Märtyrer des Alltags

Papst Franziskus vor dem Angelusgebet am 23. Juni

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das Evangelium vom heutigen Sonntag enthält eine der einprägsamsten Aussagen Jesu: „Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten“ (Lk 9,24).

In diesem Satz ist die Botschaft Christi anhand eines sehr treffenden Gegensatzes zusammengefasst dargestellt. Wir gewinnen einen Einblick in seine Art zu sprechen und hören gleichsam seine Stimme…

Doch was bedeutet es, „das Leben um Jesu willen zu verlieren“? Dies kann auf zweierlei Weise geschehen. Es bedeutet explizit, seinen Glauben zu bekennen und implizit, die Wahrheit zu verteidigen. Märtyrer sind dafür das größte Beispiel. In 2000 Jahren bilden die Männer und Frauen, die ihr Leben geopfert haben, um Jesus Christus und seinem Evangelium treu zu bleiben, eine immense Schar. Heute gibt es in vielen Teilen der Welt viele, viele Märtyrer – weitaus mehr als in den ersten beiden Jahrhunderten-, die ihr Leben für Christus hingeben, die den Tod erleiden, weil sie ihn nicht verleugnen. Das ist unsere Kirche. Heute ist die Zahl der Märtyrer höher als in den ersten Jahrhunderten der Kirche. Es gibt jedoch auch das alltägliche Martyrium, das zwar nicht zum Tod führt, aber auch den „Verlust des eigenen Lebens“ für Christus meint: seine Pflicht mit Liebe erfüllen, nach der Logik Jesus, der Logik des Geschenks, des Opfers. Denken wir an Folgendes: Wie viele Väter und Mütter praktizieren jeden Tag ihren Glauben und setzen dadurch ihr Leben auf konkrete Weise für das Wohl der Familie ein! Denken wir an diese Menschen! Wie viele Priester und Ordensleute verrichten einen großzügigen Dienst für das Reich Gottes! Wie viele junge Menschen verzichten auf ihre eigenen Interessen, um sich Kindern, Behinderten, alten Menschen zu widmen … Auch sie sind Märtyrer, tägliche Märtyrer, Märtyrer des Alltags!

Daneben gibt es auch viele Menschen, Christen und Nichtchristen, die für die Wahrheit „ihr Leben verlieren”. Und Christus hat gesagt: „Ich bin die Wahrheit“. Wer also der Wahrheit dient, dient Christus.

Einer dieser Menschen, die ihr Leben für die Wahrheit hingegeben haben, ist Johannes der Täufer, dessen Geburtsfest am morgigen 24. Juni 2013 feierlich begangen wird. Johannes ist von Gott auserwählt worden, um Jesus den Weg zu bereiten und hat ihn dem Volk Israels als Messias gezeigt, als Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt (vgl. Joh 1,29). Johannes hat sich Gott und dessen Gesandtem Jesus vollkommen hingegeben. Doch was ist am Ende geschehen? Er ist für die Wahrheit gestorben, als er den Ehebruch des König Herodes und Herodias verurteilte. Wie viele Menschen bezahlen einen hohen Preis für ihr Bemühen um die Wahrheit! Wie viele aufrechte Menschen ziehen es vor, gegen den Strom zu schwimmen, allein um nicht die Stimme des Gewissens zu verleugnen, die Stimme der Wahrheit! Aufrechte Menschen, die keine Angst davor haben, gegen den Strom zu schwimmen! Wir dürfen keine Angst haben! Unter euch befinden sich zahlreiche junge Menschen. Zu ihnen sage ich: Hab keine Angst, gegen den Strom zu schwimmen, wenn man uns die Hoffnung nehmen will, wenn man uns Werte vorschlägt, die verdorben sind, wie ein Essen, das schlecht geworden ist, und wenn das Essen schlecht geworden ist, macht es uns krank; diese Werte machen uns krank. Wir müssen gegen den Strom schwimmen! Und ihr jungen Menschen sollt die ersten sein: Schwimmt gegen den Strom und seid gerade darauf stolz! Vorwärts, seid mutig und schwimmt mit Stolz gegen den Strom!

Liebe Freunde, lasst uns mit Freude dieses Wort Jesu aufnehmen. Es ist eine Lebensregel, die allen vorgeschlagen wird. Möge uns der heilige Johannes der Täufer dabei helfen, es in die Praxis umzusetzen.

Wie immer geht uns unsere Mutter, die heilige Maria, auf diesem Weg voraus: Sie hat bis zum Kreuz ihr Leben für Jesus hingegeben und hat es im gesamten Licht und in der gesamten Schönheit der Auferstehung in Fülle empfangen. Möge Maria uns dabei helfen, uns die Logik des Evangeliums immer mehr zu eigen zu machen.

Rom, 23.06.2013 (Quelle und Übersetzung ZENIT.org)