"Die menschliche Würde ist unantastbar..."

Verfassungsrechtliche Anmerkungen zur bioethischen Debatte

Bonn. Im Studentischen Kulturzentrum Welrich sprach Prof. Dr. Christian Hillgruber, Ordinarius für Öffentliches Recht an der Uni Bonn, über die verfassungsrechtliche Bedeutung der menschlichen Würde im Mittelpunkt der bioethischen Debatte über Abtreibung und Stammzellenforschung. Menschliche Würde bedeutet, dass jeder Mensch Rechtssubjekt sei und folglich niemand zu einem bloßen Objekt degradiert werden dürfe. Zur Menschenwürde gehöre eine „Mindestausstattung an Rechten“. Diese müsse nicht erst vom Staat gewährt werden, sondern stehe jedem Menschen bereits als natürliche Rechte zu und gehe dem Staat daher voraus.

Mit Blick auf die bioethische Diskussion um die Würde des ungeborenen Lebens verwies Hillgruber darauf, dass weder der Entwicklungsstand noch die Fähigkeiten, sondern allein die bloße Zugehörigkeit zur Spezies Mensch über die Würde eines Wesens entscheiden. In diesem Zusammenhang kritisierte Hillgruber die Bemühungen einiger Fachvertreter, menschliche Embryonen als bloßes Zellmaterial darzustellen: „Ihnen soll suggeriert werden: ‚Das ist doch noch gar kein Mensch’.“ Die Zugehörigkeit zur Gattung des Menschen sei aber bereits ab dem Zeitpunkt der Kernverschmelzung gegeben, denn, so Hillgruber, die Entwicklung der befruchteten Eizelle sei nicht eine „Entwicklung zum Menschen, sondern eine Entwicklung als Mensch“.

„Niemand muss sich aufopfern lassen“

Aus diesem Grund dürften ungeborene Kinder nicht getötet werden, auch nicht für Forschungszwecke. Jeder Mensch habe das Recht „nutzlos, aber nicht sinnlos“ zu leben und zu sterben. Es gebe zwar viele Menschen, vor allem die Mütter, so Hillgruber, die sich für andere aufopferten, „aber niemand muss sich aufopfern lassen“. Dieses Verwertungsverbot umfasst nicht nur die Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken, sondern auch den (Re-)Import von Stammzellenlinien bereits getöteter Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen. Konsterniert zeigte sich Hillgruber angesichts der Forderung mancher Forscher nach einer Dynamisierung der Stichtagsregelung. Ein ‚dynamisierter’ Stichtag sei schließlich kein Stichtag mehr, sondern eine „Wanderdüne“. Seinem Publikum, vor allem Studentinnen aus verschiedenen Fakultäten, riet Hillgruber, politische Mehrheiten für den Schutz des ungeborenen Lebens zu organisieren, denn „in der Demokratie ist – leider – eben doch alles abstimmbar“, auch die Interpretation des Grundgesetzes.