Von einer tiefgreifenden „Neu-Orientierung des eigenen Lebens“ durch die Taufe sprach Kardinal Kurt Koch beim 43. Internationalen Priestertreffen, das auf Initiative einiger Priester des Opus Dei vom 13. bis 15. August im Kölner Maternushaus stattfand. Etwa 70 Theologen, Pfarrer, Kapläne und Priesteramtskandidaten verschiedener Diözesen waren zu dem Treffen zum Thema „Taufberufung und Weltverantwortung – 50 Jahre II. Vatikanisches Konzil“ angereist.
Referenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beleuchteten die Tatsache, dass der Christ - „in der Welt, aber nicht von der Welt“ (Joh 17,11.14)- in der Logik der Menschwerdung des Herrn, seine Berufung und Weltverantwortung zu leben hat.
Der grundlegende Wandel durch die Taufe zeigte sich schon der frühen Kirche darin, so Kardinal Koch, dass viele heidnische Berufe für die Christen nicht mehr in Frage kamen, „und zwar genauerhin alle jene Berufe, die mit dem heidnischen Kult in Berührung standen (...). Taufbewerber wurden in der frühen Kirche nur zugelassen, wenn sie bereit waren, solche Berufe aufzugeben.“
Die Taufberufung sei nach dem II. Vatikanum Berufung zur Heiligkeit. Diese Sicht sei „durch und durch biblisches Urgestein“. Die Berufung aller Getauften zur Heiligkeit gehöre „zu jenen Lektionen des Zweiten Vatikanischen Konzils, die wir weitgehend noch immer zu erlernen haben“.
Schon der hl. Franz von Sales sei davon überzeugt gewesen, „dass sich die christliche Berufung zur Heiligkeit in unzählbaren Gestalten verwirklichen will und in jedem Beruf und in jedem Stand gelebt werden kann“. Albino Luciani, Patriarch von Venedig und später Papst Johannes Paul I., habe in diesem Zusammenhang zum hl. Josefmaria Escrivá bemerkt: „Escrivá übersteigt in mehr als einer Hinsicht Franz von Sales… Escrivá ist radikaler. Er spricht geradewegs davon, die Heiligung im guten Sinn zu materialisieren. Für ihn ist es die Arbeit selber, die sich in Gebet und Heiligung umwandeln muss.“
In der Tat sei es, so Kardinal Koch, das Herzensanliegen des hl. Josefmaria Escrivá de Balaguer gewesen, „dass die Christen ihre Berufung zur Heiligkeit leben können, ohne aus der Welt heraus zu gehen, sondern im Heiligen des alltäglichen Lebens und vor allem der Arbeit selbst“. Denn Gott berufe den Menschen, „ihm gerade in den materiellen, weltlichen Aufgaben des menschlichen Lebens und aus ihnen heraus zu dienen“: „Im Labor, im Operationssaal eines Krankenhauses, in der Kaserne, auf dem Lehrstuhl einer Universität, in der Fabrik, in der Werkstatt, auf dem Acker, im Haushalt. In diesem ganzen, unendlichen Feld der menschlichen Arbeit wartet Gott Tag für Tag auf uns. Seid davon überzeugt: Jede noch so alltägliche Situation birgt etwas Heiliges, etwas Göttliches in sich, und euch ist aufgegeben, das zu entdecken“ (Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer (Köln 1992) 114).
Wörtlich fügte Kardinal Koch hinzu: „Mit diesem Lebensprogramm der Heiligung der Arbeit wollte der Heilige Josemaria jene Spaltung in der christlichen Existenz überwinden, die sich darin anzeigt, dass Christen auf der einen Seite ihr spirituelles Leben pflegen und auf der anderen Seite, und zwar säuberlich davon getrennt, ihr familiäres, berufliches und soziales Leben vollziehen, und die der Heilige Josefmaria als `Doppelleben´ qualifiziert hat. Indem er beide Dimensionen des christlichen Lebens wieder zusammenfügen wollte, stand ihm bei der Heiligung der Arbeit und der Selbstheiligung durch die Arbeit das biblische Stichwort `Nazareth´ vor Augen, in dessen Licht die Handwerkerexistenz Jesu als Maßbild der Heiligkeit auch für den Christen heute in Erscheinung tritt und das Papst Benedikt XVI. in einer grundsätzlichen Weise für das heutige Christsein fruchtbar gemacht hat: Der Neue Bund beginnt nicht im Tempel. Nicht am Heiligen Berg, sondern in der Hütte der Jungfrau, im Haus des Arbeiters, in einem der vergessenen Orte des <Galiläa der Heiden>, von dem niemand Gutes erwartete. Die Kirche kann immer wieder nur von dort her beginnen, von dort her genesen (J. Ratzinger, Il Cammino Pasquale, Milano 2000, 75)“.
Zur glaubwürdigen Sendung der Kirche in der Welt gehöre, so Kardinal Koch abschließend, „gleichermaßen die Entschiedenheit, den Glauben zeitgemäß zu verkünden, wie der Mut, das ursprungstreue Selbstverständnis des christlichen Glaubens mit demütigem Selbstbewusstsein zu vertreten und in der heutigen Welt Farbe zu bekennen.“