AMEN, ICH sage euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften (Mk 3,28-29). Einige Schriftgelehrte hatten Jesus beschuldigt, seine Zeichen durch die Macht des Satans zu wirken – eine absurde Verleumdung, die der Herr umgehend widerlegte. Und gleich darauf sprach er diese „beeindruckenden und bestürzenden Worte der Nicht-Vergebung“1 aus: Wer gegen den Heiligen Geist lästert, hat keine Aussicht auf Vergebung.
Der heilige Thomas von Aquin zeigte auf, dass die Sünde gegen den Heiligen Geist „ihrer Natur nach unvergebbar“ ist – weil hier nämlich jene Elemente fehlen, auf deren Grundlage die Vergebung der Sünden erfolgen kann.2 Nicht Gott weigert sich zu vergeben, sondern der Mensch wendet sich ab von seiner barmherzigen Macht – da er das Heil ablehnt, „das Gott dem Menschen durch den Heiligen Geist anbietet, der in der Kraft des Kreuzesopfers wirkt“3.
Als guter Vater, der er ist, wird Gott niemals müde, seine Rettung anzubieten. Und auch der Heilige Geist ist beständig am Werk, um uns für unsere Fehler und Sünden die Augen zu öffnen, uns zur Buße zu bewegen und uns die Früchte der Erlösung zu schenken. Doch der Mensch kann dieses großzügige Angebot auch ablehnen: Er kann sich der Bekehrung bewusst verschließen, sein Gewissen verhärten und vermeintlich zu Recht darauf bestehen, im Bösen zu verharren. Die Heilige Schrift nennt diese Haltung Verstocktheit des Herzens (vgl. Ps 81,13; Jer 7,24; Mk 3,5).
Wir sind eingeladen, den Herrn um ein Herz zu bitten, das zwischen Gutem und Bösem unterscheiden kann – ein Herz, das sich der Realität der Sünde in unserem Leben stellt. Wenn wir uns für die Impulse der Gnade öffnen, wird der Heilige Geist uns helfen, immer wieder zu erkennen, dass wir Gottes Vergebung benötigen. Und er wird uns staunen lassen über die unermessliche Macht Gottes, die uns zur ständigen Umkehr ruft und dazu auch in die Lage setzt.
„DEINEM HUNGER nach Heiligkeit wird sich an erster Stelle die Faulheit entgegenstellen, mein Sohn. Sie ist die erste Front, an der du kämpfen sollst; danach die Auflehnung und der Unwille, das sanfte Joch Christi auf deinen Schultern zu tragen – ein verrücktes Verlangen nicht nach heiliger Freiheit, sondern nach Zügellosigkeit; danach die Sinnlichkeit und jederzeit – mit den Jahren immer heimtückischer – der Stolz; und dann eine ganze Reihe von schlechten Neigungen, denn die Armseligkeiten kommen nie allein. Machen wir uns nichts vor: Wir werden unsere Armseligkeiten haben. Auch wenn wir einmal alt sind, werden wir noch immer dieselben schlechten Neigungen haben wie mit zwanzig Jahren. Und der asketische Kampf wird weiterhin notwendig sein, und wir werden den Herrn um Demut bitten müssen. Es ist ein ständiger Kampf.“4
Wir tragen alle eine gewisse Neigung zum Bösen in uns – als eine Folge der Sünde. Die Gestalt und Bedeutung dieser Neigung kann sich im Laufe der Zeit wandeln, doch sie bleibt vorhanden und stellt unsere geistliche Gesundheit immer wieder auf die Probe. Deshalb ist Wachsamkeit nötig: Wir müssen einen Geist der Prüfung kultivieren und bereit sein, mutig zu kämpfen, um gute Kinder unseres himmlischen Vaters zu sein. „Das ist unsere Bestimmung auf Erden: kämpfen bis zum letzten Moment, aus Liebe“5, sagte der heilige Josefmaria am Neujahrstag 1972, wie um die Richtung anzugeben, in der sich sein inneres Leben in diesem Jahr entfalten würde: Kampf – denn das ist es, was auf Erden nötig sein wird bis zum Schluss: bis zur Belohnung und Ruhe im Himmel. Dieser Kampf ist jedoch kein finsteres Ringen, sondern ein Kampf aus Liebe. Der heilige Josefmaria lehrte uns, den Kampf, den wir als Kinder Gottes führen, als „Synonym für Liebe“6 zu sehen, als freudige Bejahung. Er soll daher in einer Atmosphäre der Zuversicht, Freude und Gelassenheit stattfinden – ohne jeden Schatten von Spannung oder Traurigkeit – und wird stets Frieden bringen. Denn er ist nichts anderes als unsere freie Antwort auf einen Gott, der uns unermesslich liebt.
WÄHREND DIE SÜNDE gegen den Heiligen Geist in einer radikalen Verschließung der Seele gegenüber dem rettenden Handeln Gottes besteht, ist Heiligkeit das genaue Gegenteil davon. Der Prälat des Opus Dei definierte die Heiligkeit demnach als „stete Offenheit für Gott und ein Ringen darum, seine Gabe zu unserem eigenen Besten und dem der anderen wachsen zu lassen“7. Heiligkeit, so sagte er auch, ist eine „Beziehung der Liebe zu Gott, die zu Leben wird und gleichzeitig stets wächst, stets bedroht ist und stets neu beginnt“8. Wir können sie im täglichen Leben suchen: in der Arbeit, in der Familie, in den freundschaftlichen Beziehungen usw.
Wir wollen gute Kinder sein und uns auch so verhalten. Die Vollkommenheit, die wir anstreben, ist jedoch nicht die eines Menschen, der sich einbildet, alles richtig zu machen und keine Fehler zu haben, sondern die Vollkommenheit derer, die in der Logik der Liebe Gottes leben wollen. Die Umgebung, in der Heiligkeit gedeiht, ist die Barmherzigkeit Gottes. Benedikt XVI. sagte über unsere Bestimmung: „Barmherzigkeit ist das Lichtgewand, das der Herr uns in der Taufe geschenkt hat. Dieses Licht dürfen wir nicht verlöschen lassen; es soll im Gegenteil Tag für Tag in uns wachsen und so der Welt von Gott Kunde bringen.“9
Unsere Mutter führt und begleitet uns auf diesem Weg der Heiligkeit. Denn „die Heilige unter den Heiligen, die Hochgebenedeite“, wie Papst Franziskus sie pries, „lässt nicht zu, dass wir fallen und liegen bleiben, sondern nimmt uns in ihre Arme, ohne uns zu verurteilen. Das Gespräch mit ihr tröstet uns, macht uns frei und heiligt uns. Als Mutter braucht sie nicht viele Worte, sie hat es nicht nötig, dass wir ihr mühsam erklären, was mit uns los ist. Es genügt, ein ums andere Mal zu flüstern: ,Gegrüßet seist du, Maria …‘.“ 10
1 Hl. Johannes Paul II., Dominum et vivificantem, Nr. 46.
2 Vgl. hl. Thomas von Aquin, Summa Theologica, II-II, q. 14, a. 3.
3 Vgl. hl. Johannes Paul II., Dominum et vivificantem, Nr. 46.
4 Hl. Josefmaria, Brief 2, Nr. 10.
5 Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus der Predigttätigkeit, 1.1.1972.
6 Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 158.
7 Msgr. Fernando Ocáriz, Cristianos en la sociedad del siglo XXI, Madrid 2020, S. 55.
8 Ebd.
9 Benedikt XVI., Predigt, 15.4.2007.
10 Franziskus, Gaudete et exsultate, Nr. 176.