Betrachtungstext: Aschermittwoch

Die Fastenzeit ist eine Zeit der Umkehr – Gebet, Almosengeben und Fasten – Eine ständige Rückkehr zum Haus des Vaters

DU ERBARMST dich aller, o Herr, und hast Nachsicht mit den Sünden der Menschen, damit sie sich bekehren; denn du bist der Herr, unser Gott.1 Diese Worte aus dem Buch der Weisheit erklingen zu Beginn der heutigen Messe und bilden somit gleichsam das Tor zur Fastenzeit.

Im Rahmen der liturgischen Feier gehen wir nach vorn, um vom Priester auf Stirn oder Scheitel ein Kreuz aus Asche zu empfangen. Dabei erinnern wir uns an die Aufforderung Jesu: Tut Buße und glaubt an das Evangelium (Mk 1,15), oder an den Hinweis aus dem Buch Genesis: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.“ Es ist eine starke Geste, die uns die Hinfälligkeit unseres Lebens bewusst macht. Doch hinter diesem Ritus offenbart sich die Zärtlichkeit Gottes, der uns sucht. Der heilige Josefmaria kommentierte einst: „Die Liturgie der Fastenzeit nimmt bisweilen tragische Züge an, wenn wir betrachten, was es für den Menschen bedeutet, sich von Gott zu trennen. Doch dies ist nicht das letzte Wort. Das letzte Wort spricht Gott, und es ist das Wort seiner erlösenden und erbarmenden Liebe, das Wort unserer Gotteskindschaft.2

Es gibt Momente in unserem Leben, in denen wir unsere Hinfälligkeit deutlich spüren: Schwierigkeiten in der Familie oder am Arbeitsplatz, gesundheitliche Probleme, unerwartete Schicksalsschläge; vor allem aber, wenn wir die Sünde in uns selbst erfahren. All dies kann uns bewusst machen, dass wir „Staub und Asche“ sind. Der christliche Glaube schenkt uns jedoch die Überzeugung, dass Gottes Barmherzigkeit größer ist. Selbst in unserer Begrenztheit können wir immer wieder mit dem Psalm singen: Erfüllt von der Huld des Herrn ist die Erde (Ps 33,5). Gottes Güte ist so groß, dass er uns gerade dann, wenn wir uns von ihm abwenden, seine Liebe ersehnen lässt. Die Fastenzeit ist eine gute Zeit, um diese Sehnsucht in eine Umkehr zu verwandeln, in eine Rückkehr ins Haus des Vaters, um seine Zärtlichkeit neu zu erfahren.


OBWOHL wir unser Leben umgeben von der Barmherzigkeit des Herrn leben, können wir diese Realität manchmal vergessen. Jesus erinnert uns deshalb daran, dass Gott ständig auf uns blickt. Wenn er uns erklärt, wie man Almosen gibt, wie man betet, wie man fastet, besteht der Herr darauf, dass es sich nicht lohnt, dies zu tun, damit andere uns sehen; denn dann lassen wir den Herrn beiseite und unsere guten Taten missraten. Gott sieht nämlich auch im Verborgenen (Mt 6,4), er hört das Innerste unseres Herzens. Die Fastenzeit ist ein guter Zeitpunkt, um nicht mehr nach außen zu leben, sondern im Gegenteil ein inneres Klima zu kultivieren, das die Wirklichkeit auf eine neue, übernatürliche Weise zu erfassen weiß.

Der heilige Papst Johannes Paul II. sagte über die Fastenzeit: „Wir reifen geistlich, wenn wir uns zu Gott bekehren, und die Bekehrung geschieht durch das Gebet sowie durch Fasten und Almosen, richtig verstanden. Es handelt sich nicht nur um vorübergehende ,Praktiken‘, sondern um bleibende Haltungen, die unserer Bekehrung zu Gott Beständigkeit verleihen. Die Fastenzeit dauert liturgisch nur vierzig Tage im Jahr: Doch wir sollen uns immer Gott zuwenden; das bedeutet, dass wir uns fortwährend bekehren sollen. Die Fastenzeit sollte eine starke und unauslöschliche Prägung in unserem Leben hinterlassen.3

Ein Weg des Gebets, des Almosengebens und des Fastens, der zu unseren persönlichen Umständen passt, wird uns dazu führen, unseren Blick in diesen Tagen zu erheben. Papst Franziskus sagte über den Wert dieser Werke: „Wenn wir dem Gebet mehr Zeit widmen, machen wir es unserem Herzen möglich, die geheimen Lügen aufzudecken, mit denen wir uns selbst betrügen; dann können wir endlich Gottes Trost suchen. (...) Das Almosengeben befreit uns von der Habsucht und hilft uns zu entdecken, dass der andere mein Bruder ist: Was ich besitze, gehört niemals nur mir. (...) Das Fasten rüttelt uns auf, es macht uns aufmerksamer für Gott und den Nächsten, es erneuert unseren Willen zum Gehorsam gegenüber Gott, der allein unseren Hunger stillt.4


SCHAUEN WIR auf den verlorenen Sohn“, so rüttelt Papst Franziskus uns ein anderes Mal auf, „und wir verstehen, dass es auch für uns an der Zeit ist, zum Vater zurückzukehren. Wie der verlorene Sohn haben auch wir den Geruch von Zuhause vergessen, wir haben für belanglose Dinge kostbare Güter verschleudert und stehen mit leeren Händen und einem unzufriedenen Herzen da. Wir sind gefallen: Wir sind Kinder, die ständig fallen, wir sind wie kleine Kinder, die zu laufen versuchen, aber hinfallen und jedes Mal von ihrem Vater aufgerichtet werden müssen.5

Die Erkenntnis, dass die Barmherzigkeit des Herrn die ganze Erde erfüllt, dass er ein Vater ist, der ständig auf uns wartet, lässt uns nicht passiv werden. Im Gegenteil, diese Liebe setzt gerade unsere Initiative in Gang, um Wege zu finden, die uns zu Gott zurückkehren lassen. Und ein privilegierter Weg ist das Sakrament der Versöhnung. Papst Franziskus fügt daher hinzu: „Die Vergebung Gottes, die Beichte, ist der erste Schritt auf unserer Rückkehr.“6 Dort begegnen wir dem väterlichen Antlitz Gottes, der uns ermutigt und uns als seine Kinder liebt.

Das menschliche Leben ist in gewissem Sinne eine ständige Rückkehr in das Haus unseres Vaters“, sagte der heilige Josefmaria. „Heimkehren mittels der Reue, dieser Bekehrung des Herzens, die den Wunsch, uns zu ändern, einschließt, den festen Entschluss, unser Leben zu bessern, und die sich daher auch in Werken des Opfers und der Hingabe äußert.“7 In dieser Fastenzeit, die ein Weg der Heimkehr ist und auf dem wir uns dem Haus des Vaters nähern, können wir die Gegenwart unserer Mutter spüren, die uns begleitet. In ihre Hände legen wir unseren Wunsch nach innerer Umkehr, um dann das Osterfest ihres Sohnes zu feiern.


1 Messe vom Aschermittwoch, Eröffnungsvers.

2 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 66.

3 Hl. Johannes Paul II., Audienz, 14.3.1979.

4 Franziskus, Botschaft für die Fastenzeit, 6.2.2018.

5 Franziskus, Predigt, 17.2.2021.

6 Ebd.

7 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 64.