Mitarbeiter der Wahrheit

Zum Paulusjahr, 12. Monat, ein Kommentar zum Brief an Titus 3, 15

Paulus schließt seinen kurzen Brief an Titus mit den Worten: „Es grüßen dich alle, die bei mir sind. Grüße alle, die uns durch den Glauben in Liebe verbunden sind. Die Gnade sei mit euch allen!“ 

Adressiert hatte der Apostel den Brief „an Titus, seinen echten Sohn aufgrund des gemeinsamen Glaubens“. Zusammen mit den beiden Briefen an Timotheus gehört der Titusbrief zur Gruppe der sogenannten „Pastoralbriefe“, denn sie enthalten Anweisungen für die Leitung und Festigung der jungen Gemeinden, die Paulus gegründet hatte. Alle drei Briefe sind in einem besonders herzlichen Ton gehalten. 

Gegen Ende des Paulusjahres tut es gut zu bedenken, wie viel Wert der Apostel auf die Hilfe anderer legt. Paulus war in seinen Unternehmungen nie der Einzelkämpfer, den man sich vorstellen könnte, wenn man nur nach seiner selbstbewussten Sprache gehen wollte. Er, der der Evangelisierung unter den Heiden so stürmisch vorantrieb, war und fühlte sich dabei nie allein und machte nicht alles selbst. Wohl aber ließ er keinen Zweifel daran, dass allein er das Sagen hatte. Er ließ alle seine Mitarbeiter und Gläubigen spüren, wie tief sie alle zusammengehörten: Sie beteten füreinander und verließen sich auf das Gebet der anderen wie die gegenseitigen Grüße am Ende des Briefes zeigen. Paulus weiß sich mit allen „durch den Glauben in Liebe verbunden“ – eben durch die Gnade, die er für alle erbittet. 

Wer die Paulusbriefe und besonders die Berichte der Apostelgeschichte aufmerksam liest, wird feststellen, dass die Begleiter des Apostels nicht bloß seine Reisegefährten, sondern echte Mitarbeiter waren. Sie halfen ihm bei der Ausbreitung des Evangeliums: Titus ist „mein Gefährte und mein Mitarbeiter, der für euch tätig ist; unsere anderen Brüder aber sind Abgesandte der Gemeinden und ein Abglanz Christi“ (2 Kor 8, 23). 

Unter den zahlreichen „Mitarbeitern der Wahrheit“ ragen außer Titus auch Timotheus und Barnabas hervor. Der in Zypern geborene Barnabas, ein hellenistisch geprägter Judenchrist, war hatte Paulus einige Zeit nach seinem Damaskus-Erlebnis in die Jerusalemer Christengemeinde eingeführte (vgl. Apg 9, 27). Barnabas war es auch gewesen, der im Konflikt zwischen Juden- und Heidenchristen vermittelt hatte. 

Doch schweigt die Apostelgeschichte über Titus. Im Brief an die Galater erfahren wir aber, wie sehr Paulus sich auf ihn verlassen und ihn für schwierigen Aufträge einsetzten konnte. Paulus und Barnabas nahmen Titus mit nach Jerusalem, als Paulus den Zwölf das Evangelium vorlegte, „das ich unter den Heiden verkündige; ich wollte sicher sein, dass ich nicht vergeblich laufe oder gelaufen bin“ (Gal 2, 2). 

Auch bei der dritten Missionsreise des Völkerapostels spielte Titus eine wichtige Rolle. Als in Korinth eine Krise mit Intrigen und Animositäten gegen Paulus ausbrach, schickt er Titus dorthin. Titus gelingt es, Frieden zu schaffen. Paulus freut sich und lobt ihn: „Gott, der die Niedergeschlagenen aufrichtet, hat auch uns aufgerichtet, und zwar durch die Ankunft des Titus – nicht nur durch seine Ankunft, sondern auch durch den Trost, den er bei euch erfahren hatte. Er erzählte uns von eurer Sehnsucht, eurer Klage, eurem Eifer für mich, sodass ich mich noch mehr freute.“ (2 Kor 7, 6-7) 

Paulus beauftragte Titus außerdem damit, in Korinth die Kollekte für die bedürftige Gemeinde von Jerusalem zu organisieren, die Paulus sehr am Herzen lag: „Dank sei Gott, der den gleichen Eifer für euch auch Titus ins Herz gelegt hat. Denn Titus war mit meinem Vorschlag einverstanden, und sein Eifer war so groß, dass er aus eigenem Entschluss gleich zu euch abreiste.“ (2 Kor 8, 16-17) 

Schließlich sollte Titus das Werk der Evangelisierung in Kreta festigen und vollenden, das Paulus begonnen hatte: „Ich habe dich in Kreta deswegen zurückgelassen, damit du das, was noch zu tun ist, zu Ende führst und in den einzelnen Städten Älteste einsetzt, wie ich dir aufgetragen habe“ (1,5). 

Wenn wir die treuen Mitarbeiter des Paulus betrachten, drängt sich uns ein Wort aus dem 3. Johannesbrief auf: „Cooperatores veritatis“ – Mitarbeiter der Wahrheit. Das Wort ist aktuell, denn es ist der Wahlspruch, den der heutige Papst Benedikt XVI. anlässlich seiner Bischofsweihe im Jahre 1977 annahm und der ihn heute in seinem Amt als Petrusnachfolger begleitet. Gerade in den letzten Monaten ist vielen klar geworden, wie wichtig es ist, für die Mitarbeiter des Papstes bei der Leitung der Kirche zu beten.

von Josef Arquer