Opus Dei: „Wir werden gestärkt aus ’Sakrileg’ hervorgehen“

Interview von Vittorio Messori mit dem Prälaten des Opus Dei, Bischof Javier Echevarría, anlässlich des nächstens anlaufenden Films „Sakrileg“ („The Da Vinci Code“)

Es geht um den Respekt vor dem Glauben, nicht um das Opus Dei

[…] Bischof Javier Echevarría, ein Madrider mit baskischen Wurzeln, 74-jährig, während 30 Jahren Sekretär des Gründers Josemaría Escrivá und sein zweiter Nachfolger als Prälat der „Prälatur vom Heiligen Kreuz und Opus Dei“, lächelt: „Dieser phantasiereiche Herr [Dan Brown] hat von uns profitiert – nicht nur in Dollars –, so wie die vielen anderen, die uns attackieren: Wie es uns der Gründer lehrte, beten wir für die, die uns diffamieren, mit der gleichen Inbrunst wie für die, die uns loben.“ Sie kennen natürlich das Buch sehr gut!, werfe ich ein. „Überhaupt nicht. Ich habe es bloß durchgeblättert. Ich habe keine Zeit zu verlieren mit Geschichten für Ahnungslose. Zu dem jedenfalls, was er über uns erzählt, erübrigt sich eine Widerlegung: Es sind die üblichen Dinge, die bei uns nur noch für Heiterkeit sorgen. Was mich schmerzt, das sind die grotesken Hirngespinste über unseren Herrn und über unsere heilige Mutter, die Kirche. Mögen die Leute über uns sagen, was sie wollen, aber über den Glauben sollen sie nicht lästern.“

Verlust des Glaubens führt zum Aberglauben

[…] Aber warum denn eigentlich dieser verbissene Kampf gegen das Opus Dei? „Weil man unsere Verbundenheit mit dem Papst kennt, unsere Treue zur Kirche, unser eindeutiges Stehen zur Orthodoxie des Glaubens. Man greift uns an, um all dies anzugreifen. Wir sollen bloß als scheinheiliges Produkt einer katholischen Kirche dastehen, die eh nichts anderes hervorbringen kann als vergiftete Früchte. Und zudem, wer nicht mehr an den Teufel glaubt – an den wirklichen – , sucht andere, erfundene. Der Verlust des Glaubens führt stets zum Aberglauben.“

Wie jeder Amerikaner kreist Dan Brown immer und ausschließlich um die Vereinigten Staaten. Es scheint sogar zu glauben, dass der Zentralsitz der Prälatur nicht in Rom liegt, sondern in einem Wolkenkratzer in Manhattan, den er besessen als Beweis für den Reichtum und die Macht des Opus Dei an den Pranger stellt. […]

Reichtum ist nicht Schuld, sondern soziale Verantwortung

Der Prälat: „Ich erinnere mich an den Besuch des hl. Josemaría Escrivá bei Papst Roncalli [Johannes XXIII.], der uns sehr gut mochte. Der Papst nahm Escrivá väterlich hoch und sagte: ‚Monsignore, ist es wahr, dass ihr Banken besitzt?’ Darauf Escrivá: ‚Falsche Gerüchte, Eure Heiligkeit, leider! Hätten wir nur solche, wir könnten dann viel mehr Gutes tun als das, was wir jetzt schon zu tun versuchen.’ Diese Antwort enthält einen Kernpunkt der Perspektive, die das Opus Dei einnimmt: Der Reichtum wird nicht als Schuld oder Sünde betrachtet, die es zu sühnen gälte, sondern als soziale Verantwortung, als Instrument, um das Elend der Welt zu lindern.“

Am 17. Mai ist der Jahrestag der Seligsprechung von Josemaría Escrivá. Exakt an diesem Tag eröffnet „Sakrileg“ das Filmfestival in Cannes. Als einzige Gegenmaßnahme empfängt die Prälatur alle, die Interesse haben, im Centro Elis – einem Sozialwerk in Rom –, um zu zeigen, was das Opus Dei ist und was es in Wirklichkeit tut. Es hat seinen Mitgliedern keine Anweisung gegeben, den Film oder die Produkte von Sony zu boykottieren, und wird es auch in Zukunft nicht tun. Man sagt mir: „Wenn jemand so etwas zu tun gedenkt, so ist das seine freie Entscheidung. Was uns betrifft, so empfehlen wir nur, die Anstrengungen zu verstärken, um zu zeigen, welches die Wahrheit über die Evangelien und über die Kirche ist.“

Zeigen, wie man ist, nicht widerlegen, was man nicht ist

[…] Nicht nur hat Prälatur jede Polemik vermieden, sondern sie hat in der Verleumdung eine gute Gelegenheit erkannt. Die Besuche auf ihrer Website – www.opusdei.org – erreichen inzwischen 3 Millionen Hits im Monat. Ungezählt sind die Beiträge in der Presse und im Fernsehen. Die Strategie der Transparenz („Das Opus Dei zeigen, wie es ist, nicht polemisieren darüber, wie es nicht ist“) erzielt überraschende Wirkungen. Sie erweitert den Kreis der Freunde und das Ausmaß der Wertschätzung. Die letzte Nachricht: In jenem berühmten New Yorker Mini-Wolkenkratzer werden der amerikanische Verantwortliche des Opus Dei und jener des Verlags Doubleday eine Neuausgabe von The Way („Der Weg“) in sehr hoher Auflage ankündigen, von jenem Büchlein Escrivás mit 999 Aphorismen, das laut Brown die Quelle des Bösen sein soll. Und nun die eigentliche Überraschung: Doubleday ist der Herausgeber des „Da Vinci Code“. Im gleichen Katalog wird man nun somit das „Gift“ und das „Gegengift“ finden, und jeder wird sie einander gegenüberstellen und sich ein Urteil bilden können.

Bei der Verabschiedung sagte mir Bischof Javier: „Für uns, die wir an die Vorsehung glauben, gibt es kein scheinbares Übel, das sich am Ende nicht als ein reales Gut herausstellt.“

Vittorio Messori (Il Corriere de la Sera) - Auszugsweise deutsche Übersetzung