Teufel: “Herr, schenke mir ein hörendes Herz!“

Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident zu Gast im Münchner Studententreff „Schackstraße“

Erwin Teufel im Gespräch mit Studenten.

Schlechte Charaktere verderben zwar die Politik. Für Politiker bestehe jedoch auch keine größere Gefahr als für andere Führungspersönlichkeiten, durch den Beruf verdorben zu werden. Diese Ansicht vertrat der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, bei einer Gesprächsrunde im Münchner Studententreff Schackstraße, einer Bildungsinitiative von Mitgliedern des Opus Dei. Von einem aufrechten Politiker würden vor allem Mut, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit verlangt. Großen Gefahren sind nach Meinung Teufels, dessen berufliche Laufbahn in der Kommunalverwaltung begann, aber reine Berufspolitiker ausgesetzt. Sie müssten sich der Mehrheitsmeinung anpassen, weil sie zwingend auf eine Mandatsaufstellung angewiesen seien.

Beim Rückblick auf sein langjähriges Wirken erklärte er, im politischen Leben gebe es weniger Gewissensentscheidungen, als man glauben könne. Wenn man jedoch mit Vorschlägen konfrontiert werde, die man nicht mehr mittragen könne, “dann muss man den Mut haben zu stehen, nicht mit den Wölfen zu heulen, zu widerstehen und im Extremfall aus der Politik auszusteigen.“ Teufel, der seit vergangenem Herbst an der Münchner Hochschule der Jesuiten Philosophie studiert, empfahl den Politikern das Gebet des Königs Salomo aus dem Alten Testament: “Herr, schenke mir ein hörendes Herz!“ Sein Glaube habe ihm bei seiner Tätigkeit außerordentlich geholfen, in vielen Situationen die Zuversicht zu bewahren.

Der Ex-Ministerpräsident zeigte sich überzeugt von der Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik. Weltweit gehöre sie trotz aktueller Schwierigkeiten zu den privilegiertesten Ländern. Es wäre daher “ein Frevel, den Problemen hier davonzulaufen“. Teufel kritisierte allerdings, es werde nicht registriert, dass das Land seit zehn Jahren wirtschaftlich zurückfalle. Jeden Tag, den die Menschen früher akzeptierten, dass Deutschland in einer Sackgasse sei, hält er für wertvoll. Als Ausweg aus der „Krise der Freizeitgesellschaft“ empfahl er eine größere Bescheidenheit. Seine Zuhörer,­ Studierende unterschiedlicher Fakultäten ­ ermunterte er zu mehr ehrenamtlichem Engagement, egal ob das bei der Freiwilligen Feuerwehr oder der Hospizbewegung sei.  

Zur vagen Zukunft der EU-Verfassung sagte der CDU-Politiker, der Mitglied des europäischen Verfassungskonvents gewesen ist: “Wenn das Prinzip der Subsidiarität beachtet wird, sind sämtliche europäischen Probleme lösbar.“ Er plädierte für einen Aufbau Europas von unten nach oben: Nur was über die Kräfte der untergeordneten Ebene hinausgehe, dürfe Sache der höheren Ebene sein. Dazu zählt er vor allem die Sicherheits-, Verteidigungs- und Außenpolitik.

Heftig kritisierte er das “Infotainment“ vieler Medien. Im Gegensatz zu den Zeiten, als er vor gut 30 Jahren in die Politik ging, würden Informationen fast nur in Form von Unterhaltung serviert und in Häppchen verabreicht. Auch seriöse Zeitungen seien zu 50 Prozent bebildert. Außerdem entfiele wegen des hohen Konkurrenzdrucks oft die gründliche Recherche. Die Folge sei, so Teufel, dass viele Bürger nur mit sehr wenigen Informationen ihre Wahlentscheidung träfen.