Die Verklärungsbasilika auf dem Berg Tabor

Zur Vorbereitung auf das Fest der Verklärung des Herrn

Spuren unseres Glaubens

Grafik: J. Gil

Schon in längst vergangenen Zeiten haben Karawanen die fruchtbare Jesreelebene - in der Bibel auch Tal Esdrelon genannt - durchzogen. Die Karawanen kamen aus Mesopotamien oder Syrien, zogen an der Küste des Sees Genesareth entlang und schlugen dann den Weg nach Westen zum Mittelmeer ein und setzten von dort die Reise nach Ägypten fort. Einen anderen Zugang gab es vom Süden her. Von Hebron aus verlief der Weg über Bethlehem, Jerusalem nach Samaria und dann nördlich von Nazareth . Ein stummer und einsamer Zeuge dieser Wanderungen war der in der Mitte der großen Ebene gelegene Berg Tabor.

Panorama-Ansicht des Esdrelontals. Im Hintergrund sieht man den Verlauf des Jordan. Linker Hand erhebt sich das Kloster, eine griechisch-orthodoxe Kirche, die im 19. Jh. auf den Überresten aus der Kreuzfahrerzeit erbaut wurde. Auf dem höchsten Punkt der Erhebung sieht man die Verklärungskirche, die nach Osten ausgerichtet ist und den daneben liegenden Konvent der Franziskaner. Foto: Israel Tourism (Flickr).

Der Berg Tabor gehört zu einer Bergkette, die 558 m über dem Meeresspiegel liegt und kaum als solcher besonders hervorsticht. Trotzdem überrascht er durch seine unerwartete Höhe von 300m über der umliegenden Landschaft und wegen seines kegelförmigen Aussehens, das hinter seiner Entstehung einen Vulkan vermuten lässt, obwohl er aus Kalkstein besteht. Er ragt aus der übrigen flachen Landschaft als beträchtlicher Hügel empor. Er weist an den Seiten eine recht außergewöhnliche Vegetation auf, die aus Steineichen, wilden Pistazien und anderen Bergpflanzen besteht. Im Frühling wachsen dort verschiedene Liliensorten. Von seinem Gipfel aus - einer ausgedehnten Kuppe, die reich an Zypressen ist - hat man einen wunderschönen Ausblick. Diese Lage bewirkte, dass der Berg Tabor zum Schauplatz des Kults der kananäischen Völker wurde, die ihre Götter gerne auf den Gipfeln der Berge verehrten, diese Hügel aber gleichzeitig auch zur Errichtung ihrer Befestigungsanlagen nutzten, da sie einen guten Überblick über das Umland boten. Von ihnen gab es daher in dieser Gegend verschiedene, die bis in die Zeit 7000 vor Chr. zurückreichen.

Literarische Quellen

Nach den Aussagen des AT war es in unmittelbarer Nähe des Tabors, wo Deborah insgeheim 10.000 Israeliten unter dem Befehl von Barak sammelte, die das Heer des Heerführers Sisera in die Flucht schlugen (vgl. Ri 4, 4-24); dort töteten die Madianiten und Amalekiter die Geschwister des Gideon (vgl. Ri 8, 18-19). Nachdem endlich das gelobte Land erobert worden war, bildete der Berg die Grenze zwischen den Gebieten der Stämme Zebulon, Issachar und Nephtali (vgl. Jos 19, 10-34), die den Berg für einen heiligen Ort hielten und auf seiner Anhöhe Opfer dar brachten (vgl. Dtn, 33, 19). Der Prophet Hosea verurteilt diesen Kult, der zu seiner Zeit nicht nur schismatisch ist sondern auch Züge der Idiolatrie aufweist. (vgl. Hos 5, 1). Schließlich findet sich ein weiterer Beweis für die Wichtigkeit des Tabor in seiner Erwähnung in literarischen Schriften. Der Psalmist nennt den Tabor im gleichen Zug mit dem Hermon gleichsam als Symbol für alle Berge der Erde (vgl. Ps 89, 13), und Jeremias vergleicht ihn mit der Überlegenheit des Nebukadnezar über seine Feinde (vgl. Jer 46, 18).

Auch wenn im Neuen Testament der Berg nicht ausdrücklich benannt ist, auf dem die Verklärung Christi stattgefunden hat, hat ihn die Tradition sehr bald mit dem Berg Tabor in Verbindung gebracht.”Etwa 8 Tage danach… nahm er Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten. Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elias; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte. Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.” (Vgl. Lk 9, 28-33; Mt 17, 1-4; Mk 9, 2-5)

Archäologische Untersuchungen auf dem Berg Tabor haben ein Heiligtum nachgewiesen, das aus dem 4. oder 5. Jahrhundert stammt und wohl auf den Überresten einer Kultstätte aus der Zeit der Kananäer erbaut wurde. Einige ältere Zeugnisse legen sogar die Vermutung nahe, dass die hl. Helena, die mögliche Erbauerin des Heiligtums gewesen sein könnte. Pilger aus dem 6. und 7. Jahrhundert sprechen sogar von drei Basiliken, die wohl an die drei Hütten erinnern sollen, von denen im Bericht über die Verklärung berichtet wird. Man berichtet auch von einer großen Ansammlung von Mönchen an dieser Stelle. Tatsächlich konnte ein Fußboden-Mosaik aus der entsprechenden Zeit freigelegt werden. 533 nach Chr. soll das V. Konzil von Konstantinopel auf dem Tabor stattgefunden haben. Während der Zeit der Besatzung durch die Muselmanen brach das Leben der Eremiten dort zusammen. Erst im Jahre 808 n. Chr. kümmerten sich erneut 18 Ordensleute mit dem Bischof Theophanes an der Spitze um die Kirchen auf dem Tabor.

Vom Gipfel des Tabor weitet sich der Blick auf die bebauten Felder der Esdrelon-Ebene. Foto: Benjamín E. Wood (Flickr).

Während der Zeit des lateinischen Patriachats in Jerusalem gab es ab 1101 n. Chr. eine Niederlassung der Benediktiner auf dem Tabor. Sie restaurierten das Heiligtum und errichteten ein großes Kloster, das sie mit einer Befestigungsmauer umgaben, die aber dem Ansturm der Sarazenen nicht standhielt. Diese eroberten die Abtei und wandelten sie zwischen 1211 und 1212 n. Chr. in eine Befestigungsanlage zur Abwehr der Feinde um. Später erhielten die Christen erneut die Erlaubnis, das Terrain wieder in Besitz zu nehmen. 1263 n. Chr. wurde die Anlagen dann endgültig von den Truppen des Sultan Bibars zerstört.

Obwohl im Neuen Testament der Berg, auf dem die Verklärung stattfand, nicht namentlich erwähnt ist, setzte die Tradition sehr bald den Berg Tabor mit der Stelle gleich, an der die Verklärung stattgefunden hat.

Bis zum 17. Jh. blieb der Tabor verlassen

Der Berg blieb bis zur Ankunft der Franziskaner im Jahre 1631 unbewohnt. Seit der Inbesitznahme konnten diese dann ohne Schwierigkeiten ihr Leben auf dem Tabor aufrechterhalten. Sie erforschten die Überreste früherer Ansiedlungen und sicherten die noch vorhandenen Ruinen. Es sollten aber noch drei Jahrhunderte vergehen, bis sie die heutige Basilika errichteten, die erst 1924 beendet wurde.

Heutzutage können die Pilger den Tabor auf einer kurvenreichen Straße erreichen, die zu Anfang des 20. Jh. angelegt wurde, um den Transport der Baumaterialen zur Errichtung des Heiligtums zu erleichtern. Die Gipfelhöhe wird durch ein Tor, das arabisch Bab el Hawa genannt wird, erreicht. Es handelt sich um einen Überrest der arabischen Besatzung aus dem 13. Jahrhundert. Damals umgab eine Mauer die gesamte Hochfläche. Im nördlichen Teil des Tabor befindet sich die Zone der Griechisch-Orthodoxen und im Süden sind die Katholiken, die unter dem Schutz des Vereins des Heiligen Landes stehen.

Die Basilika wurde 1924 fertig gestellt. Ihre Architektur inspiriert sich an den Kirchen Alt- Syriens, sowohl was die Fassade als auch was die Inneneinrichtung angeht. Foto: Derek Winterburn (Flickr).

Von dem Eingangstor führt eine Allee, die beiderseits von Zypressen flankiert ist, bis zur Basilika der Verklärung und dem Konvent der Franziskaner. Vor der Kirche kann man noch die Überreste des benediktinischen Klosters aus dem 12. Jh. erkennen. Gleichzeitig sind noch Spuren der sarazenischen Festung auszumachen. Für den Bau der Festung wurden die Grundmauern der Basilika aus der Kreuzfahrerzeit verwendet. Auf denselben Grundmauern ist auch die Kirche von 1924 errichtet worden. Sie ist dreischiffig über den Grundmauern der vorhergehenden erbaut.

Die Fassade, die einen großen Bogen zwischen zwei Türmen bildet und auf denen eine dreieckige Giebelwand aufruht, begrüßt den Besucher und lädt ihn gleichzeitig dazu ein, seine Seele zu erheben. Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man die Bronzetüren hinter sich lässt und in das Hauptschiff gelangt. Das Hauptschiff ist von den Seitenschiffen durch mittelgroße Bögen getrennt. Es endet in einer Treppe, die in den Fels gehauen ist und bis zur Krypta hinunter führt. Darüber erhebt sich das Presbyterium mit der Apsis, die das Geschehen der Verklärung auf goldenen Grund abbildet. Der Eindruck des Geheimnisumwobenen wird durch die besondere Art der Beleuchtung unterstützt, die die großen Fenster im Seitenschiff sowie in den Mauern des Hauptschiffes und der Apsis hervorrufen.

Der Neubau der Kirche respektierte sehr feinsinnig die Spuren früherer Kirchbauten und bezog sie in den Neubau mit ein. Neben dem Eingangsbereich gibt es zwei Türme, die auf zwei Kapellen aufruhen, deren Apsis wohl aus dem Mittelalter stammt .Heute sind sie Moses und Elias gewidmet. Die ursprünglichen Apsiden waren wohl mit Mosaiken versehen. Heute ist aus der Vorgängerkirche nur noch der Altar erhalten und vereinzelte Mauerreste. Kürzlich wurde bei Ausgrabungen eine kleine Grotte im Norden des Heiligtums freigelegt; sie liegt unter dem Raum, den man als Refektorium des mittelalterlichen Klosters identifiziert hat. Die Wände hatten griechische Inschriften und vereinzelte Monogramme mit Kreuzen, die möglicherweise vom ehemaligen Friedhof der byzantinischen Mönche stammen, die einstmals den Berg bewohnten.

Jesus stärkt den Glauben der Apostel

Bei der Verklärung gewährt Jesus Einblick in seine göttliche Herrlichkeit. Er bekräftigt so die kürzlich von Petrus gemachte Aussage über ihn:“ Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16, 16; vgl. auch Mk 8, 29 und Lk 9, 20). Er stärkt so den Glauben der Apostel angesichts seiner baldigen Passion. (vgl. KKK 555 und 568), die er ihnen schon mehrfach angekündigt hat (vgl. Mt 16, 21, Mk 8, 31, und Lk 9, 22). Die Anwesenheit von Moses und Elias ist sehr aussagekräftig. „Sie hatten auf dem Berg die Herrlichkeit Gottes gesehen; das Gesetz und die Propheten hatten das Leiden des Messias angekündigt.“ (KKK 555) Die Evangelisten berichten, dass, während Petrus vorschlägt, drei Hütten zu bauen, eine Wolke sie mit ihrem Licht überschattete und eine Stimme aus der Wolke erklang:

In der Apsis ist die Verklärung des Herrn dargestellt. Foto: Leobard Hinfelaar.

- „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören!”

(Mt 17, 5; vgl. auch Mk 9, 7; Lk 9, 34-35)

Einige Kirchenväter unterstreichen den Unterschied zwischen den Repräsentanten des Alten Testaments - Moses und Elias - und Christus: „Sie sind Diener. Dieser aber ist mein Sohn (...). Sie liebe ich, aber das ist mein Vielgeliebter Sohn, deshalb hört auf ihn (...). Moses und Elias sprechen von Christus, aber sie sind Diener wie ihr. Er ist der Herr; hört auf ihn.“ (Hl. Hieronymus, Kommentar zum Evangelium des Markus, 6)

Für Benedikt XVI. besteht der tiefste Sinn der Verklärung „in diesem einen Wort. Die Jünger müssen mit Jesus wieder hinabsteigen und immer neu lernen: ‘Auf ihn sollt ihr hören!’“( Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., Jesus von Nazareth., Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, S. 364)

An der Hand des hl. Josefmaria lernen wir, dass diese Ermahnung allen Jüngern gilt und sie an jeden Christen gerichtet ist: “Lest in der Heiligen Schrift. Betrachtet die einzelnen Szenen im Leben des Herrn, seine Lehren. Haltet inne bei den Hinweisen und Ermahnungen, durch die er jene Handvoll Menschen formte, dies seine Apostel werden sollten, von Ihm in die ganze Welt ausgesandt.“ (Freunde Gottes, Nr. 172) Um auf Christus hören zu können, um seine Lehren zu erfahren und zu wissen, was er sagte und lehrte, haben wir die Evangelien (vgl. Dogmatische Konstitution Dei Verbum, Nr. 18-19). Durch die Überlieferung der Predigt der Apostel nach der Himmelfahrt des Herrn wird uns die Wahrheit über die Gestalt Jesu verkündet und uns vor Augen gestellt: „Möchtest du nicht lernen, Christi Leben zum Vorbild für dein eigenes Leben werden zu lassen? Schlage das Evangelium auf und vernimm, wie Gott mit den Menschen spricht- mit Dir!“ (Im Feuer der Schmiede, 322)

Die Verklärungsszene. Foto: Leobard Hinfelaar.

Dieser Dialog verlangt zunächst ein aufmerksames Hinhören. „Es genügt nicht ein allgemeines Bild von Christus zu haben, wir müssen viel mehr aus seiner Haltung und seinen Reaktionen lernen (...). Wenn man einen Menschen liebt, möchte man alles selbst die kleinsten Details über ihn wissen, um sich mit ihm identifizieren zu können. Darum müssen wir die Lebensgeschichte Jesu betrachten, von der Geburt in einer Krippe bis zu seinem Tod und seiner Auferstehung. In den ersten Jahren meiner priesterlichen Tätigkeit verschenkte ich oft die hl. Schrift oder Bücher, die das Leben Christi nacherzählen. Denn wir müssen sein Leben gut kennen, es ganz in Kopf und Herz tragen, damit wir es in jedem Augenblick ohne Hilfe eines Buches mit geschlossenen Augen vor unserem inneren Blick wie einen Film vorbeiziehen lassen können.ie Worte und Taten des Herrn werden uns auf diese Weise in den verschiedenen Situationen unseres Lebens begleiten.“ (Christus begegnen, Nr. 107)

„Möchtest du nicht lernen, Christi Leben zum Vorbild für dein eigenes Leben werden zu lassen? Schlage das Evangelium auf und vernimm, wie Gott mit den Menschen spricht- mit Dir!“

Das Zwiegespräch verlangt nach einer Antwort

Aber der Dialog verlangt nicht nur genaues Zuhören - er verlangt vor allem eine Antwort. „Denn es geht nicht nur darum, an Jesus zu denken, uns diese oder jene Szene zu vergegenwärtigen. Wir müssen uns vielmehr in sie hineinversetzen und als Teilnehmer des Geschehens werden wir dann Christus so nahe folgen wie Maria, seine Mutter, wie die ersten Zwölf, wie die frommen Frauen und die Menge, die ihn umdrängte. Wenn wir so handeln und Christus keine Hindernisse in den Weg legen, werden uns seine Worte bis ins Innerste durchdringen und umwandeln.” (Christus begegnen, Nr. 107)

Und mit der Nähe zum Herrn bis hin zur Gleichförmigkeit mit ihm spüren wir die Notwendigkeit, unseren Willen mit dem seinigen zu vereinigen. Es entspringt in uns der Wunsch, Menschen zu retten und unser apostolischer Eifer wird erwachen. „Ich habe dir geraten, jeden Tag einige Minuten im Neuen Testament zu lesen und dich, gleichsam selbst beteiligt, in jede der einzelnen Szene hinein zu versetzen. Auf diese Weise kannst du das Evangelium in deinem Leben so zu sagen Fleisch und Blut werden lassen, kannst du es erfüllen und auch andere dahin bringen, es zu erfüllen .”(Die Spur des Sämanns, 672)

Wenn wir das Evangelium lesen und es im Gebet betrachten wollen, wird uns der Heilige Geist ein willkommener Helfer sein. Er muss uns zu Hilfe kommen, vielleicht werden wir dann mit Worten unseres Herrn wiederholen: „Da sind wir Herr, bereit, auf alles zu hören, was Du uns sagen möchtest. Rede, wir horchen auf deine Stimme. Dein Wort möge sich uns in die Seele senken und unseren Willen entflammen, auf dass er Dir bereitwillig gehorche.“ (Der Rosenkranz, Die lichtreichen Geheimnisse, IV)