, I, Nr. 115

[32] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Familientreffen, 10/1972

[33] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einer Betrachtung, 29.2.1964

[34] Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 454

[35] Hl. Josefmaria, Brief 24.3.1930, Nr. 11

[36] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 54

[37] Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 14

[38] Papst Franziskus, Nachsynodales ap. Schreiben Christus vivit, 25.3.2019, Nr. 176

[39] Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 191

[40] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 16

[41] Ebd.

[42] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 55

[43] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1942, Nr. 18

[44] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 62

[45] Ebd., Nr. 16

[46] Vgl. Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 813

Rom, 1. November 2019

Hochfest Allerheiligen


[1] Hirtenbrief, 14.2.2017, Nr. 9

[2] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 10

[3] Benedikt XVI., Deus Caritas est, 25.12.2005, Nr. 17

[4] Papst Franziskus, Nachsynodales ap. Schreiben Christus vivit, 25.3.2019, Nr. 154

[5] Hl. Josefmaria, Brief 31.5.1943, Nr. 8

[6] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 70

[7] Vgl. Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, q. 23, a. 1, c

[8] Hl. Papst Johannes Paul II., Ansprache vor Studenten in Manila, 18.2.1981

[9] Benedikt XVI., Audienz, 15.9.2010

[10] Papst Franziskus, Nachsynodales apost. Schreiben Christus vivit, 25.3.2019, Nr. 152

[11] Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 225

[12] Hl. Gregor von Nazianz, Predigt 43

[13] Ebd.

[14] Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 565

[15] Hl. Augustinus, Bekenntnisse, 4, 7

[16] Hl. Johannes Paul II. , Apost. Schreiben Novo millennio ineunte, 6.1.2001, Nr. 43

[17] Hl. Josefmaria, Brief 9.1.1951, Nr. 30

[18] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 10

[19] Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 746. Vgl. Der Weg, Nr. 463

[20] Hl. Augustinus, Die Katechese für Anfänger, 15, 23

[21] Hl. Josefmaria, Brief 8.8.1956, Nr. 38

[22] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 2

[23] Hl. Josefmaria, Brief 31.5.1954, Nr. 23

[24] Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 943

[25] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 71

[26] Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 14

[27] Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, q. 23, a. 1, c

[28] Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 13

[29] Sel. Alvaro, „Zur Einführung“, in Freunde Gottes

[30] Hl. Josefmaria, Brief 29.9.1957, Nr. 76

[31] Worte des hl. Josefmaria, vom sel. Alvaro zitiert in Familienbriefe, I, Nr. 115

[32] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem Familientreffen, 10/1972

[33] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einer Betrachtung, 29.2.1964

[34] Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 454

[35] Hl. Josefmaria, Brief 24.3.1930, Nr. 11

[36] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 54

[37] Hirtenbrief, 9.1.2018, Nr. 14

[38] Papst Franziskus, Nachsynodales ap. Schreiben Christus vivit, 25.3.2019, Nr. 176

[39] Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 191

[40] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 16

[41] Ebd.

[42] Hl. Josefmaria, Brief 11.3.1940, Nr. 55

[43] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1942, Nr. 18

[44] Hl. Josefmaria, Brief 24.10.1965, Nr. 62

[45] Ebd., Nr. 16

[46] Vgl. Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 813