IHR ABER, für wen haltet ihr mich? (Mt 16,15) Diese Frage stellte Jesus seinen Jüngern und damit auch jedem von uns. Er will wissen, welches Bild wir von ihm haben, was wir über ihn denken und für ihn fühlen, denn das ist entscheidend für unser Leben. Das christliche Leben dreht sich bekanntlich nicht um eine Idee, sondern um eine Person, Jesus Christus, mit der wir eins werden wollen. „Doch damit der Glaube unseren Schritten vorausleuchtet, sollten wir nicht nur fragen: Was bedeutet Christus für mich?, sondern auch: Was bedeute ich für Christus? Dadurch entdecken wir die Gaben, die der Herr uns geschenkt hat und die eng mit unserer persönlichen Sendung verbunden sind.“1
Wie viel wir jemandem bedeuten, erkennen wir an seinen Taten – an seiner Bereitschaft, uns zuliebe auf etwas zu verzichten oder sich für uns einzusetzen. Dieses Prinzip gilt ebenso für Gott. Der heilige Bernhard predigte dazu: „Daraus sollen die Menschen ersehen, wie groß Gottes Fürsorge für sie ist, und erfahren, was Gott über sie denkt und fühlt. Frage nicht, o Mensch, nach dem, was du gelitten hast, sondern nach dem, was er gelitten hat. Aus all dem, was er für euch gelitten hat, könnt ihr ableiten, wie viel ihr ihm bedeutet, und so wird euch seine Güte ersichtlich werden.“2 Wenn wir uns fragen, was Gott über uns denkt und und für uns fühlt, können wir kaum zu hoch greifen. Selbst unsere kühnsten Vorstellungen bleiben weit hinter der Wirklichkeit zurück. Es könnten uns dabei die Worte des heiligen Paulus in den Sinn kommen: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was in keines Menschen Herz gedrungen ist (1 Kor 2,9), ... hat Gott denen bereitet, die ihn lieben.
PETRUS SPRINGT immer wieder für die anderen Apostel ein. Dieses Mal bekennt er mit beeindruckender Klarheit die Göttlichkeit Jesu – ein Zeugnis, für das der Herr ihn sehr lobt: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel (Mt 16,17).
Heute feiern wir das Fest der Kathedra des heiligen Petrus – ein guter Anlass, um Gott für seine Fürsorge für die Kirche zu danken. Er hat ihr ein sichtbares Fundament der Einheit geschenkt, einen Felsen, auf dem sie sicher steht: Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen (Mt 16,18). Das Zweite Vatikanische Konzil beschreibt diesen Auftrag mit den Worten: „Der Bischof von Rom ist als Nachfolger Petri das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen.“3
Jesus offenbart Petrus, was er für Gott bedeutet. Dabei kennt er seinen Apostel durch und durch: Er weiß, wie er denkt, wie er reagiert und wie tief seine Liebe zu ihm ist. Er hat ihn schon vor Grundlegung der Welt erwählt. Der heilige Johannes Chrysostomos stellt folgende Frage: „Wie konnte es sein, dass die Schwachen die Starken besiegten? Wie konnten die Zwölf den ganzen Erdkreis besiegen, obwohl sie unbewaffnet gegen Bewaffnete antraten?“ Dies ist umso erstaunlicher, spinnt der heilige Josefmaria den Gedanken weiter, „wenn man bedenkt, wie furchtsam und ängstlich die Apostel waren – wie wir aus der Beschreibung des Evangelisten wissen, der ihre Schwächen nicht verschwieg.“4 Dieselbe göttliche Hilfe, die Petrus zu einem Felsen gemacht hat, wirkt auch heute – in seinen Nachfolgern und in der ganzen Kirche.
IN EINEM BRIEF an einen Kardinal schrieb der heilige Josefmaria über seinen Einsatz für die Kirche: „Beten ist das einzige, was ich tun kann. Mein unzulänglicher Dienst an der Kirche beschränkt sich darauf. Und jedes Mal, wenn ich mir meine Begrenztheit vor Augen führe, fühle ich mich voller Kraft, weil ich weiß und spüre, dass Gott es ist, der alles wirkt.“5 Eine „mächtige Waffe“, die der Gründer auch oft einsetzte, um der Kirche beizustehen, war der Rosenkranz. So sagte er: „Seit Jahren bete ich täglich – und ich halte daran fest – einen Teil des Rosenkranzes auf der Straße, für die ehrwürdige Person und die Anliegen des Papstes.“6
Doch der Gründer des Werkes begnügte sich nicht mit dem Gebet. Sein ganzes Leben lang folgte er treu den Lehren des Papstes und suchte stets nach Wegen, ihm seine Zuneigung zu bekunden. Petrus nahe zu sein, sollte der Wunsch aller Christen sein – auch wenn es Momente gibt, in denen man seine Worte oder Taten nicht sofort versteht. Der Kodex des Kirchenrechts erinnert uns dann daran, dass wir als Kinder der Kirche dem Papst einen „religiösen Gehorsam des Willens und des Verstandes“7 schulden. Dies schließt ein, jedes Wort zu vermeiden, das die Einheit des Leibes Christi verletzen könnte.
Wir dürfen uns vertrauensvoll an Maria, die Mutter der Kirche, wenden, damit sie den Papst beschützt, für ihn sorgt und ihm Freude schenkt. „Maria baut die Kirche unablässig auf, sie eint sie und hält sie zusammen. Es ist kaum möglich, die Gottesmutter wahrhaft zu verehren, ohne sich mit den übrigen Gliedern des mystischen Leibes – und damit auch mit seinem sichtbaren Haupt, dem Papst – enger verbunden zu fühlen. Deshalb wiederhole ich gerne: omnes cum Petro ad Iesum per Mariam – alle mit Petrus zu Jesus durch Maria!“8
1 Prälat Fernando Ocáriz, Im Licht des Evangeliums, Jugend und Beruf, S. 45.
2 Hl. Bernhard v. Clairveaux, Predigt I über die Erscheinung des Herrn, 1-2.
3 Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, Nr. 23.
4 Hl. Johannes Chrysostomus, Predigt über den ersten Brief an die Korinther, Nr. 4, 3.4.
5 Hl. Josefmaria, Brief aus Rom, 15.7.1967.
6 Hl. Josefmaria, Brief 3, Nr. 20.
7 Kodex (CIC), can. 752; vgl. Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 892.
8 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 139.