Der ewige Sinn der Welt

Zum Ausklang der Weihnachtszeit geben wir Auszüge aus einer Audienz Benedikts XVI. vom 17. Dezember 2008 wieder. Auf Weihnachten hin gesprochen, helfen die Erläuterungen des Papstes, tiefer zu erfassen, was uns die Menschwerdung Gottes sagen will. Die Weihnachtszeit endet liturgisch mit dem Fest der Taufe des Herrn. Die Katholische Kirche feiert es stets am Sonntag nach dem Hochfest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar, das hierzulande besser unter dem Namen Heilige Drei Könige bekannt ist.

Im Dunkel der Nacht Bethlehems entzündete sich wirklich ein großes Licht. Der Schöpfer des Universums hat Fleisch angenommen und sich auf diese Weise untrennbar mit der menschlichen Natur verbunden, so dass er wirklich „Gott von Gott, Licht vom Licht“ und gleichzeitig Mensch, wahrer Mensch, ist. 

Das, was Johannes auf Griechisch „ho logos“ nennt – was auf Latein mit „Verbum“ und auf Deutsch mit „das Wort“ übersetzt wird –, bedeutet auch „der Sinn“. Wir könnten also den Ausdruck des Johannes so verstehen: Der „ewige Sinn“ der Welt hat sich berührbar für unsere Sinne und unsere Vernunft gemacht: Jetzt können wir ihn anfassen und betrachten (vgl. 1 Joh 1,1). 

Der „Sinn“, der Fleisch geworden ist, ist nicht einfach eine allgemeine, in der Welt liegende Idee: Er ist ein „Wort“, das an uns gerichtet ist. Der Logos kennt uns, ruft uns, führt uns. Er ist kein universales Gesetz, innerhalb dessen wir dann eine gewisse Rolle spielen, sondern er ist eine Person, die an jeder einzelnen Person interessiert ist: Es ist der Sohn des lebendigen Gottes, der in Bethlehem Mensch geworden ist. 

Vielen Menschen, und in gewisser Weise auch uns allen, scheint dies zu schön, um wahr zu sein. In der Tat, hier wird uns bestätigt: Ja, es gibt einen Sinn, und der Sinn ist kein ohnmächtiger Protest gegen das Absurde. Der Sinn hat Macht: Er ist Gott. Ein gütiger Gott, der nicht mit irgendeinem herausragenden und fernen Wesen zu verwechseln ist, zu dem zu gelangen uns nie gestattet wäre, sondern ein Gott, der zu unserem Nächsten geworden und uns sehr nahe ist, der für einen jeden von uns Zeit hat und gekommen ist, um bei uns zu bleiben. So kommt spontan die Frage auf: „Kann so etwas möglich sein? Ist es Gottes würdig, Kind zu werden?“ 

Um zu versuchen, das Herz dieser Wahrheit zu öffnen, die das gesamte menschliche Dasein erhellt, ist es notwendig, den Verstand zu beugen und die Begrenztheit unseres Einsichtsvermögens anzuerkennen. In der Grotte von Bethlehem zeigt sich Gott uns als „demütiges“ Kind, um unseren Hochmut zu besiegen. 

Vielleicht würden wir uns leichter angesichts der Macht, angesichts der Weisheit ergeben; er aber will nicht unsere Kapitulation; er appelliert vielmehr an unser Herz und unsere freie Entscheidung, seine Liebe anzunehmen. Er ist klein geworden, um uns von jener menschlichen Anmaßung der Größe zu befreien, die dem Hochmut entspringt; freiwillig hat er Fleisch angenommen, um uns wahrhaft frei zu machen – frei, um ihn zu lieben. 

Weihnachten … ermahnt uns dazu, die barmherzige Güte Gottes zu betrachten, der dem Menschen entgegengekommen ist, um ihm direkt die rettende Wahrheit mitzuteilen und ihn an seiner Freundschaft und an seinem Leben Anteil haben zu lassen.

Rom (Zenit) 17.12.2008