Herrenfeste im Jahreskreis (II)

In diesem Text werden die liturgischen Feste vom heiligsten Herzen Jesu, der Verklärung Christi, der Kreuzerhöhung und des Königtums Christi kommentiert.

· Herz Jesu · Verklärung Christi · Kreuzerhöhung · Königtum Christi

Mittels der verschiedenen Hochfeste des Herrn, die uns die Liturgie im Lauf des Jahres vorstellt, können wir aus unterschiedlichen Situationen das unergründliche Mysterium Gottes betrachten, so dass dessen Licht unsere christliche Existenz in der Welt erfüllt. Im Zentrum des Kirchenjahres, das „mit Ostern als Mittelpunkt die Zeitspanne von drei Monaten umfasst – zuerst die vierzigtägige Fastenzeit, dann die fünfzig Tage Osterzeit“ – „lässt uns die Liturgie drei Hochfeste feiern, die eher »synthetischen« Charakter haben: den Dreifaltigkeitssonntag, dann das Fronleichnamsfest und schließlich das Hochfest vom Heiligsten Herzen Jesu“ 1. Die beiden ersten Gedächtnisse wurden schon in einem vorhergehenden Artikel behandelt. Nun werden wir uns mit dem Hochfest vom Heiligsten Herzen Jesu und anschließend mit der Verklärung Christi, der Kreuzerhöhung und schließlich mit dem Christkönigsfest befassen.

Das Heiligste Herz Jesu

Am Freitag, der dem zweiten Sonntag nach Pfingsten folgt, lenkt die Kirche den Blick auf die geöffnete Seite Christi am Kreuz, durch die sich die unendliche Liebe Gottes zu den Menschen zeigt und die die Quelle ist, aus der die Sakramente hervorgehen. Die Betrachtung dieser Szene hat die Frömmigkeit der Christen seit den ersten Jahrhunderten erfüllt, denn dort haben sie in all ihren Schwierigkeiten die nie versiegende Quelle von Frieden und Sicherheit gefunden. Die christliche Mystik lädt uns ein, uns dem Herzen des fleischgewordenen Wortes zu öffnen: „Durch den Glauben wohne Christus in euren Herzen, in der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet. So sollt ihr mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu erkennen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr erfüllt werden in die ganze Fülle Gottes hinein 2.

Die Volksfrömmigkeit des ausgehenden Mittelalters hat eine tiefe und ausdrucksstarke Verehrung der am Kreuz leidenden Heiligsten Menschheit Christi entwickelt.

Die Volksfrömmigkeit des ausgehenden Mittelalters hat eine tiefe und ausdrucksstarke Verehrung der am Kreuz leidenden Heiligsten Menschheit Christi entwickelt. So verbreiteten sich der Kult von Dornenkrone, Nägeln und Wunden – bis hin zum geöffneten Herzen, des Inbegriffs aller Leiden, die unser Erlöser aus Liebe zu uns erduldet hat. Diese Frömmigkeitsformen haben eine tiefe Spur in der Kirche hinterlassen, sodass im XVII. Jahrhundert die Liturgie des Hochfestes des Heiligsten Herzens entstand. Am 20. Oktober 1672 feierte ein Priester aus der Normandie, der heilige Johannes Eudes, zum ersten Mal eine dem Herz Jesu gewidmete Messe. Ab dem Jahr 1673 verbreiteten sich die Berichte über Visionen der heiligen Margarita Maria Alacoque bezüglich der Ausbreitung dieses Kultes. Schließlich setzte Pius IX dieses Fest offiziell für die Lateinische Kirche fest.

Die beiden theologischen Pfeiler dieser Verehrung werden in der Liturgie dieses Tages entwickelt: der unergründliche Reichtum des Mysteriums der von Christus erwiesenen Liebe und die erlösende Betrachtung seines durchbohrten Herzens. Das Römische Messbuch bringt sie in den beiden vorgeschlagenen Tagesgebeten: „Wir verehren das Herz deines geliebten Sohnes und preisen die großen Taten seiner Liebe. Gib, dass wir aus dieser Quelle göttlichen Erbarmens die Fülle der Gnade und des Lebens empfangen“. Und: „du öffnest uns den unendlichen Reichtum deiner Liebe im Herzen deines Sohnes, das unsere Sünden verwundet haben. Gib, dass wir durch aufrichtige Umkehr Christus Genugtuung leisten“.

Die Betrachtung der überaus tiefen Liebe des Herrn zu den Seelen wird auch zur Einladung, das eigene Herz dem seinen anzugleichen und unseren tiefen Wunsch nach Sühne mit dem wirksamen Verlangen zu verbinden, Ihm mehr Seelen zuzuführen: Wir haben uns ein wenig dem Feuer der Liebe Gottes ausgesetzt, lassen wir jetzt unser Leben von seiner Kraft lenken, lassen wir uns von der Begeisterung ergreifen, dieses göttliche Feuer bis an die Grenzen der Erde zu tragen, lassen wir es jene spüren, die um uns sind, damit auch sie den Frieden Christi erfahren und darin ihr Glück finden 3.

Die Verklärung des Herrn

Das Hochfest der Verklärung des Herrn geht möglicherweise auf das jährliche Gedächtnis der Weihe einer Basilika zurück, die am Berg Tabor zu Ehren dieses Mysteriums errichtet wurde. Im Westen wurde dieses Fest im IX. Jahrhundert eingeführt. Etwas später, im XI. und XII. Jahrhundert, begann man es auch in Rom, in der vatikanischen Basilika zu feiern. In den Römischen Kalender wurde es von Papst Calixtus III (1457) zum Dank für den Sieg der christlichen Truppen über die Türken am 6. August 1456 bei Belgrad aufgenommen.

Im christlichen Orient ist die Verklärung unseres Gottes und Erlösers Jesus Christus neben Ostern, Weihnachten und Kreuzerhöhung eines der größten Hochfeste des Jahres. In ihm kommt die ganze Theologie über die Vergöttlichung der menschlichen Natur durch die Gnade zum Ausdruck, die durch den Glanz der Herrlichkeit Gottes erleuchtet wird, wenn sie mit Christus bekleidet wird. Die Lesungen im Stundengebet des Römischen Ritus zeigen, dass wir durch die Vereinigung mit Jesus „mit unserem vergeistigten Blick, in gewisser Weise in den Falten unserer Seele nach seinem Bild geformt werden und leuchten“ 4.

Da sind wir, Herr, bereit, auf alles zu hören, was Du uns sagen möchtest. Rede, wir horchen auf Deine Stimme.

An diesem Fest sind wir eingeladen, unser Augenmerk mit Petrus, Jakobus und Johannes ganz auf Jesus zu richten: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören“ 5. Wir müssen auf Ihn hören und zulassen, dass sein Leben und seine Lehren unser gewöhnliches Leben vergöttlichen. Der heilige Josefmaria hat so gebetet: Da sind wir, Herr, bereit, auf alles zu hören, was Du uns sagen möchtest. Rede, wir horchen auf Deine Stimme. Dein Wort möge sich uns in die Seele senken (...) und unseren Willen entflammen, auf dass er Dir bereitwillig gehorche. 6.

Auf den Herrn zu hören - mit der ehrlichen Bereitwilligkeit, sich mit Ihm zu identifizieren - macht uns opferbereit. Die Verklärung Jesu „gab den Jüngern die Kraft, das Ärgernis des Kreuzes zu tragen“ 7 und half ihnen, die Dunkelheit der Stunden seiner Passion zu überstehen. Kreuz und Herrlichkeit hängen eng zusammen. Für die Feier des Festes der Verklärung wählte man den 6. August, bezogen auf die Kreuzerhöhung. Zwischen diesen beiden liegen 40 Tage, was nach einigen Überlieferungen so etwas wie eine zweite Fastenzeit bedeutet. Die Byzantinische Kirche lebt diesen Zeitraum mit Fasten und Betrachtung des Kreuzes.

Kreuzerhöhung

Das Fest der Erhöhung des heiligen Kreuzes hat seinen Ursprung in der Kirche von Jerusalem. Man feierte es seit Mitte des vierten Jahrhunderts am 13. September, dem Weihetag der Konstantinischen Basilika, die auf Golgota errichtet wurde. Laut den Erinnerungen einer Pilgerin aus der Antike, namens Egeria, wurde einige Jahre vorher an diesem Datum eine Reliquie des Kreuzes Christi aufgefunden. Die Geste seiner Erhöhung wurde am zweiten Tag der Oktav des Weihetages vorgenommen: wie ein liturgisches Buch aus dieser Zeit bezeugt, wurde an diesem Tag „das verehrungswürdige Kreuz dem ganzen christlichen Volk feierlich gezeigt“. Der charakteristischste Ritus an diesem Fest ist heute in der byzantinischen Liturgie das vom Priester vorgenommene Hochheben des Kreuzes über alle Köpfe, wobei er das Volk segnet und sich nach allen vier Himmelsrichtungen wendet. Dabei singt der Chor bei jeder Elevation hundert Mal die Litanei Kyrie eleison. Danach treten die Gläubigen zur Kreuzverehrung vor und empfangen eine der Blume aus dem Blumenschmuck des Platzes, wo das Kreuz lag. In der Ostkirche ist dieses Hochfest so bedeutend, dass man es wie ein herbstliches Ostern betrachtet.

Seit dem sechsten Jahrhundert beging man in Rom am 3. Mai ein vergleichbares Fest: Die Auffindung des Heiligen Kreuzes. In der vatikanischen Basilika übernahm man Mitte des siebenten Jahrhunderts den aus Jerusalem kommenden Brauch der Verehrung einer Kreuzreliquie ( lignum crucis genannt) am 14. September. Papst Sergius (687-701) verlegte diesen Brauch in die Lateranbasilika und verlieh ihm eine besondere Feierlichkeit, so dass sich dieses Fest schon im achten Jahrhundert auch im ganzen Westen ausbreitete.

der Herr hatte vorgesehen, dass, so wie der Baum des Paradieses den Fall des Menschen herbeigeführt hatte, das Kreuz der rettende Baum sein solle

In der Römischen Liturgie erinnert die Präfation der Messe daran, dass der Herr vorgesehen hatte, dass, so wie der Baum des Paradieses den Fall des Menschen herbeigeführt hatte, das Kreuz der rettende Baum sein solle „ ut unde mors oriebatur, inda vita resurgeret ..., dass von dort, wo der Tod herkam, auch das Leben neu erstehen solle“ 8. Die Lesungen unterstreichen die Bedeutung der Erhöhung Christi am Holz als Vorwegnahme der Erhöhung in der Herrlichkeit und als „Magnet“, der alle Kreaturen an sich zieht: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ 9. Das Kreuz ist der Ort von Jesu Triumph, von dort verbreitet sich seine Herrschaft, wobei Er auf unser Mitwirken zählt: Christus unser Herr wurde gekreuzigt, und Er erlöste, am Kreuze erhöht, die Welt, Er stellte den Frieden zwischen Gott und den Menschen wieder her. Uns alle erinnert Jesus Christus daran: Et ego, si exaltatus fuero a terra, omnia traham ad meipsum(Joh 12,32), wenn ihr mich an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten stellt, wenn ihr in jedem Augenblick eure Pflicht erfüllt, wenn ihr meine Zeugen im Großen und im Kleinen seid, omnia traham ad meipsum, dann werde ich alles an mich ziehen. Mein Reich wird unter euch Wirklichkeit sein! 10

Der heilige Josefmaria trug immer ein kreuzförmiges Reliquiar mit einem lignum crucis um den Hals. Es war Ausdruck seiner Verehrung des Heiligen Kreuzes durch die liebevolle Erfüllung der Pflichten jedes Tages. Es gibt unzählige, auch sehr kleine Gesten, die ebenfalls dazu dienen, diese Verehrung im alltäglichen Leben zum Ausdruck zu bringen. Etwa wenn wir bei Tisch den Segen sprechen und Dank sagen und dabei das Kreuzzeichen machen: „Dieser Moment des Segensspruchs erinnert uns, selbst wenn er ganz kurz ist, an unsere Abhängigkeit von Gott für unser Leben, unterstützt unser Empfinden der Dankbarkeit für die Gaben der Schöpfung, erkennt jene an, die mit ihrer Arbeit diese Güter besorgen, und stärkt die Solidarität mit denen, die am meisten bedürftig sind“ 11.

Christus der König des Universums

Bei den Festen des Kirchenjahres wird auf verschiedene Art an die Herrschaft Christi über das Universum erinnert, so wie an Epiphanie, Ostern und Christi Himmelfahrt. Mit dem im Jahr 1925 von Papst Pius XI eingeführten Hochfest Königtum Christi will die Kirche im Kontext der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft klar herausstellen, dass die Herrschaft Christi selbst die ganze Schöpfung umfasst, einschließlich der menschlichen Geschichte.

Das Königtum Christi ist, wie die Liturgie der Messe aufzeigt, ein regnum veritatis et vitae; regnum sanctitatis et gratiae, regnum iustitiae, amoris et pacis 12: „das Reich der Wahrheit und des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“. Das sind die vom menschlichen Herzen am meisten ersehnten Werte, an deren Verwirklichung wir Christen mitwirken können. Dazu zählen vor allem die an die Allerärmsten gerichteten Werke der Barmherzigkeit, wie sie im Evangelium des Zyklus A angeführt sind: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen“ 13.

Allerdings macht uns Jesus darauf aufmerksam: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“ 14. Seine Herrschaft wird erst bei seiner zweiten Ankunft in Herrlichkeit in vollem Umfang offenbar werden, bei der Errichtung des neuen Himmels und der neuen Erde, wenn „alle Geschöpfe von der Macht des Bösen (befreit werden), damit sie allein dir dienen“ 15. Jetzt ist die Zeit der Hoffnung, in der wir im Vertrauen auf den endgültigen Sieg für sein Reich arbeiten.

Jesus ist die Mitte der Geschichte, nicht nur der gesamten Menschheit, sondern auch der jeder einzelnen Person. Selbst dann, wenn alles verloren scheint, kann man sich direkt an den Herrn wenden, wie jener reuige Schächer, der uns im Evangelium des Zyklus C vorgestellt wird. 16 Wie viel Frieden geht doch davon aus, dass wir uns trotz unseres Vorlebens bei aufrichtiger Reue jederzeit den Zugang zum Reich Gottes öffnen können. „Heute können wir alle an unsere Geschichte, an unseren Weg denken. Jeder von uns hat seine Geschichte; jeder von uns hat auch seine Fehler, seine Sünden, seine glücklichen Augenblicke. An diesem Tag wird es uns guttun, an unsere Geschichte zu denken, auf Jesus zu schauen und mit dem Herzen ihm immer wieder zu sagen – wohlgemerkt mit dem Herzen, im Schweigen, jeder von uns: »Herr, denke an mich, jetzt, wo du in deinem Reich bist! Jesus denk an mich, denn ich will gut werden, aber ich habe nicht die Kraft, ich kann nicht: ich bin ein Sünder, eine Sünderin. Aber denke an mich, Jesus! Du kannst an mich denken, denn du bist im Mittelpunkt, du bist wirklich in deinem Reich«“ 17. Diese Bitte aus Liebe drängt sich uns im Lauf der Abfolge der Liturgie auf, wenn wir unser tägliches Leben anhand dessen, was in der Messe gefeiert wird, aktualisieren. Das Heiligste Herz Jesu, seine Verklärung, die Kreuzerhöhung und das Christkönigsfest säumen nicht nur das Jahr, sondern erfüllen die Tage, an denen sie gefeiert werden, mit Sinn.

José Luis Gutiérrez


1 Benedikt XVI, Homilie am Hochfest Fronleichnam, 22.5.2008.

2Eph 3,17-19.

3 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 170.

4 Anastasius Sinaiticus, Predigt am Tag der Verklärung (Lectio altera der Lesungen des Stundengebetes - des Offiziums der Liturgie der Horen - vom 6. August)

5 Mt 17,5.

6 Hl. Josefmaria, Der Rosenkranz, Lichtreiche Geheimnisse IV.

7 Römisches Messbuch, Präfation am Fest der Verklärung Christi ( SCHOTT Messbuch, S. 1029)

8 Vgl. Römisches Messbuch, Präfation vom Fest der Kreuzerhöhung.

9 Joh 12,32.

10 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr.183.

11 Papst Franziskus, Enzyklika Laudato si’, 24.5.2015, Nr. 227.

12 Römisches Messbuch, Präfation vom Königtum Christi (SCHOTT Messbuch , S. 1028).

13 Mt 25,35.

14 Joh 18,36.

15 Römisches Messbuch, Tagesgebet an Christus König.

16 Vgl. Lk 23, 35-43.

17 Papst Franziskus, Homilie, 24.11.2013.