In Ruhe arbeiten, nicht in Träume flüchten

Zum Paulusjahr, 4. Monat, ein Kommentar zu 2 Thess 3,12

Paulus schreibt in seinem zweiten Brief an die Thessalonicher: „Wir ermahnen sie und gebieten ihnen im Namen Jesu Christi, des Herrn, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbstverdientes Brot zu essen“ (3,12). 

Nicht mediterranes „dolce far niente“, sondern unverdautes Glaubenswissen hatte einige Christen in Thessalonich dazu geführt, dass sie – wie der Apostel zuvor ungehalten festgestellt hat – „ein unordentliches Leben führen und alles mögliche treiben, nur nicht arbeiten“. Ihr schlichter Gedankengang: Warum sich mit irdischen Dingen abplagen, wenn die Wiederkunft des Herrn nahe bevorsteht? 

Paulus bemüht nicht die Theologie, um das fundamentale Missverständnis zu klären. Er verwendet lieber ein drastisches Argument: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ Realismus und gesunder Menschenverstand sind immer das beste Mittel gegen die falsche Logik kopfloser Träumer. 

Zum Christsein gehört, die Realität wahrzunehmen, sich nicht in Utopien zu flüchten, sich den Fragen der eigenen Zeit zu stellen. Die Arbeit in ihren vielfachen Formen ist dafür das nahe liegendste Gelände. Aus der Perspektive des Glaubens hat die Arbeit mit dem Auftrag zu tun, der seinen Anfang nahm, als der Schöpfergott als sein Abbild den Menschen schuf, damit er die Erde „bebaue und hüte“, wie es in der Genesis, dem ersten Buch der Bibel, heißt. Die Arbeit ist Teilhabe am Werk der Schöpfung und ebenso am Heilswerk Christi. 

Wer bestrebt ist, seine Arbeit auf Gott hin zu verrichten, wird außerdem – als Folge dieser Einstellung – gut, gewissenhaft, kompetent arbeiten.

von Josef Arquer