„Würden Sie eine 85jährige Frau zu einem 100-Meter-Sprint schicken?!“ Mit dieser provokanten Frage führte Susanne Kummer, M.A., stellv. Geschäftsführerin des IMABE (Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik, Wien), die konstruktivistische Gender-Theorie ad absurdum. Sie hielt kürzlich im Bildungszentrum Hogesteg in Münster einen Vortrag über die Geschlechterproblematik.
Der sozialwissenschaftliche Ansatz propagiert die These, das Geschlecht von Mann und Frau sei nichts weiter als eine Rolle, die dem Menschen im Verlauf der Sozialisation zugewiesen werde. Eine kulturelle Setzung also, die Teil der individuellen und gesellschaftlichen Wirklichkeitskonstruktion sei. Manche Vertreter der Gender-Theorie gehen sogar soweit, dass sie widersprechende Erkenntnisse der Biologie und Humanmedizin in Frage stellen oder schlichtweg ignorieren. An die Stelle des Wesens von Mann und Frau setzen sie die „flowing identity“, eine ständig wechselnde Identität.
Kummer forderte demgegenüber eine stärkere Beachtung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse sowie die klare Eingrenzung des allenfalls soziologischen, nicht aber anthropologischen „Gender“-Begriffs. Sie betonte, dass der Mensch als Einheit von Leib und Seele zu betrachten sei: „Ich bin mein Leib“. Der Leib ist zugleich Öffnung und Begrenzung des menschlichen Seins. In der Tat stellen die körperlichen Unterschiede von Mann und Frau Begrenzungen des Seins dar. Diese biologischen und psychischen Vorgaben sollten jedoch als Herausforderung und Aufgabe zur Selbstverwirklichung als Mann und Frau verstanden werden, so Kummer. Diese Selbstverwirklichung bestehe im Füreinander-Dasein von Mann und Frau. Anstelle einer Nivellierung und Aufhebung aller Unterschiede gelte es vielmehr die Komplementarität der Geschlechter zu sehen und zu fördern. Die Lösung der Geschlechterproblematik liege nicht in der Aufhebung, sondern in der Achtung der Unterschiede. Die Diskriminierung insbesondere der Frau sei ein kulturelles Problem und darum nur auf kultureller Ebene zu lösen. Der vorrangige Ort, an dem der gegenseitige Respekt zwischen Mann und Frau wachsen kann, sei nach wie vor die Familie, die Keimzelle der Kultur. Abschließend rief die freie Journalistin das Publikum zu einem verstärkten zivilgesellschaftlichen Engagement in der Familienpolitik auf.