Opus Dei wirbt für Heiligung der Arbeit

Interview mit Dr. Martin Schlag, Regionalvikar des Opus Dei in Österreich

Dr. Martin Schlag, Regionalvikar des Opus Dei in Österreich

Wien (APA) – Das Opus Dei (“Werk Gottes”) will sich in Österreich weiter ausbreiten, kündigt der neue Regionalvikar Martin Schlag in einem APA-Interview an. Was die Image-Probleme der nach wie vor umstrittenen kirchlichen Bewegung betrifft, setzt der Opus Dei-Chef auf den Faktor Zeit: “Es ist eine Frage der Zeit, der regelmäßigen Information, des guten Willens – auch der Medien, sich objektiv mit dem Thema Opus Dei zu beschäftigen.” Schlag steht seit zehn Monaten an der Spitze des Opus Dei in Österreich und ist auch für Tschechien, Slowakei, Ungarn und Kroatien zuständig.

Bereits im kommenden Jahr will sich das Opus Dei verstärkt in der Öffentlichkeit präsentieren. 2002 wird es weltweit Feiern zur 100. Wiederkehr des Geburtstags von Opus Dei-Gründer Josemaria Escrivá geben. In Wien wird am Jahrestag, dem 9. Jänner, im Stephansdom eine Festmesse von Kardinal Christoph Schönborn zelebriert. An diesem Tag fällt auch der Startschuss für einen mitteleuropäischen Kongress zum Thema “Die Würde des Alltags und die christliche Berufung”. Arbeitsgruppen werden sich in verschiedenen Städten – Prag, Brünn, Budapest, Graz, Linz und Zagreb – mit dem Thema auseinander setzen.

“Zusammenfließen” werden die Ergebnisse in einem Großstadtsymposium im Juni im Wiener Austria Center.

Weiters sollen die Schriften von Escrivá bekannter gemacht werden. Schlag: “Es ist eigenartig, dass ein Autor, von dem weltweit mehr als fünf Millionen Exemplare verkauft wurden, in Österreich doch relativ wenig bekannt ist”. Escrivá sei “einer der klassischen spirituellen Schriftsteller der Moderne”. Geplant sind eigene Buchhandlungswochen mit der Präsentation der Escrivá-Schriften.

Schließlich soll die “Bildungstätigkeit” in den bestehenden Orten – Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg – verstärkt und neue Zentren in Linz, Vorarlberg und Brünn eröffnet werden, so Schlag.

Opus Dei – seit 1982 die erste weltweite Personalprälatur in der katholischen Kirche – gehören heute rund 84.000 Menschen in 87 Ländern an. Nach Österreich kam das Werk 1957 und wurde vor allem von Kardinal Franz Koenig gefördert. In Österreich gibt es nur 350 Mitglieder. Die Zahl der enger mit der Prälatur verbundenen Sympathisanten wird mit 1.000 angegeben.

Schlag: “Es geht nicht darum, dass wir eine Werbekampagne planen oder mehr Mitglieder akquirieren. Es geht um die Verbreitung des allgemeinen Rufs nach mehr Heiligkeit im Alltag, der das Wesen des Opus Dei ausmacht. Unser Wunsch ist, die Botschaft weiter zu tragen, weil wir meinen, das ist auch in Österreich ein Weg für viele Menschen”.

Die Grundidee ist die “Heiligung der Arbeit”. Im Opus Dei sind die Priester in der Minderheit (in Österreich gibt es nur 20). Die meisten Mitglieder sind verheiratete Laien, die in ihrem Beruf weiter tätig sind. “Jeder ehrbare Beruf kann ein Weg zu Gott sein”, so die Philosophie der Bewegung. Laut Schlag gehören in Österreich dem Opus Dei u.a. Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer, Hausfrauen, Bauern, Krankenschwestern, Musiker, Schauspieler, Komponisten und sogar ein Rauchfangkehrer an – nicht jedoch Politiker, “nicht weil es nicht sein dürfte, sondern weil es sich noch nicht ergeben hat”, so Schlag.

Schlag ist überzeugt, dass die “veröffentlichte Meinung über Opus Dei mit der öffentlichen Meinung nicht ident ist”. So sei “der Vorwurf des Geheimbundes sehr alt, er stimmt nur einfach nicht”, meint Schlag im APA-Interview. Schlag wörtlich: “Jeder, der etwas über das Opus Dei erfahren will, kann das: Wir stehen im Telefonbuch unter Opus Dei, wir stehen im Internet (https://www.opusdei.org), die Zugehörigkeit der einzelnen Mitglieder ist im eigenen Umfeld bekannt. Jeder kann es sagen, wem er will. Es gibt auch ein eigenes Amtsblatt des Opus Dei, das allgemein zugänglich ist, in dem alle Ernennungen drinnen stehen”.

Die Kritik am Opus Dei ist nach Ansicht Schlags “oft in Wirklichkeit eine Kritik an den Positionen des Papstes, des Lehramtes oder der Kirche im allgemeinen”. Daher komme auch das Etikett “papsttreu”. Schlag dazu: “Wenn der Preis, dies los zu werden, darin bestünde, unangenehme Positionen aufzugeben, dann sind wir nicht bereit, diesen Preis zu bezahlen. Denn es gibt nicht nur Korruption durch Geld, sondern auch eine Korruption durch unredlich erworbene Beliebtheit, da würden wir nicht mitmachen”.

Die ebenfalls vielkritisierten Praktiken – wie Selbstgeißelung oder Bußgürtel – relativiert der Regionalvikar. Diese spielten nur eine “marginale Rolle”. Gesehen werden müssten diese Praktiken im Zusammenhang von Gebet und Opfer. In der katholischen Askese gebe es eine derartige Bußpraxis seit Jahrhunderten. Schlag: “Es gibt im Opus Dei manche, die das mit Erlaubnis ihres Beichtvaters benützen dürfen. Aber es hat eine ganz untergeordnete Bedeutung. Das allerwichtigste Opfer ist die gute Erfüllung der Pflichten in Beruf und Familie”.

Das Problem sieht Schlag nicht so sehr in dem “Auf-Sich-Nehmen von Schmerzen”. Schließlich gebe es genug Menschen, die “große Opfer und Schmerzen” beim Joggen oder im Fitnessstudio auf sich nehmen. Schwierig sei bei den Bußpraktiken der katholischen Kirche das Verstehen des Motivs, weil freiwillig ein Opfer gebracht werde, das nicht unmittelbar eine soziale Dimension habe, so Schlag. Jedenfalls hätten Bußgeißel und Bußgürtel keine negativen gesundheitlichen Folgen. Wenn es so wäre, dürfte man sie nicht verwenden”, so Schlag.

Das Opus Dei beschreibt der Regionalvikar als eine “Art spirituelle Gewerkschaftsbewegung der Moderne”. Früher habe sich die Gewerkschaft für geregelte Arbeitszeiten und für genügend Freizeit eingesetzt. Angesichts von Phänomenen wie “Workoholismus” gehe es heute oft um die Selbstbeschränkung des einzelnen zugunsten familiärer und spiritueller Werte.

“Die Arbeit darf den Menschen nicht auffressen”, so Schlag. Die Antwort des Opus Dei: “Wir müssen die Arbeit heiligen und die anderen durch die Arbeit heiligen.” Angesichts der Sinnkrise habe dieser Ansatz eine “große Aktualität”, so Schlag.

Austria Presse Agentur