Eheliche Liebe

Die christliche Ehe "stärkt, läutert und erhebt" die Eigenschaften jeder ehelichen Liebe.

„Gott, der den Menschen aus Liebe erschaffen hat, hat ihn auch zur Liebe berufen, welche die angeborene, grundlegende Berufung jedes Menschen ist“ 1. Als Gott den Menschen schuf, schuf er ihn als ein Wesen, das fähig ist, zu lieben und geliebt zu werden, denn Gott ist die Liebe, und er machte ihn nach seinem Bild und Gleichnis 2.

Mann und Frau wurden füreinander geschaffen. Man merkt sofort den Willen des Schöpfers, dass diese beiden Menschen, verschiedenen Geschlechtes, aber gleich an Würde, einander ergänzen sollten. Die Ehe „liegt schon in der Natur des Mannes und der Frau, wie diese aus den Händen des Schöpfers hervorgegangen sind. Die Ehe ist nicht eine rein menschliche Institution, obwohl sie im Lauf der Jahrhunderte je nach den verschiedenen Kulturen, Gesellschaftsstrukturen und Geisteshaltungen zahlreiche Veränderungen durchgemacht hat. Diese Unterschiede dürfen nicht die bleibenden und gemeinsamen Züge vergessen lassen. Obwohl die Würde dieser Institution nicht überall mit der gleichen Klarheit aufscheint, besteht doch in allen Kulturen ein gewisser Sinn für die Größe der ehelichen Vereinigung“. 3

Der hl. Josefmaria versichert uns: „Die Ehe ist für einen Christen keine bloß gesellschaftliche Einrichtung und noch viel weniger bloßes Heilmittel für die menschliche Schwachheit: Sie ist eine wahrhaft übernatürliche Berufung.“ 4

Die Liebe der Eheleute und die Liebe Gottes

Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es: „Gott, der den Menschen aus Liebe erschaffen hat, hat ihn auch zur Liebe berufen, welche die angeborene, grundlegende Berufung jedes Menschen ist. Der Mensch ist ja nach dem Bild Gottes erschaffen, der selbst Liebe ist. Da ihn Gott als Mann und Frau geschaffen hat, wird ihre gegenseitige Liebe ein Bild der unverbrüchlichen, absoluten Liebe, mit der Gott den Menschen liebt. Diese ist in den Augen des Schöpfers gut, ja sehr gut.“ 5

Der Mensch verwirklicht seine Persönlichkeit voll und ganz, indem er liebt. Das 2. Vatikanische Konzil erinnert daran, dass „der Mensch, der auf Erden die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur ist, sich selbst nur durch die aufrichtige Hingabe seiner selbst vollkommen finden kann.“ 6 Alle Menschen guten Willens können das verstehen. Die Hingabe an den anderen ist eine Quelle des Reichtums und der Verantwortung, versichert der hl. Johannes Paul II. Und Benedikt XVI. fügt hinzu, dass sie Aufmerksamkeit und Fürsorge für den anderen bedeutet.

Aber die Erbsünde hat diese harmonische Gemeinschaft von Mann und Frau zerstört. Die gegenseitige Anziehungskraft wurde zu einer Beziehung, die von Herrschaft und Begierlichkeit geprägt ist. „Und doch bleibt, wenn auch schwer gestört, die Schöpfungsordnung bestehen. Um die durch die Sünde geschlagenen Wunden zu heilen, benötigen Mann und Frau die Hilfe der Gnade, die Gott in seiner unendlichen Barmherzigkeit ihnen nie verweigert hat. Ohne diese Hilfe kann es dem Mann und der Frau nie gelingen, die Lebenseinheit zustande zu bringen, zu der Gott sie »am Anfang« geschaffen hat.“ 7

Jesus Christus kam, um die ursprüngliche Schöpfungsordnung wieder herzustellen. Durch sein Leiden und seine Auferstehung bewirkte er, dass Mann und Frau fähig werden, sich so zu lieben, wie er selbst uns geliebt hat. „Er gab selbst die Kraft und die Gnade, die Ehe in der neuen Gesinnung des Reiches Gottes zu leben.“ 8

Zwei Menschen, ein einziges Herz

Im Katechismus der Katholischen Kirche heißt es: „Die eheliche Liebe hat etwas Totales an sich, das alle Dimensionen der Person umfasst: Sie betrifft Leib und Instinkt, die Kraft des Gefühls und der Affektivität, das Verlangen von Geist und Willen; sie ist auf eine zutiefst personale Einheit hingeordnet, die über das leibliche Einswerden hinaus dazu hinführt, ein Herz und eine Seele zu werden; sie fordert Unauflöslichkeit und Treue in der endgültigen gegenseitigen Hingabe und ist offen für die Fruchtbarkeit. Mit einem Wort, es handelt sich um die normalen Merkmale jeder natürlichen ehelichen Liebe, jedoch mit einem neuen Bedeutungsgehalt, der sie nicht nur läutert und festigt, sondern so hoch erhebt, dass sie Ausdruck spezifisch christlicher Werte werden.“ 9

Das gegenseitige Sich-Schenken und Annehmen geschieht gleichzeitig. Eheliche Hingabe gibt es in Wirklichkeit nur dort, wo zugleich die Hingabe des anderen angenommen wird, der sich seinerseits als Ehegatte hingibt und angenommen wird.

Jeder Ehegatte geht vor Gott und vor seinem Partner durch den Liebesakt, der ein freier Willensakt ist, eine Verpflichtung ein. Gott selbst besiegelt diesen Bund, dessen Vorbild die Treue Christi zu seiner Braut, der Kirche, ist. So gilt: „Durch das Sakrament der Ehe werden die Gatten fähig, diese Treue zu leben und sie zu bezeugen.“ 10

Zu den Früchten und Zielen der Ehe gehört, dass sie offen ist für das Leben, „denn die eheliche Liebe neigt von Natur aus dazu, fruchtbar zu sein. Das Kind kommt nicht von außen zu der gegenseitigen Liebe der Gatten hinzu; es entspringt im Herzen dieser gegenseitigen Hingabe, deren Frucht und Erfüllung es ist.“ 11 Das Kind ist das „vorzüglichste Geschenk der Ehe“.12 Es anzunehmen heißt „mitwirkend sein mit der Liebe Gottes des Schöpfers“. 13Die innige und großzügige Vereinigung der Eheleute ist von Gott gewollt, sie bewirkt und festigt die Liebe der Eltern. Sie begünstigt das gegenseitige Sich-Schenken, durch das sie einander voll Freude und Dankbarkeit bereichern. 14 Gegen die moralischen Forderungen der ehelichen Liebe zu verstoßen, würde hingegen der Achtung widersprechen, die man dem Ehepartner und seiner Würde schuldig ist.

Bezüglich der Nachkommenschaft sollte man auch die Situation von Ehepaaren bedenken, die keine Kinder bekommen können. Sie haben immer die nötige Gnade, um sich voll Liebe in anderen Bereichen einzusetzen, auf diese Weise selbst glücklich zu werden und ihre gegenseitige Liebe zu vervollkommnen.

Die besondere Kraft des Sakramentes

Das Sakrament der Ehe verleiht den christlichen Eheleuten eine besondere Gnade zur Vervollkommnung ihrer Liebe und zur Stärkung ihrer unauflöslichen Einheit, um „aufzustehen, nachdem sie gefallen sind, einander zu vergeben, die Last des andern zu tragen, sich einander unterzuordnen »in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus« (Eph 5,21) und in zarter, fruchtbarer übernatürlicher Liebe einander zu lieben. In den Freuden ihrer Liebe und ihres Familienlebens gibt er ihnen schon hier einen Vorgeschmack des Hochzeitsmahles des Lammes.“ 15

In diesem Sinn muss die eheliche Liebe kultiviert werden, damit sie dauerhaft ist und zur Fülle gelangt. Das ist ein anspruchsvolles Ziel, meint der hl. Paulus. Stärke und Ausdauer sind nötig, um den Prüfungen standzuhalten. Der hl. Josefmaria drückte es so aus: „Die Ehe – ich werde nicht müde, es zu wiederholen – ist ein herrlicher, großartiger Weg zu Gott. Und wie alles Göttliche in uns besitzt auch sie ihre konkreten Ausdrucksformen der Mitwirkung mit der Gnade, der Großherzigkeit, der Hingabe und der Dienstbereitschaft.“ 16

Lieben will gelernt sein. „Lieben heißt von einem einzigen Gedanken erfüllt sein: nämlich nur für den geliebten Menschen zu leben, sich nicht mehr selbst zu gehören, in seliger Freiheit Herz und Seele einem anderen Willen zu unterwerfen – der zugleich der eigene Wille ist.“ 17

Liebe braucht Zeit und Bemühung. Man muss lernen, in der Liebe zum Ehepartner in die Tiefe zu gehen, indem man versucht, das geliebte Wesen immer besser und intensiver zu erkennen, und ihm immer mehr zu vertrauen. Beide müssen großherziger werden, über ihre Begrenzungen großzügig hinauswachsen und einander Erbarmen und Verzeihung gewähren. Sie sollen alles tun, was ihnen möglich ist, um sich im Dienst des anderen hinzugeben.

Christus ist unser Vorbild. Er sagt: „Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin.“ 18Darin besteht die Berufung zur Ehe: dass man das eigene Leben hingibt für denjenigen, den man liebt. Daher müssen sich die Eheleute von Jesus Christus erneuern lassen, der in ihnen wirkt und ihre Herzen umwandelt. Das Gebet der Eheleute ist lebensnotwendig für sie, damit beide in Gott verankert bleiben, inmitten ihrer Schwierigkeiten, die sie dann richtig einschätzen werden, übernatürlichen Frieden empfinden und imstande sind, Leid, Schwächen und auch die Freuden aufzuopfern.

„Die Eheleute sind dazu berufen, ihre Ehe und dadurch sich selbst zu heiligen; deshalb wäre es falsch, wenn sie ihr geistliches Leben abseits und am Rande ihres häuslichen Lebens führten.“ 19

Die Liebe zeigt sich in kleinen Dingen: Worte, liebevolle Gesten, kleine Aufmerksamkeiten. „Andererseits sollten sie niemals vergessen, dass das Geheimnis des ehelichen Glücks im Alltäglichen zu finden ist und nicht in Träumereien. Es liegt in der verborgenen Freude, die es macht, nach Hause zu kommen; es liegt im liebevollen Umgang mit den Kindern, in der alltäglichen Arbeit, bei der die ganze Familie mithilft; in der gelassenen Art, Schwierigkeiten zu begegnen und sie mit sportlicher Haltung zu überwinden; und schließlich liegt es auch in einem rechten Ausnützen der Errungenschaften, die uns die moderne Technik bietet, um die Wohnung angenehmer und das Leben einfacher zu machen und uns eine umfassendere Bildung zu verschaffen.“ 20

Die Eheleute müssen wahrhaftig, liebevoll, aufrichtig und einfach sein, sich vernünftig ausdrücken, positive und konstruktive Vorschläge machen und den kleineren oder größeren Reibereien des Alltagslebens nicht zu viel Bedeutung beimessen. Sie sollten nicht ständig versuchen, den anderen in ihre eigenen Wunschvorstellungen zu pressen, sondern ihn so annehmen, wie er ist, mit seinen Fehlern und guten Eigenschaften. Gleichzeitig sollten sie sich bemühen, ihm mit Geduld und wahrer Liebe zu helfen.

Sie sollen sich bemühen, demütig zu sein, ihre eigenen Begrenztheiten anerkennen und nicht die des anderen zu dramatisieren. Sie sollen versuchen, mehr auf die Pluspunkte des Partners zu schauen als auf seine Schwachstellen.

Vor allem aber sollten sie barmherzig sein, so wie Christus barmherzig ist. Groll und lange Gesichter wirken beklemmend und engen uns ein. Wenn wir in Nostalgie schwelgen und Vergleiche mit anderen anstellen, dann kann das viel zerstören und zur Isolation führen.

In einer Ehe sind jedoch Krisen etwas Normales. Sie sind das Zeichen, dass man etwas ändern sollte. Die Eheleute sollten sich dann bemühen, ihre Beziehung wieder flott zu bekommen und entscheiden, was getan oder gesagt werden muss, damit die Liebe wieder auflebt und größer und gefestigter wird. Sie müssen die nötigen Mittel einsetzen, um ein Klima der Sicherheit und des Vertrauens zu schaffen, denn es gibt nichts Schlimmeres als die Gleichgültigkeit 21. Vor allem aber müssen sie sich auf die göttliche Hilfe stützen, die ihnen nicht fehlen wird, denn sie dürfen mit der besonderen Gnade des Ehesakramentes rechnen.

Außerdem sollten sie dieses positive Etwas beisteuern, diesen wunderbaren kleinen Beitrag, der nicht fehlen darf, und der darin besteht, dass sie ohne Maß schenken, dass sie schon im Voraus lieben und erst dann handeln, indem sie sich dem Herrn anempfehlen. Sie sollen tiefer gehen im Glauben und so im anderen den Weg für ihre persönliche Heiligung sehen, damit ihre Liebe größer und besser wird.
Pascale Laugier


1 Katechismus der Katholischen Kirche , Nr. 1604 .

2 Vgl. Gen 1, 26-27.

3 Katechismus der Katholischen Kirche , Nr. 1603.

4 Hl. Josefmaria, Christus begegnen , Nr. 23.

5 Katechismus der Katholischen Kirche , Nr. 1604.

6 2. Vatikanisches Konzil, Gaudium et Spes , Nr. 24.

7 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1608

8 Ibidem, Nr. 1615.

9 Ibidem, Nr. 1643. Verweis auf den heiligen Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Familiaris consortio , Nr. 13: AAS 74 (1982) 96.

10 Ibidem, Nr. 1647.

11 Ibidem, Nr. 2366.

12 Ibidem, Nr. 2378.

13 Ibidem, Nr. 2367.

14 Vgl. 2. Vatikanisches Konzil, Gaudium et Spes , Nr. 49.

15 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1642 .

16 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 93.

17 Hl. Josefmaria ,Spur des Sämanns, Nr. 797.

18 Joh 10, 17-18.

19 Hl. Josefmaria, Christus begegnen , Nr.23.

20 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 91.

21 Papst Franziskus, Botschaft für die Fastenzeit 2015.