Ein großes Abenteuer: wie das erste Zentrum in Stockholm entstand

Das erste Zentrum der Prälatur Opus Dei in Skandinavien wurde 1984 in Stockholm eröffnet. Ähnlich wie bei der Kon-Tiki wussten die Pioniere, dass ihnen eine lange Seefahrt bevorsteht. Zwei Pioniere berichten, dass sie die Gnade Gottes spürten, diesen kräftigen Wind, der die Seelen bewegt. Die Episode ist aus Interviews entstanden und im Buch „Warmer Nordwind“ erschienen.

Johannes Bernaldo mit Papst Johannes Paul II. in Rom

Wie das erste Zentrum des Opus Dei in Stockholm entstanden ist.

„Bestimmt hast du das Buch Die Abenteuer der Kon-Tiki gelesen“, meinte Richard Hayward. „Erzählt wird darin die Geschichte von fünf Norwegern und einem Schweden, die den Pazifik auf einem Floß überquerten. Es ähnelte jenem Boot, das einst die Inkas benutzten. Ihnen war es gelungen, von der Küste Perus bis zu einer Insel Polynesiens auf dem Wasserweg zu gelangen. Die sechs Skandinavier wollten beweisen, dass Menschen aus Südamerika schon in der Zeit vor Kolumbus bis nach Asien gekommen sein könnten. Manchmal denke ich an die Kon-Tiki, wenn ich mich an die ersten Schritte des Opus Dei in Skandinavien erinnere. Diese Anfänge waren ebenfalls ein Abenteuer. Diesmal mit im Boot: Drei große Abenteurer, die den Anstoß dazu gaben. Alle sind sie bereits zur Ehre der Altäre erhoben worden: Der heilige Josefmaria, der zwar nie selbst in diese Länder gekommen ist, dies aber sehr herbeigewünscht hat, der heilige Johannes Paul II., der eine Reise dorthin unternommen hat und der selige Alvaro del Portillo,der mehrmals in Skandinavien war.“

Erste Schritte zur Gründung einer Niederlassung in Stockholm

„In einem Brief von 1939“ – so berichtet Juan Luis Bernaldo in Stockholm – „nannte der heilige Josefmaria einige Städte, in denen die apostolische Arbeit des Opus Dei in Zukunft beginnen werde. Unter ihnen war Oslo, die Hauptstadt Norwegens. Dieses Dokument zeugt von seinem apostolischen Eifer. Er wollte sobald wie möglich in den nordischen Ländern mit der Arbeit anfangen.

Zu Beginn des Jahres 1980 sprach sein erster Nachfolger, Alvaro del Portillo, mit Johannes Paul II. Der Papst kommentierte, dass er es besonders wichtig finde, die Länder Nordeuropas zu rechristianisieren, in denen es nur noch wenige Katholiken gebe, obgleich die Kirche dort in vergangenen Jahrhunderten eine Blütezeit erlebt hatte. Don Alvaro machte sich das Anliegen des Papstes zu eigen und in der Weihnachtszeit desselben Jahres schrieb er einen Brief, in dem er uns um Gebet für diese zukünftige Arbeit bat.

Katholische Einwanderer und die Weihe der Kathedrale von Stockholm 1983

Ich war seit sieben Jahren Priester und lebte in Deutschland, als Don Alvaro uns anspornte, die ersten Schritte in Skandinavien und Finnland zu tun. 1982 wurden zwischen dem Heiligen Stuhl und Schweden zum ersten Mal seit der Reformation wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen. Im gleichen Jahr kündigte man an, dass am 25. März 1983 die Einweihung der neuen Kathedrale in Stockholm stattfinden werde. Wegen der in den letzten Jahren ständig wachsenden Zahl katholischer Einwanderer war es nötig geworden, sie zu vergrößern.

Viele Bischöfe des Weltepiskopats nahmen am Festakt teil

Ich hatte schon geplant, zu dieser feierlichen Zeremonie zu fahren, da erhielten wir am 20. März in Köln einen Anruf von Don Alvaro. Von Oslo aus teilte er uns mit, dass er nach Helsinki und Stockholm fuhr, um der Weihe der Kathedrale beizuwohnen. Das war eine erfreuliche Überraschung für mich; ich konnte ihn begleiten bei diesem Festakt, der ein Meilenstein in der Geschichte der katholischen Kirche Schwedens war. Außer den Bischöfen der nordischen Länder nahmen viele andere Bischöfe von Nationen teil, aus denen Auswanderer hierhin gekommen waren. Die Zeremonie leitete Kardinal Höffner als besonderer Legat des Papstes.

Alle sollten mit dem Segen des Papstes für Skandinavien rechnen

‚Es war eine kurze Reise‘, erinnerte sich Don Alvaro bei seiner Rückkehr in Rom am 29. März nach der Audienz, die er bei Johannes Paul II. hatte, bei der es um die Vorgeschichte des Werkes in diesen Ländern ging. ‚Wir haben in vielen Kirchen gebetet und mit vielen Leuten gesprochen. Ich berichtete es dem Heiligen Vater, der mir versicherte: ‚Sagen Sie allen, dass sie für diese Arbeit mit einem besonderen Segen des Papstes rechnen können; denn sie ist absolut nötig.‘

Schon kurz danach, am 1. April 1983, sagte uns Bischof Alvaro: ‚Betet bitte viel für diese künftige Arbeit des Opus Dei in den fünf skandinavischen Ländern, auch für Island. Ich würde, wenn möglich, dieses Jahr gerne in Schweden und Finnland anfangen. Empfehlt dieses Anliegen besonders. Unsere große Waffe ist das Gebet; denn was wir planen, ist vollkommen übernatürlich und wir allein vermögen nichts. Der Herr wird es vollbringen, indem er uns als seine Instrumente benutzt.‘

Reisen von Deutschland aus dienten der Kontaktpflege

Er bat uns, von Deutschland aus Reisen zu machen zu verschiedenen Städten in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland. Wir besuchten den Pfarrer von Göteborg, Rafael Sarachaga, einen Priester, der dem Opus Dei sehr zugetan ist, und wir lernten mehrere Aspekte der skandinavischen Kultur kennen. Ich teilte all dies Don Alvaro brieflich mit. Bei einer Gelegenheit sagte ich ihm, dass ich bereit sei, nach Skandinavien zu ziehen, wenn er es für nötig hielt.

Die Region Nordeuropa wurde im Jahr 1984 mit einem Regionalvikar errichtet

Ein paar Monate später, im Januar 1984, versammelten sich in Rom die Vikare des Prälaten, um über den Fortgang der apostolischen Arbeit des Opus Dei auf den fünf Kontinenten zu beraten. Am 15. Januar errichtete Don Alvaro zum Abschluss des Treffens die Region Nordeuropa als neues Gebiet der Evangelisierung. Ich wurde als ihr Vikar ernannt.

Papst Johannes Paul II. war überrascht, dass es so schnell ging

Am gleichen Nachmittag besuchte Johannnes Paul II. die römische Pfarrei des heiligen Johannes des Täufers am Collatino, die Priestern des Werkes anvertraut ist, zusammen mit zwei Institutionen, die dazu gehören: das Centro ELIS und die Hotelfachschule SAFI. Don Alvaro stellte uns dem Papst vor. Als ich an der Reihe war, sagte er ihm: ‚Das ist der Vikar der nordischen Länder.‘ Der Papst war überrascht; denn es war erst wenig Zeit vergangen, seitdem er darum gebeten hatte, dass das Opus Dei mit der apostolischen Arbeit in diesen Ländern beginnen solle. Er sagte zu mir: ‚Das ist eine sehr, sehr wichtige Arbeit.‘“

Ein Engländer wie ein Gentleman, der in Skandinavien hilft

„Warum ich hierhin gekommen bin?“, fährt Richard Hayward mit dem Bericht fort. „Juan Luis meint im Spaß, dass ich der Prototyp des Gentleman bin. Das ist überhaupt nicht wahr. Na ja, ich gebe zu, dass mein Lebenslauf Anlass gibt, so zu denken. Geboren bin ich in London, in einer katholischen Familie als Ältestem von sechs Geschwistern. Während meiner Kindheit und Jugend lebte ich in verschiedenen Städten, in die mein Vater geschickt wurde. Er arbeitete in einer Bank. Es waren Darlington, Cardiff und Epsom. Ich machte Abitur bei den Jesuiten in Wimbledon, und um das Klischee abzurunden, studierte ich Jura in Oxford.

Die Berufung in Spanien entdeckt

Aber damit enden die Klischeevorstellungen; denn nicht England war der Ort mit der größten Bedeutung in meinem Leben, sondern Torrelavega in Spanien, wo ich 1970 meine Berufung zum Opus Dei entdeckte, das ich kurz zuvor in London kennengelernt hatte. Dort entschied ich, mich Gott hinzugeben. Deshalb habe ich eine besondere Vorliebe für Spanien. Außerdem wohnt einer meiner Brüder seit zehn Jahren mit seiner Familie in Alicante.

Richard Hayward

1974 zog ich nach Rom, um Theologie zu studieren. Dort hatte ich das Glück, zwei der drei großen Abenteurer kennenzulernen, von denen schon die Rede war: Josemaría Escrivá und Alvaro del Portillo. 1978 zog ich wieder nach London. Wenige Monate zuvor war Karol Wojtyla, ein vielen völlig unbekannter polnischer Kardinal, zum Papst gewählt worden.
„Ich wollte nach Schweden, weil die Situation der Kirche dort schwierig ist“

Im Juni 1979 wurde ich zum Priester geweiht und zog kurz danach nach Manchester, wo ich von 1980 bis 1984 als Priester tätig war. Als ich 1983 erfuhr, dass Don Alvaro den Wunsch hatte, in Schweden anzufangen, schrieb ich ihm einen Brief, in dem ich ihm mitteilte, dass ich bereit war, dorthin zu ziehen, obwohl ich sehr wenig über dieses Land wusste außer dem, was mir eine Tante erzählte, die seit 1956 in Malmö wohnt. Meine Tante sprach von der schwierigen Situation, in der die Katholiken dort lebten. Dies entmutigte mich keineswegs, im Gegenteil, es spornte mich an. Gerade deshalb muss ich dorthin – dachte ich –, weil die Situation sehr schwierig ist!

Von Manchester und Köln über Kopenhagen nach Stockholm – nur Koffer dabei

Am 3. März 1984 um neun Uhr morgens kamen wir am Bahnhof von Kopenhagen an. Juan Luis kam von Köln, ich von Manchester. Am Bahnhof erwartete uns Bent, ein dänischer Freund, der uns Gesellschaft leistete im Zug nach Stockholm. Er hat sich gewundert, dass wir nur Koffer bei uns hatten, sonst nichts.

Es war schon dunkel, als wir um viertel vor sieben in Stockholm aus dem Zug stiegen. Und es war sehr kalt. Lars, ein anderer Bekannter, wartete am Bahnhof und begleitete uns zur Wohnung, die wir dank der Vermittlung von Monsignore Koch, dem Pfarrer der Kathedrale, hatten mieten können. Als wir die Tür öffneten, begrüßten uns mehrere Bekannte: Bo Lennart, Sven und ein kolumbianischer Priester, Padre Ferrero, die für uns zwei Betten, ein Sofa und eine Lampe besorgt hatten! Viel mehr, als wir erwartet hatten! Von da an feierten wir die heilige Messe in der Kathedrale, die sich im gleichen Stadtviertel befand. Wir waren schon in unserem neuen Land!

Für die Seelsorge war die Beherrschung viele Sprachen erforderlich

Während dieser ersten Monate arbeiteten wir in verschiedenen pastoralen Tätigkeiten der Pfarrei mit, denn der Pfarrer schaffte es nicht, die Gläubigen alle zu betreuen aufgrund der ständig wachsenden Zahl der Einwanderer. Es gab nur wenige Priester. Zum Glück sprachen Bischof Koch, Juan Luis und ich mehrere Sprachen und konnten von daher für Menschen verschiedenster Herkunft zur Verfügung stehen: für Mexikaner, Engländer, Deutsche, Italiener, Franzosen, Philippiner, Afrikaner, Portugiesen … Wenig später kamen die ersten Frauen des Opus Dei an - der Beginn eines weiteren Abenteuers. Das Opus Dei verbreitet sich auf dem Weg der Freundschaft über die Welt.

Bischof Alvaro kam 1984 nach Skandinavien

Don Alvaro ermutigte uns sehr mit seinen Briefen. Ende September 1984 kam er uns besuchen. Es war am Tag der Muttergottes vom Loskauf der Gefangenen und wir fuhren mit ihm nach Marielund, zu einer Kirche, die ihr gewidmet ist, ungefähr zwanzig Kilometer von Stockholm entfernt.

Bischof Alvaro und sein Nachfolger bei einem Besuch in Schweden

‚Als ich dem Heiligen Vater berichtete, dass wir dabei sind, in Schweden anzufangen, war er sehr froh‘, erzählte Don Alvaro. ‚Es sei sehr wichtig, dass euer Land zu Gott und zur Kirche zurückkehrt. Das sei natürlich nicht so schnell zu erreichen. Man müsse mit Geduld arbeiten. Diese Tugend sei für alles sehr notwendig. Außerdem – wenn wir daran denken, wie viel Geduld Gott mit jedem von uns hat – ich denke an die, die er mir gegenüber hatte, indem er mir so oft vergab –, dann sehen wir, dass wir mit den Anderen Verständnis haben müssen.‘

Und Don Alvaro fuhr fort: ‚Werdet nicht mutlos angesichts der Schwierigkeiten. Sicher gibt es sie, so wie überall, wo man apostolisch arbeitet. Aber Schwierigkeiten haben das Gute, dass sie uns dazu bringen, mehr zu beten und nicht auf die eigenen Kräfte zu vertrauen, sondern auf den Herrn und auch dazu, die Absicht dauernd zu läutern. Wir sind nicht auf den Applaus der Leute aus, sondern auf die Ehre Gottes. Der Papst hat mir versichert, dass er täglich, wenn er morgens aufsteht, zuerst für Schweden betet.‘

Viele Menschen nähern sich der katholischen Kirche

Ich fuhr regelmäßig nach Norwegen und Dänemark, wo ich mich mit Leuten unterschiedlicher sozialer Herkunft anfreundete wie den Dams, einigen Familienvätern aus Kopenhagen, einem Norweger, Ole Martin Stamneströ, oder Camilla, einer jungen Dänin.

Inzwischen haben sich – Gott sei Dank – viele Skandinavier dem Herrn genähert und kennen die Botschaft des heiligen Josefmaria. Einige von ihnen – wie Arne und Barbara – haben sich an völlig unerwarteten Orten entschieden, der Kirche anzugehören. Arne ist ein sehr angesehener Chirurg und Barbara ist Mezzosopranistin. Sie wohnen und arbeiten in Dänemark und verbringen manchmal Zeit an der Costa del Sol wie viele andere Ehepaare aus den nordischen Ländern.

In diesem Teil der Kirche, dem Opus Dei, steht uns wie der Kon-Tiki eine lange Seefahrt bevor, aber wir haben die Gewissheit, dass die Gnade Gottes, dieser kräftige Wind, der die Seelen bewegt, niemals fehlen wird.“

Dr. Richard Hayward ist Engländer und arbeitet als Priester in Malmö.

Dr. Juan Luis Bernaldo wurde 74 Jahre alt. Er stammte aus Bilbao in Spanien und starb am 2. November 2018 in Stockholm.

(Warmer Nordwind: Lebenszeugnisse von Christen in den nordischen Ländern / José Miguel Cejas ; aus dem Spanischen von Helga Kegel und Janni Büsse, fe-Medienverlag, Kisslegg 2018 (mit freundlicher Genehmigung)