Am Ende des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit eint Dankbarkeit die ganze Kirche. An erster Stelle ist das eine kindliche Dankbarkeit gegenüber der Heiligsten Dreifaltigkeit. Ihre reichen Gaben haben uns die unendliche Liebe Gottes für jeden Mann und jede Frau, für jeden von uns erfahren lassen. Und ebenso empfinden wir die Einheit mit den Anliegen von Papst Franziskus, der das Jubeljahr ausgerufen hat, um diesen grundlegenden Aspekt unseres Glaubens deutlich zu machen, dass Gott ein unermesslich guter Vater ist. Dankbar sind wir auch, wenn wir wissen, dass wir nur dann auf dem Erdenweg des Glücks sind, wenn wir Spender der Barmherzigkeit sind.
Damit unsere Dankbarkeit wirklich aufrichtig ist, muss sie mit dem tiefen Wunsch nach einer persönlichen Besserung einhergehen. Ein Mensch, der Barmherzigkeit erfahren hat, sei es im Sakrament der Beichte, in einer Zeit des Gebetes, beim Durchschreiten der Heiligen Pforte oder weil er die Hilfe eines Bruders erhalten hat, muss sie durch sein eigenes Leben an andere Menschen weitergeben.
Dieses Jubeljahr muss einen nachhaltigen Eindruck in unserer Seele hinterlassen. Es wird genauso sein, wenn wir in unserem Wunsch nach Heiligkeit wachsen. Wenn wir die Sakramente häufig empfangen und danach streben, uns in unseren Charaktereigenschaften zu bessern. Letzlich stellt es eine Gelegenheit für uns dar, dem Bild Christi besser zu entsprechen, das die anderen in unserem Leben sehen sollen.
Vielerorts auf der Welt, wo man das Echo des Evangeliums nicht mehr hört, stehen wir Christen vor der Herausforderung der ersten Evangelisierung. “Wo ist denn euer Gott?”, könnten sie uns fragen. Und sie können ihn entdecken: in unserem Gebet für die, die uns beleidigen, in unserer Aufmerksamkeit für die Notleidenden, in unserer Symathie für die, die in ihren Lastern gefangen sind, im Trost, den wir den Einsamen anbieten, in unserem Verzeihen, wo die Gesellschaft nur von Gerechtigkeit spricht, in der christlichen Koherenz unseres alltäglichen Lebens, in unserer Arbeit und unserer Familie... Wenn wir so handeln, werden auch wir in unserer Vertrautheit mit Gott wachsen, denn wer in seinem Namen handelt, wird ihn besser kennenlernen und sich mit ihm identifizieren.
“Wenn du Gott finden willst, such ihn dort, wo er sich verbirgt: in den Bedürftigen, in den Kranken, in den Hungernden, in den Gefangenen”, empfahl Papst Franziskus erst kürzlich. Wir würden unsere innere Welt klein machen, wenn wir dem Umgang mit denen auswichen, die uns missfallen, die anders sind als wir, durch die wir Zeit verlieren... In jedem Menschen können wir Christus begegnen, so sah es der hl. Josefmaria, der Gründer des Opus Dei. In unserem Alltag eröffnen sich viele Möglichkeiten, barmherzig zu sein: in unserem Zuhause, im Beruf, mit Freunden, wenn wir in der Stadt unterwegs sind, im Umgang mit unbekannten Menschen... Wir sollen sogar für die Menschen beten, denen wir auf der Straße begegnen, so riet der hl. Josefmaria unermüdlich. So werden wir stets bereit sein, den anderen beizustehen, wann immer es nötig ist.
Barmherzigkeit ist Liebe, die sich um andere kümmert und uns einlädt, auf die Jungfrau Maria zu blicken. Sie wird uns lehren, barmherzig zu sein und die Barmherzigkeit des Vaters uns gegenüber anzunehmen. So werden wir deutlich spüren, dass wir Brüder und Schwestern aller Menschen sind.”
Javier Echevarría, Prälat des Opus Dei