Gottes Wort eröffnet den Sinn des Lebens

Zum Paulusjahr, 7. Monat, ein Kommentar zu Hebr 1,1

Der Brief an die Hebräer beginnt mit den Worten: "Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit hat er zu uns gesprochen durch den Sohn" (1,1).

Der Verfasser des Hebräerbriefes blickt zurück in die Geschichte, aber nicht episodenhaft, sondern in kosmischer Schau. Er sieht alles, was Gott durch die Patriarchen und Propheten des Volkes Israel gesprochen hat, wie die Fragmente eines Mosaiks, das erst von Christus her Kontur, Farbe, Gestalt erhält.

Was ist dieses Sprechen des Sohnes anders als "die frohe Botschaft", "das Evangelium"! Durch Jesus von Nazaret erreicht Gottes Wort die Menschen endgültig und unüberbietbar. Er ist Gott, der in die Geschichte der Menschen und in die persönliche Geschichte eines jeden von uns eintritt. Seitdem "der Sohn" gesprochen hat, steht jede Stunde der Menschheitsgeschichte im Zeichen der Endzeit, der Vollendung – auch jede Stunde meines eigenen Lebens.

Um diesen Gedanken für unser geistliches Leben fruchtbar zu machen, wollen wir bedenken, wie unser Brief das "Wort Gottes" kennzeichnet: Es ist keine bloße "Rhetorik", keine leere Formel, die man einfach so spricht wie so viele andere Floskeln. Es ist vielmehr "lebendig, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert" – und "es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark" (vgl. 4,12). Das Wort Gottes eröffnet uns Sinn und Wert unseres Lebens als Geschöpfe und als Menschen, die zur vollen Gemeinschaft mit Gott berufen sind. Das Wort Gottes gibt allem Sinn: der Freude wie dem Leid, der scheinbaren Sinnlosigkeit des Leidens wie der scheinbaren Niederlage im Tode, dem grauen Alltag wie den extremen Situationen von Jubel oder Trauer.

von Josef Arquer