Gottes Erbarmen mit unserer Erbärmlichkeit

Zum Paulusjahr, 2. Monat, ein Kommentar zu Eph 2,4

Paulus schreibt den Ephesern: „Gott aber, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht“ (2,4). 

Wir ahnen, dass der Apostel noch immer wie geblendet ist vom Licht jenes überwältigenden Ereignisses auf dem Weg nach Damaskus. Der auf Werkgerechtigkeit Pochende hatte damals die Dimension des Ungeschuldeten, Unverdienten erfahren. 

Damals wie heute: Wenn Gott sich einem schenkt, dann nicht wegen irgendwelcher Taten, Leistungen oder Verdienste, sondern umsonst, gnadenhaft, „in seiner großen Liebe“. Das Licht dieser Liebe enthüllt wie einen Schlagschatten unsere Erbärmlichkeit, aus der wir dann um Barmherzigkeit flehen. Das Evangelium berichtet, wie gerade leidende, bedrängte, bedrohte Menschen am Lautesten nach Jesus rufen, so die Aussätzigen und Blinden: „Hab Erbarmen mit uns!“ 

Das Erbarmen, das von Gott kommt, ist eines der Hauptthemen in Jesu Verkündigung: etwa in den Gleichnissen vom barmherzigen Samariter und – im Kontrast dazu – vom unbarmherzigen Gläubiger. Vor allem aber in der Parabel vom verlorenen Sohn, das auch das Gleichnis vom barmherzigen Vater genannt wird. 

Doch Jesus geht weiter: Er lehrt uns, dass wir das Erbarmen Gottes nicht nur empfangen und erfahren, sondern auch weitergeben sollen: „Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden.“ Wenn wir verständnisvoll, schonend und gütig mit unseren Mitmenschen umgehen, spiegeln wir das empfangene Licht der Barmherzigkeit Gottes wider und geben es weiter.

von Josef Arquer