Betrachtungstext: 33. Sonntag im Jahreskreis (C)

Vertrauen auf das Handeln Christi. - Gott zählt auf unsere Bemühungen. - Die Grundlage unserer Sicherheit.

JESUS ist im Tempel. Nachdem er die Schönheit der Verzierungen betrachtet hat, wendet er sich an seine Jünger und spricht zu ihnen über die Zeit der Verfolgung und die Zerstörung des Tempels. Und in der Mitte dieser Rede wirft der Herr eine Reihe von Empfehlungen für den Umgang mit diesen Ereignissen ein. "Aber vor diesem allen werden sie Hand an euch legen und euch verfolgen und werden euch überantworten den Synagogen und Gefängnissen (...) So nehmt nun zu Herzen, dass ihr euch nicht sorgt, wie ihr euch verteidigen sollt" (Lk 21,12-14).

Dieser Rat mag etwas seltsam anmuten, denn welchen Sinn hat es, keine Verteidigung gegen ungerechte Verfolgung vorzubereiten? Möglicherweise will Jesus in Wirklichkeit erreichen, dass wir nicht so sehr darauf achten, wozu wir fähig sind, sondern vielmehr darauf, was er in uns wirken kann, insbesondere in schwierigen Zeiten. "Denn ich will euch Worte und Weisheit geben, der alle eure Widersacher nicht widerstehen noch widersprechen können" (Lk 21,15), sagt er weiter. Er stellt uns vor unsere Grenzen, damit er derjenige ist, der in unserem Leben leuchtet. Das sind Worte, die unseren Glauben und unsere Hoffnung noch mehr anfachen können, weil sie uns daran erinnern, dass wir nicht allein sind.

Das hat der heilige Josefmaria in seinem eigenen Leben erfahren. Bei einer Gelegenheit ging er durch London. Als er das hektische Treiben der Menschen, die materielle und finanzielle Macht sah, fühlte er sich so verwirrt und hilflos, dass er dachte: "Josefmaría, hier richtest du nichts aus”. Und sofort hatte er die Antwort: "Du vermagst nichts, ich aber kann alles! Du bist die Unfähigkeit, aber ich bin die Allmacht”.1 Diese Überzeugung war so tief in seiner Seele verankert, dass er [schon zuvor] in seinem Buch “Der Weg” schrieb: "Du spürst einen gewaltigen Glauben... ‒ Der dir diesen Glauben gibt, wird dir auch die Mittel geben".2

DAS WISSEN, dass Gott immer an unserer Seite ist, führt uns zu einem gelassenen und optimistischen Leben. Das bedeutet jedoch nicht, dass unser Handeln gleichgültig ist, dass es egal ist, ob wir die eine oder die andere Entscheidung treffen. Um seine Herrschaft in unseren Herzen auszudehnen, zählt Christus auf das, was wir tun, und auf das, was wir zu tun imstande sind. Das Evangelium nennt Beispiele von Menschen, die durch konkrete Gesten mit Jesus zusammenarbeiteten: Krüge mit Wasser füllen, ein Loch im Dach öffnen, Brote und Fische vorlegen, einem durstigen Fremden zu trinken geben... Das sind Kleinigkeiten, die für jeden erreichbar waren, die aber, wenn sie in die Tat umgesetzt wurden, ein unvorstellbares Ergebnis hatten: den besten Wein, die Heilung eines Gelähmten, eine Fülle von Lebensmitteln oder eine Veränderung des Lebens.

Jesus ist sicherlich von unseren Bemühungen um Heiligkeit bewegt. "Der Gott unseres Glaubens ist nicht ein entrücktes Wesen, das auf das Schicksal, auf die Not und das Elend der Menschen unbeteiligt herabschaut. Er ist ein Vater, der seine Kinder inbrünstig liebt, ein Schöpfergott, der vor Zuneigung zu seinen Geschöpfen überfließt".3 Er wird uns nicht vor eine Aufgabe stellen, der wir nicht gewachsen sind; er lädt uns ein, mit den gewöhnlichen Dingen in unserem Leben zusammenzuarbeiten, die uns klein erscheinen mögen, aber in seinen Händen eine andere Dimension bekommen. Er übersteigt unsere Grenzen in einer Weise, die wir uns nicht vorstellen können. "Jesus verlangt uns nicht ab, was wir nicht haben, sondern läßt uns sehen, daß sich das Wunder – wenn jeder das Wenige anbietet, das er besitzt – immer neu ereignen kann: Gott vermag unsere kleine Geste der Liebe zu vermehren und uns an seiner Gabe Anteil haben zu lassen".4

ANGESICHTS der vom Herrn angekündigten Ereignisse, der Verfolgungen und Schwierigkeiten können wir das Gefühl haben, dass "unser Glaube in dunklen Momenten, in Momenten der Traurigkeit arm ist (...) und dass unser Weg mühsam, durch widrige Kräfte blockiert sein kann".5 In solchen Situationen kann es hilfreich sein, sich daran zu erinnern, dass unsere Hoffnung die Erwartung einer Sache ist, die bereits erfüllt ist und die sich gewiss für einen jeden von uns verwirklichen wird"6: der Triumph Jesu über den Tod und das Böse.

Seit den Anfängen der Kirche haben die Christen verschiedene Schwierigkeiten durchgemacht. Wie sie können auch wir jedes Hindernis überwinden, denn, wie der Priester oft in der Heiligen Messe betet, "führt [Gott] alle, die in Christus entschlafen sind, in das Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens".7 Er ist wirklich gegenwärtig in der Welt, in der Kirche und in unserem Leben. Der Herr gibt allen, die an seiner Sendung mitarbeiten, eine Verheißung, auch wenn sich die Freude oft mit Müdigkeit mischt: "Seid standhaft, und ihr werdet euer Leben gewinnen" (Lk 21,19).

Wenn wir Schwierigkeiten mit der Überzeugung annehmen, dass wir immer in Gottes Hand sind, werden wir mit größerer Gelassenheit leben. "Du hast den Herrn darum gebeten, Er möge dich ein wenig um seinetwillen leiden lassen... ", schreibt der heilige Josefmaria. "Sieh da ‒ als nun das Leiden kommt, und zwar auf eine sehr menschliche, sehr gewöhnliche Art, mit Schwierigkeiten und Sorgen in der Familie oder den tausend Kleinigkeiten des Alltags, fällt es dir doch schwer, hinter all dem Christus zu sehen. Halte deine Hände geduldig hin für diese Nägel... Und dein Schmerz wird sich in Freude verwandeln".8 Wir können Maria bitten, dass wir die Widerwärtigkeiten eines jeden Tages in der Gewissheit leben können, dass ihr Sohn uns immer begleitet.


1 Vgl. Andrés Vázquez de Prada, Der Gründer des Opus Dei, Band III, S. 311.

2 Hl. Josefmaria, Weg, Nr. 577.

3 Hl. Josefmaria, Discursos sobre la Universidad, Nr. 8.

4 Benedikt XVI., Angelus, 29-VII-2012.

5 Papst Franziskus, Angelus, 9-VIII-2020.

6 Papst Franziskus, Generalaudienz, 1-II-2017.

7 Eucharistisches Hochgebet I.

8 Hl. Josefmaria, Spur, Nr. 234.

Foto: Suzanne Tucker