Ein Trainingslager für Christen

Zum 1. Sonntag in der Fastenzeit

Die Sportnachrichten dieser Tage sind voll von Wintersport. Die alpinen Weltmeisterschaften sind beendet, da geht es schon mit den nordischen Disziplinen weiter. Auch die Biathleten kämpfen um Gold, Silber oder Bronze. Für diese Medaillen verlangen sich die Sportler sehr viel ab. Ohne ein hohes Maß an Selbstüberwindung und Teamgeist bleibt der erhoffte Erfolg aus. Schon lange vor der eigentlichen Saison bereiten sich die Athleten vor. Meist ziehen sie sich in Trainingslager zurück. 

Häufig kämpfen die Wintersportler noch um Ehre und Preisgelder, während mit dem Aschermittwoch die Trainingszeit der Christen beginnt: die Fastenzeit. Das Aschekreuz auf der Stirn ist sozusagen der Startschuss. Ziel ist es aber nicht, Ruhm oder Medaillen oder Pokale zu erringen, sondern fit für Ostern zu werden. 

Wie im Trainingslager der Sportler ein genauer Plan vorliegt, was alles angegangen werden muß – Kondition, Schnelligkeit, Sprung- oder Schießtechnik – so legt das Evangelium vom Aschermittwoch (Mt 6, 1-6.16-18) die drei Bereiche fest, in welchen der Christ seine Werte verbessern möchte: Almosen, Gebet, Fasten. Und so umfasst sein Trainingsplan die drei Grundbeziehungen des Menschen: zum Nächsten, zu Gott und zu sich selbst. 

Wer Almosen gibt, also etwas von dem Seinigen abgibt, der öffnet sich auf den Nächsten hin, der denkt nicht nur an sich. So wird der Christ zu einem guten Teamplayer, der nicht engstirnig auf seinen Ruhm aus ist, sondern den Erfolg der ganzen Mannschaft im Blick hat. Selbstverständlich ist er den Mitstreitern gegenüber auf Fairplay bedacht. Almosen geben kann dann heißen, dem anderen, der in Not ist, durch eine Spende zu helfen. Oder dem anderen ein Lächeln zu gönnen, der gerade schlecht gelaunt ist. Oder ihm etwas vom Wertvollsten zu schenken, das er hat: Zeit. Gerade die österliche Bußzeit lädt uns ein, Kranke und Einsame zu besuchen, mehr Zeit mit der Familie oder Freunden zu verbringen. 

Das Gebet ist – wenn man so will – das ‚mentale Training‘ des Christen. Im Fernsehen sieht man immer wieder, wie in sich versunkene Rodler im Geiste die Strecke abfahren, die vor ihnen liegt. So ist der Sportler in der Lage, die Ideallinie zu verinnerlichen. Im Gebet können wir unseren Alltag vor Gott bringen, mit ihm den besten Weg für unser konkretes Leben suchen und finden. So wie der Rodler sich die kleinsten Unebenheiten und die schwierigsten Kurven merkt, darf der Christ alles mit Gott besprechen – das Große und Kleine, das Schöne und Schwere. Eine feste Zeit und einen festen Ort für das Gebet in der Fastenzeit zu finden, ist sinnvoll. Auch der Sportler zieht sich für das mentale Training vom ganz großen Rummel um ihn herum zurück. 

Ein Sportler kann nicht gewinnen, wenn er sich selber nicht besiegt. Ohne Selbstüberwindung geht kein Konditionstraining. Auch dem Christen geht innerlich die Puste aus, wenn er stets nur das tut, was ihm gerade gefällt. Wer sich nur von seinen Neigungen oder Trieben bestimmen lässt, der wird träge und antriebslos. Dagegen hilft das Fasten. Wer fastet, verzichtet auf etwas, das ihm lieb geworden ist – z. B. die Flasche Bier am Abend – oder er kämpft gegen etwas, das er besser lassen sollte – das kann auch die Flasche Bier am Abend sein. Durch das Fasten werden wir wieder Herr im eigenen Hause, handeln wir, statt uns treiben zu lassen. Sicher verlangt auch das kleinste Fastenopfer immer wieder Anstrengung. Aber sie lohnt sich. Nicht nur für den, der fastet. Das Fasten kann auch für andere fruchtbar werden: Das kleine Opfer kann ich Gott als ein Gebet für bestimmte Personen und deren Anliegen schenken. 

Ohne Training kein Sieg. Sportler wissen aber auch, dass es viele andere Umstände gibt, die den Ausgang des Wettkampfs bestimmen, Dinge auf die sie keinen Einfluss haben Da sind die Windverhältnisse an der Sprungschanze, die Stimmung im Stadion oder an der Strecke, die Tagesform, das Material der Skier. Auch der Christ weiß, dass er ein geistliches Leben einüben muss, damit er innerlich reifen kann. Aber das Entscheidende hat er nicht in der Hand: die Gnade Gottes. Und das Tröstliche ist, dass die Gnade Gottes für uns beständig da ist. Sie ist nicht wechselhaft wie der Wind oder das Wetter. Als Christen leben wir immer unter den besten Bedingungen. Wir können eigentlich nicht verlieren, wenn wir wirklich trainieren, weil Jesus für uns schon alles gewonnen hat. Am Kreuz hat er uns erlöst. Sein Ostersieg ist der entscheidende für unser Leben. Die Fastenzeit hilft uns, ihm zu folgen. Er erwartet uns schon voll Freude am Ziel. Er wird uns keinen Pokal aus Metall überreichen. Sein Siegespreis ist die Erlösung zum ewigen Leben. Sich dafür in der österlichen Bußzeit etwas ins Zeug zu legen, lohnt sich.

von Klaus Klein-Schmeink