Familie und Beruf miteinander verbinden

Miriam Hernández ist Mutter von fünf Kindern und Lehrerin in Spanien – Ein Gespräch

Dein Alltag ist bestimmt nicht einfach. Was ist, wenn die Kinder krank werden, die Arbeit weitergeht und Du hundemüde bist? 

Gottseidank habe ich wegen der Kinder nur selten mal schlaflose Nächte bekommen. Und wenn doch, hat mir Pablo – mein Mann – immer geholfen. Das Sprichwort sagt, „Gott fordert, aber überfordert nicht“. Das stimmt, auch wenn ich ab und zu übernächtigt zur Schule gehen musste. Ich bin nämlich Lehrerin an der Schule Pinoalbar in Valladolid. Wenn ich trotzdem mal nicht in Ruhe schlafen kann, opfere ich das dem Herrn eben für das betreffende Kind auf, damit es einmal ein besonders hilfsbereiter und großzügiger Mensch wird. Das hilft mir sehr, nicht gereizt oder nervös zu werden. Und so weiß ich auch, dass meine Müdigkeit für etwas gut ist. 

Und wie reagierst du, wenn die fünf Kinder alle auf einmal etwas von dir wollen? 

Manchmal kommen sie wirklich alle zusammen zu mir und werden ungeduldig, weil sie mir ihre Erlebnisse alle gleichzeitig erzählen wollen. Dann erkläre ich ihnen soweit, dass ich ihnen allen zuhören werde, aber eins nach dem andern – und in aller Ruhe.

Ich widme mich jedem Kind einzeln. Wer am längsten warten musste, meint vielleicht schon, ich hätte für seine Geschichten keine Zeit mehr. Dieses Kind nehme ich dann bei der Hand und ziehe es an mich. So spürt es, dass ich es nicht vergessen habe und ihm genauso zuhören werde wie der vier anderen. Solche Kleinigkeiten halten unser Familienleben in Gang. 

Wie bringst du die Hausarbeit mit allen anderen Aufgaben unter einen Hut?

Das ist vor allem eine Sache der Ordnung, der Organisation und der Zusammenarbeit mit meinem Mann. Von seit unserer Hochzeit arbeite ich außer Haus und habe gelernt, die Kombination von Familie und Beruf zu bewerkstelligen. Dazu brauche ich allerdings eine Haushaltshilfe. Unsere Mariela hilft mir auch bei der Betreuung der Kleinen, die noch nicht zur Schule gehen. Auf diese Weise kommen die nötige Ordnung und Stabilität in die Familie. Mein Mann und ich haben unser Leben so organisiert, dass ich genug Zeit für die Kinder habe. Ich kümmere mich um die Hausaufgaben der Größeren, lese mit ihnen und bade die Kleinen.

Autorität ist heute ein schwieriges Thema. Als Mutter und als Lehrerin hast Du da Erfahrungen. Wie forderst du zu Hause und in der Klasse Ordnung und Respekt ein? 

Wenn ich einmal etwas gesagt habe, bleibt es dabei. Das ist allerdings nicht so leicht wie es klingt. Das eine Mal sollte man die Dinge nicht so genau nehmen oder einfach über etwas hinwegsehen. Andere Male ist es dagegen sinnvoller, mit den Kindern „zu verhandeln“. Manchmal gibt es aber auch Sachen, die man einfach nicht zulassen kann. Deswegen ist es so wichtig, dass Mann und Frau bei der Erziehung stets am gleichen Strang ziehen und sich gut überlegen, was sie den Kindern sagen. Wenn man nämlich anschließend nicht dazu steht, verliert man seine Glaubwürdigkeit.

Fünf eigene Kinder und 29 Schülerinnen in der Klasse: Da kann man sich keinen schlechten Tag erlauben. Was machst du, wenn du mal nicht so gut „drauf“ bist? 

Nun, schlechte Tage, Widrigkeiten usw. gehören zum Leben, sollten aber zwischen Gott und einem selbst bleiben. Gott sieht ins Verborgene. Er merkt, wenn man ohne große Lust trotzdem lächelt, wenn man Sorgen mal Sorgen sein lässt, um den anderen besser zuhören zu können. Gott und niemand anderes braucht zu wissen, wie mir gerade zumute ist und was mir im Kopf herum geht. Und Gott allein weiß auch, was meine gute Laune wert ist. Das ist nur eine Sache zwischen ihm und mir. Dieser Gedanke hilft mir, richtig zu reagieren. 

Außerdem merke ich, dass Gott mich beschützt und mir bei allen möglichen Schwierigkeiten hilft. Ich halte mich einfach für glücklicher als Leute, die wenig Verpflichtungen haben und alle Zeit der Welt, um sich mit ihren Sorgen zu plagen.  

Hast du es als Lehrerin einfacher, weil du Mutter bist?

Meine Erfahrungen als Mutter helfen mir, meine Schülerinnen besser in ihrer Rolle als Töchter zu verstehen. Und ich verstehe auch die Mütter besser. Außerdem kann ich so den Wert der pädagogischen Leistung der Schule richtiger einschätzen. 

Was ist deiner Meinung nach das Wichtigste bei der Erziehung eines Kindes in der Familie? 

An erster Stelle, dass es seine Eltern immer mehr liebt und achtet. Zweitens soll es seine Geschwister wirklich gern haben und lernen, sich gut mit ihnen zu vertragen und ihnen zu helfen. Auch die Liebe zu Gott ist wichtig und verlangt je nach dem Alter des Kindes nach anderen Formen und Inhalten. Die Grundlage sollte also meines Erachtens in jeder Familie die Liebe sein. Liebe bis zur letzten Konsequenz. Dann können Menschen heranwachsen, die sich später im Leben für die wahren Menschenrechte einsetzen. 

Und kann Schule dazu beitragen? 

Außer um Kenntnisse geht es vor allem um die Werte des christlichen Menschenbildes, auch für Nichtgläubige, weil sie generell die Achtung vor jedem Menschen bis an sein Lebensende fördern.

Was ist Dein Hauptproblem im Schulunterricht? 

Da sehe ich weniger ein bestimmtes Problem als die Herausforderung, alle und jede einzelne Schülerin so zu behandeln wie sie wirklich ist: einzigartig und unwiederholbar. 

Was sagen deine Freundinnen zu eurem Familienleben? 

Manchmal fragt mich eine: „Mit so vielen kleinen Kindern, dabei berufstätig und außerdem im Opus Dei... Wie schaffst du das bloß alles? Und obendrein noch so viel beten? Das ist ja auf Dauer gar nicht zu schaffen.“ Na ja, ich sage dann, dass man die Frage so nicht stellen kann. In Wirklichkeit läuft es ja genau andersherum: Gerade weil ich mir jeden Tag genug Zeit für das Gebet nehme, weil ich Gott in der Eucharistie empfange und oft zur Beichte gehe, gerade deswegen bekomme ich die nötige Kraft, um mich in so vielen Bereiche einzusetzen.. Ich möchte wirklich mit niemandem tauschen.