Es gibt keinen Krieg der Generationen

Dr. Beate Wieland vom Landesministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration skizziert Folgen und Herausforderungen des demografischen Wandels. Wieland sprach im Bildungszentrum Hogesteg, einer Initiative von Mitgliedern des Opus Dei. Die Diskussionsveranstaltung fand in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung statt.

Münster. Endzeitstimmung werde sie nicht verbreiten. Das passe auch nicht zum Thema Demografie, betonte Dr. Beate Wieland vom Landesministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration. Sie sprach im Bildungszentrum Hogesteg über den demografischen Wandel. „Dass die Menschen immer älter werden, ist kein Grund zur Sorge. Im Gegenteil: Hier erfüllt sich ein alter Menschheitstraum.“ Die gesellschaftliche Diskussion darüber sei aber oft diffamierend für die Senioren. „Wir reden ständig von Vergreisung und Überalterung“, kritisierte die Referentin. Dabei sei das Alter in der Regel nicht von Krankheit und Siechtum geprägt, das bürgerschaftliche Engagement der Senioren darüber hinaus sehr hoch. „In der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen engagieren sich 37 Prozent ehrenamtlich.“ Der von den Medien oft beschworene Krieg der Generationen finde gar nicht statt, so Wieland. „Weder in den Familien noch auf die gesamte Gesellschaft bezogen. Damit würde man schließlich Krieg gegen sich selbst machen.“ 

Ein echtes Problem sei dagegen die niedrige Geburtenrate. Auf dem Gebiet „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ gebe es noch einiges nachzubessern. Im Hinblick auf längere Öffnungszeiten der Kitas sei aber schon viel passiert. Nach Auffassung von Dr. Wieland stelle die Arbeitswelt sich immer mehr auf die Anliegen der Familien ein. Deswegen sei sie optimistisch, dass Frauen demnächst nicht nur drei, sondern auch zehn Jahre zu Hause bleiben können und nachher dennoch einen qualifizierten Wiedereinstieg in den Beruf finden werden. „Das setzt allerdings die Bereitschaft zu Fortbildung voraus.“ 

In der anschließenden Diskussion kritisierten einige Teilnehmerinnen, dass die neue Familienförderung erwerbstätige Frauen klar bevorzuge. Wer sich entscheide, zu Hause zu bleiben und die Kinder selbst zu erziehen, werde grundsätzlich benachteiligt. Ferner fehle Personal in den Kindertagesstätten. Insbesondere bei der Betreuung der unter Dreijährigen werde man damit den Ansprüchen der Kinder nicht gerecht. 

Dr. Wieland verwies auf Initiativen des Landes NRW, das mit der Schaffung von Familienzentren und der flächendeckenden Einrichtung der Offenen Ganztagsgrundschule echte Meilensteine gesetzt habe. Vor allem Kinder aus benachteiligten Familien hätten hier die Chance einer besseren Förderung. 

Dass sich so wenige junge Familien für ein Kind entscheiden können, habe vielleicht nicht nur mit der Sorge um den Job oder das Geld zu tun. „Wenn man den Wert von Familie zu hoch in den Himmel hängt, gibt es immer mehr junge Frauen und Männer, die sich diese Verantwortung nicht mehr zutrauen“, so Wieland. Eine Diskussionsteilnehmerin betonte, dass auch die Bindung zwischen den Partnern häufig nicht so stark sei, dass man sich zutraue, ein gemeinsames Kind in die Welt zu setzen. „Viele Frauen haben Angst, dass sie dann hinterher mit dem Kind alleine da sitzen.“ 

Dass heute jede fünfte Schwangerschaft abgebrochen werde, finde in der Diskussion um den demografischen Wandel leider keine Berücksichtigung, bemängelte eine junge Frau, die sich ein stärkeres Engagement des Staates für die ungeborenen Kinder wünschte. Diesen Punkt aufzugreifen, sei aber „im Moment politisch von niemandem gewollt“, gab Wieland eine klare Antwort.

Rebekka Zumloh