Er zeigt sich und er sendet

Eine Betrachtung von Josef Arquer

Beides nennen wir Epiphanie, Erscheinung, Sich-Zeigen Gottes: Erst die Huldigung der Weisen und nun die Taufe des Herrn im Jordan. In den Weisen aus dem Morgenland „sieht das Evangelium die Erstlinge der Nationen, welche die frohe Botschaft vom Heilsereignis der Menschwerdung empfangen" (KKK 528). In vielen alten Gemälden geschieht dies nicht feierlich majestätisch, sondern kindlich spielerisch: Der weiße König wird vom Schwung des quicklebendigen Jesuskindes überrumpelt, das den Pokal voller Goldstücke durchwühlt. 

Bei der Taufe im Jordan ist alles ernster. Es ist der Anfang von Jesu öffentlichem Wirken. Der Geist kommt auf ihn herab. Der Vater bekräftigt, dass er an seinem Sohn Gefallen hat. Jesus selbst – so auf klassischen Ikonen - steigt mit gefalteten Händen und mit innerlich gesammeltem Blick in den Jordan. Es ist, als würde das Wasser des Flusses ihn umkleiden oder auch begraben. „Von Kreuz und Auferstehung her wurde der Christenheit klar, was geschehen war: Jesus hatte die Last der Schuld der ganzen Menschheit auf seine Schultern geladen; er trug sie den Jordan hinunter“ (Joseph Ratzinger/ Benedikt XVI, „Jesus von Nazaret“ S. 44).

Jesu Alltag in Nazaret

Zwischen den beiden heilsgeschichtlichen Ereignissen liegen jene Jahre, die man das verborgene Leben Jesu nennt. Spirituell lässt sich diese Zeit als eine dritte Epiphanie für uns deuten: „Das verborgene Leben in Nazaret ermöglicht jedem Menschen, in den alltäglichsten Dingen in Gemeinschaft mit Jesus zu sein“ (KKK 533). Auch darin zeigt der Herr uns etwas: „Indem Jesus wie einer von uns aufwächst und lebt, offenbart Er uns, dass das menschliche Dasein, das gewöhnliche und alltägliche Tun einen göttlichen Sinn hat. Sooft wir diese Wahrheit auch betrachtet haben mögen, immer wieder sollte uns der Gedanke an die dreißig Jahre seines verborgenen Lebens in Staunen versetzen, jene dreißig Jahre, die den größten Teil seines Wandels unter uns Menschen, seinen Brüdern, ausmachen. Jahre im Schatten, für uns aber klar wie Sonnenlicht. Oder vielmehr: strahlende Jahre, die unsere Tage erhellen und ihnen ihren wirklichen Sinn geben; denn wir sind gewöhnliche Christen, die ein normales Leben führen wie Millionen Menschen überall auf der Welt.“ (Hl. Josefmaria Escrivá, Christus begegnen, Nr. 14)

 

Er sendet

Immer, wenn der Herr sich zeigt, sendet er auch. Sicher empfingen die geheimnisvollen Weisen aus den Orient keinen ausdrücklichen Befehl des vielleicht zweijährigen Kindes, als sie heimkehrten. „Die Weisen aus dem Orient ‚kehrten zurück’ in ihr Land, und sicher legten sie Zeugnis ab von ihrer Begegnung mit dem König der Juden. (...) Der Stern, der sie geführt hatte, war nicht mehr da! Inzwischen trugen sie das Licht in sich. Ihnen oblag es nun, es zu hüten und zu nähren in der ständigen Erinnerung an Christus, an sein heiliges Ange­sicht, an seine unbeschreibliche Liebe.“ (Benedikt XVI, Ansprache beim Weltjugendtag 2005). Sie werden in ihre Heimat als „Gesandte“, als „Apostel“ zurückgekehrt sein.

Nun bei der Taufe ist die Sendung kein expliziter Auftrag, sondern ein Vorgang, den der Täufer selbst auslöst. Er verweist seine beiden Jünger Andreas und Johannes auf den vorbeigehenden Jesus. Sie folgen ihm. Und aus der inneren Erfahrung jener ersten Begegnung entsteht spontan ihre „Sendung“. Andreas beeilt sich, seinen Bruder Simon Petrus zu rufen; beide weihen einen Freund aus dem gleichen Dorf ein, Philippus. Dieser kann es auch nicht für sich behalten und informiert seinen Freund Nathanael (Bartolomäus).

Auch das „Sich-Zeigen“ Gottes in unserem Alltag wird zu „Sendung“. Der Ort ist unser Umfeld: Beruf, Familie, Freunde... Mit einem Wort des hl. Josefmaria: „Die Christus gefunden haben, dürfen sich gegenüber ihrer Umwelt nicht abkapseln. Solche Selbstgenügsamkeit wäre eine traurige Sache. Sie müssen sich vielmehr wie ein Fächer nach allen Seiten hin entfalten, um alle Menschen zu erreichen. Jeder muß um sich einen immerfort wachsenden Freundeskreis bilden, den er durch sein berufliches Ansehen, durch sein Verhalten, durch seine Freundschaft beeinflußt - doch mit dem Ziel, daß Christus es ist, der in all diesen Beziehungen seinen Einfluß ausübt.“ (Die Spur des Sämanns 193).