Betrachtungstext: 5. Osterwoche – Dienstag

Der Friede kommt von Gott – Eine Frucht der Heiligen Messe – Der Friede, Folge des Kampfes

ALLE, DIE den seligen Alvaro del Portillo näher gekannt haben, waren der Meinung, dass er genau das verkörperte, was der heilige Josefmaria einmal schrieb: „Ein untrügliches Kennzeichen für ein Kind Gottes ist der Friede im Herzen, das heißt selbst den Frieden haben und den Mitmenschen den Frieden weitergeben.“1 Es ist der innige Wunsch eines jeden Menschen, Frieden zu finden und nicht in ständiger Unruhe zu leben, sondern darauf zu vertrauen, dass es keine Sorgen gibt, für die es keinen Trost gibt. Das ist allerdings nicht einfach zu erreichen: Es gibt immer wieder Situationen, die nicht optimal verlaufen, Grenzen, mit denen wir uns arrangieren müssen, und scheinbar unlösbare Probleme ... Um in einem dauerhaften Frieden zu leben und diesen an andere weiterzugeben, ist Anstrengung von unserer Seite erforderlich, aber vor allem gilt es, die unerschöpfliche Quelle dieses Friedens in Gott zu finden.

In einer Tagesmeditation wies Papst Franziskus einmal auf eine wichtige Unterscheidung hin: „Der Friede, den die Welt gibt, ist ein Friede ohne Drangsal, ... ein künstlicher Friede, der mehr Ruhe als wirklicher Frieden ist ..., der nur auf die eigenen Belange, die eigenen Sicherheiten schaut, darauf, dass einem nichts fehlt. ... Die Welt lehrt uns den Weg des Friedens in der Betäubung und betäubt uns, um uns die andere Wirklichkeit des Lebens nicht sehen zu lassen: das Kreuz. ... Der Friede Gottes hingegen ist ein realer Friede, der mit der Wirklichkeit des Lebens vereinbar ist, der das Leben nicht verleugnet. Denn das Leben ist so: Es gibt Leid, es gibt Krankheit, es gibt viel Hässliches, es gibt Kriege, ... Und dennoch verliert man nicht jenen Frieden, der von innen kommt, der ein Geschenk ist, sondern man macht weiter und trägt das Kreuz und das Leid. Ein Friede ohne Kreuz ist nicht der Friede Jesu: Das ist ein Friede, den man kaufen kann. Vielleicht können wir ihn künstlich herstellen, aber er ist nicht von Dauer: Er endet.“2

Im Umgang mit dem Herrn finden wir den Seelenfrieden, den wir für uns selbst und für die anderen benötigen. Nur er hat den Schlüssel dazu. Alles Glück erfüllt sich in Christus. Auch wir sehnen uns nach diesem Frieden, der sich auf natürliche Weise ausbreitet, weil er uns die Welt realistisch sehen lässt: mit den Augen Gottes.


DIE WORTE, die Jesus beim Letzten Abendmahl an die Apostel richtete und die wir heute im Tagesevangelium hören, faszinieren uns: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht (Joh 14,27). Lassen wir uns von diesen Worten dazu anregen, zu reflektieren, welche Sorgen uns die innere Ruhe rauben, was unser Herz zittern oder schwanken lässt. Nur in Gott werden wir die wahre Ruhe, den wahren Frieden finden; in seinen Händen kommen wir zur Ruhe. Der heilige Josefmaria empfiehlt: „Entfache in deiner Seele und in deinem Herzen – in deinem Denken und in deinem Wollen – den Geist des Vertrauens und der Hingabe an den liebevollen Willen des himmlischen Vaters ... Von dort kommt der innere Friede, nach dem du dich sehnst.“3

In jeder Heiligen Messe erfahren wir jenen Frieden, den nur Gott gewährt. Kurz vor dem Empfang der Kommunion, nach dem Vaterunser, öffnet der Priester die Arme für die ganze Menschheit und spricht: „Der Friede sei mit euch.“ Dem Altar entströmt die tiefste Heiterkeit des Geistes. Alles, was es an Gutem in der Kirche, in jedem Christen, in jedem Menschen gibt, entspringt in Jesus Christus und in seinem Opfertod auf Golgotha. Ein Christ, der mit der Messe verbunden lebt, „der mit dem Herzen Christi vereint lebt, kennt“, so sagte der heilige Josefmaria, „nur ein Ziel: den Frieden in der Gesellschaft, den Frieden in der Kirche, den Frieden in der eigenen Seele: den Frieden Gottes, der vollendet wird, wenn sein Reich kommt.“4

Denn ich, ich kenne die Gedanken, die ich für euch denke, Gedanken des Heils und nicht des Unheils; denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben (Jer 29,11). Diesen für unsere wunden Seelen so tröstlichen „Spruch des Herrn“, den wir bei Jeremias finden, bezog die Liturgie auf Jesus, denn, so erklärte der heilige Josefmaria, „in ihm zeigt sich uns deutlich, wie sehr Gott uns liebt. Er kommt nicht, um uns zu verurteilen und uns unsere Bedürftigkeit und Bosheit vorzuhalten: Er kommt, um uns zu erretten, zu vergeben und zu entschuldigen, um uns den Frieden und die Freude zu schenken.“5


DER HEILIGE THOMAS von Aquin sieht gute Gründe dafür, zu den vom heiligen Paulus aufgezählten Früchten des Heiligen Geistes die Liebe, die Freude und den Frieden hinzuzufügen. Denn die Liebe Gottes wird, wie der heilige Paulus schrieb, ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist (Röm 5,5), „der heiligen Liebe [aber] folgt mit Notwendigkeit die Freude, denn der Liebende freut sich über die Verbindung mit dem Geliebten (...). Die Vollendung der Freude aber ist der Friede.“6 Der Friede setzt dabei zweierlei voraus, nämlich „dass man [beim Genuss der heiligen Liebe] nicht von außen gestört wird und dass alles Verlangen in einem Gute seine Ruhe finde.“7 Den Frieden erlangen wir demnach dadurch, dass wir Gott an die erste Stelle setzen und uns von allem fernhalten, was uns von ihm trennen könnte.

Der Gründer des Opus Dei notierte aus einem Brief: „Meine Freude und mein Friede. Niemals werde ich wirklich Freude haben, wenn ich keinen Frieden habe. Und was ist der Friede? Der Friede hängt eng mit dem Krieg zusammen. Der Friede ist die Folge des Sieges. Der Friede fordert von mir beständigen Kampf. Ohne Kampf kann ich keinen Frieden finden.“8 Der heilige Josefmaria lehrte, dass der Friede eine Folge des Krieges ist, jedoch nicht irgendeines Krieges, sondern in erster Linie jenes Krieges, den man gegen sich selber führt: indem wir jede Art von Egoismus ablegen, die eigenen Wünschen möglichst auf die Wünsche Jesu abstimmen, unsere Kräfte darauf konzentrieren, das Gute zu verbreiten, usw. In einem Wort, kämpfen, um das voranzutreiben, was Gott gefällt, und uns von allem fernhalten, was uns von ihm wegführt. Um Frieden zu haben und verbreiten zu können, muss man ihn gewissermaßen schrittweise erobern. Er hielt fest: „Die Menschen sind ständig dabei, Frieden zu schließen, und ständig dabei, Kriege zu entfesseln. Woran das liegt? Sie haben die Lehre vergessen, dass man im eigenen Inneren kämpfen und sich auf die Hilfe Gottes stützen muss, damit er der Sieger sei und sein Friede herrsche – im eigenen Herzen, im eigenen Zuhause, in der Gesellschaft und in der Welt.“9

Maria ist die Königin des Friedens, weil sie trotz aller Leiden und Wechselfälle in ihrem Leben stets mit dem Blick auf den Herrn lebte. Wir flehen sie an, dass sie uns helfe, den Seelenruhen und Frieden zu bewahren, wenn sich in unserem Leben persönliche, familiäre und gesellschaftliche Schwierigkeiten einstellen.


1 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 649.

2 Franziskus, Tagesmeditation, 16.5.2017.

3 Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 850.

4 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 170.

5 Ebd., Nr. 165.

6 Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae I-II, q. 70, a 3.

7 Ebd.

8 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 308.

9 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 102.