Wir können doch nicht alle gehen!

Monika Brudlewsky - ehemalige MdB – hielt im Kulturellen Zentrum Sconenberch in Berlin einen bewegenden Vortrag über die „Jugend in der DDR“

Monika Brudlewsky liest aus ihrem Tagebuch

Berlin. Völlig schlicht - und wohl gerade deshalb so überzeugend - erzählte Monika Brudlewsky (61), Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer, von ihrem Leben als Jugendliche in der ehemaligen SED-Diktatur. Es war ein Leben, das von Kontrolle, Zwang, Bespitzelung und Ausgrenzung Andersdenkender gekennzeichnet war. Diese Umstände konnten sie aber nicht daran hindern, ihre eigenen Gedanken zu entwickeln, ihren Glauben konsequent zu leben, sich für Rechte einzusetzen und dafür auch Nachteile in Kauf zu nehmen. 

Ihre Erinnerungen untermauerte sie mit Aufzeichnungen aus ihrem Tagebuch, das sie mit 13 Jahren begonnen hatte. Es war beeindruckend zu sehen, wie jemand schon in so jungen Jahren die Situation im Land erfassen und kritisch beurteilen konnte. 

In der Nacht des Mauerbaus am 13. August 1961 war sie im Westen zu Besuch bei Verwandten. Über die Ferien hinaus blieb sie ein paar Tage länger in Düsseldorf. Sie ging bewusst in die DDR zurück, weil es eben ihre Heimat war und sie sich im Westen nicht wohl fühlte. Dieser Ausflug brachte ihr in der Schule Scherereien ein, sie konnte schließlich aber doch bleiben. Im Laufe des Abends wurde jedoch klar, dass Monika Brudlewsky zu denen gehörte, die vor Ort etwas verändern wollten. Sie war immer mehr davon überzeugt: wenn alle weggehen, kann es nicht besser werden. 

Als Katholikin machte sie keine Jugendweihe, war jedoch Mitglied der FDJ, was in der Oberschule unumgänglich war. In ihrer Mitarbeit dort war sie sehr säumig, was ihr später in der beruflichen Karriere zu spüren bekam. Als man ihr aus diesem Grund den Besuch der EOS versagte, schrieb sie dem Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht persönlich einen Beschwerdebrief, und bekam die Erlaubnis. Ihre eindeutige konsequente Haltung prägte auch ihre beiden Töchter, die gleichfalls gegen den Strom schwimmend die Jugendweihe ablehnten und dafür benachteiligt wurden.

                                     

Wir hörten das Zeugnis einer mutigen Frau, die in ihrer Jugend und in späteren Jahren des Aufbruchs zu denen gehörte, die eigenständig denken und mit Starkmut ihre Prinzipien und Werte vertreten. Im Herbst 1989 nahm sie aktiv an der politischen Wende in Oschersleben (Sachsen-Anhalt) teil. Für alle Anwesenden an diesem Abend ein Aufforderung und Ermunterung, diesem Beispiel zu folgen.

Von Hilde Müller