Nicht der Leidende sondern die Symptome von Leid müssen beseitigt werden

fordert der Pionier der deutschen Palliativmedizin im Kölner Studentenzentrum Schweidt

Professor Eberhard Klaschik

Professor Eberhard Klaschik

Köln. In Deutschland wird in der nächsten Zeit deutlich mehr in die Sorge für sterbenskranke Menschen investiert. Das sagte der Pionier der deutschen Palliativmedizin Eberhard Klaschik im Kölner Studentenzentrum Schweidt. Der Chefarzt der Abteilung für Palliativmedizin und Schmerztherapie am Bonner Malteser-Krankenhaus geht davon aus, daß in den nächsten Jahren vier weitere reguläre Professuren für dieses Fachgebiet eingerichtet werden, etwa in Jena. In Bonn, Aachen, Köln, München und Göttingen sei das bereits geschehen.

Deutschland ist nach Klaschik in der Versorgung mit Palliativeinrichtungen bereits im oberen Drittel in Europa angelangt. So gebe es über 140 Palliativstationen und Hospize.

An konkreten Fallbeispielen zeigte der Bonner Mediziner, was inzwischen möglich ist, um unheilbar kranken Patienten ihre Schmerzen zu nehmen oder zu mindern. Er berichtete von Tumorkranken, die wegen ihrer schwierigen Situation nicht mehr leben wollten. Nachdem Klaschiks Team ihnen - teilweise innerhalb von wenigen Stunden - alle Schmerzen genommen hatte, dachten sie nur noch ans Weiterleben.

Wertvoll weiterleben

Sehr eindrucksvoll war auch der Bericht über einen Patienten mit einem Halstumor mit starkem Speichelfluss. Der Patient mochte sich wegen seiner Entstellung nicht mehr ansehen. Nachdem Klaschik ihm eine Speicheldrainage gelegt und eine Halskrause verordnet hatte, konnte er wieder normal leben - außerhalb der Palliativstation. Er berichtete von sehr wertvollen Monaten, die er in seinem familiären Umfeld bis zu seinem Tode noch erleben durfte. Palliativmedizin bedeutet besondere Zuwendung gegenüber den Patienten. Das schließt kleine Details ein. Klaschik sprach von einem älteren Herrn, dessen große Freude es war, daß sein Hund das Herrchen in der Palliativstation besuchen durfte. Auf einer "normalen" Station sei das undenkbar.

Inzwischen gibt es die ärztliche Zusatzbezeichnung "Palliativmedizin". Ausnahmslos alle Assistenten, die Klaschik ausgebildet hat, wollen in diese Richtung ärztlich tätig werden. Dies ist nicht nur ein persönlicher Erfolg Klaschiks, sondern ein Zeichen, dass sich diese Fachrichtung durchsetzt.

Einziger Wermutstropfen: Die Medien in Deutschland bringen bislang wenig sachgerechte Information zum Thema. Verwunderlich sei dies jedoch nicht, da es viel medienwirksamer sei, über ein menschliches Drama zu berichten als über unheilbar kranke Patienten, die - in ihrem gesetzten Rahmen - einen glücklichen Verlauf zeigen, zu denen ihnen die Palliativmedizin verhilft. Daher forderte Klaschik: "Nicht der Leidende sondern die Symptome von Leid müssen beseitigt werden!"

von Joaquin Garcia und Stephan Patt